Jo's DreamA bike. A tent. A year.

Archive - 2024

Bell’s Point Beach Campground, Echo Bay, Ontario, Kanada nach Soldier Lake Campground, Chippewa County, Michigan, USA

Was für ein Tag …
Ich habe bis 8 Uhr geschlafen. Meine Nachbarn Jordan, Keyla und Adeline (8 Monate alt und voller Lebensfreude) kommen um dieselbe Zeit aus ihrem Zelt.

Jordan und Keyla hatten mich zum Frühstück eingeladen. Es gibt 3 Spiegeleier, Toastbrot und reichlich kross gebratenen Speck. Eine gute Grundlage für den heutigen Tag. Gegen 10.00 Uhr bedanke und verabschiede ich mich von den Dreien, packe die letzten Sachen zusammen und um 10.30 Uhr verlasse ich den Campingplatz.

Da die Powerbanks fast entleert und mein Smartphone nur noch 7% Energiereserven hat, halte ich an einem Tim Horton Shop. Bevor ich hineingehe, verzehre ich noch 4 getrocknete Würstchen. Ich hatte davon ca 25 Stück. Laut Anweisung brauchen sie nach Öffnung der Packung nicht in den Kühlschrank.

Im Restaurant kann ich mein Smartphone aufladen. Währenddessen schreibe ich an meinem Blog. Unwohlsein macht sich in mir bemerkbar. Ich werde unruhig, laufe zwischen Toilette und Tisch hin und her. Der Bauch fängt an in Wellen zu schmerzen. Dazwischen hab ich Ruhe.

Als das Smartphone 100% des Ladezustands erreicht hat, fahre ich weiter. Die Bauchschmerzen kommen zurück und plagen mich plötzlich so sehr, dass ich fast vom Fahrrad falle. Krumm vor Leibschmerzen stolpere ich in das mir nächstgelegene Haus: The Real Estate Stop Inc in SAULT Ste. Marie, wie ich erst später mitbekomme.

Krampfhaft halte ich mich am Empfangstresen fest. Die höfliche Frage, wie es mir geht, kann ich nur mit „Nicht gut“ beantworten. Ich frage nach dem Waschraum. Und eine Minute später sitze ich schon auf der Brille und krümme mich vor Schmerzen. Übelkeit steigt schlagartig in mir auf. Ich hyperventiliere und versuche, die Situation in den Griff zu bekommen.

Ein besorgter Mitarbeiter fragt, wie er helfen kann und reicht mir Wasser unter der Toilettentür hindurch. Man gibt mir Zeit, mich zu erholen. Und als ich nach gefühlt 1/2 Stunde wieder in den Empfangsbereich komme, zeigt man sich sehr besorgt. Auf liebevolle Art werde ich die nächsten zwei Stunden aufgepäppelt. Nun erst stellen wir einander vor.

Zu meiner Überraschung bietet man mir ein bestens zubereitetes, in Cognac gebratenes, leckeres Steak an und frische Erbsen. Ich kann nicht widerstehen. Dazu gibt es eine kleine Menge Rotwein und während meines Aufenthaltes leere ich auch noch zwei Flaschen Trinkwasser. Langsam stabilisiere ich mich. Die Lebensgeister kommen zurück und ich erzähle von meiner Reise und ihrer Vorgeschichte mit meiner Frau.

Aufmerksam und interessiert hören Danny und seine Kolleginnen zu. Danny ist Mortgage Broker und mit einer wunderbaren Crew ausgestattet. Gäste kommen hinzu und Danny’s Frau kommt mit einem Käsekuchen herein. Also esse ich auch noch ein Stückchen unglaublich leckeren Käsekuchen. Das Besondere an ihm war, dass er nicht süß war.

Und als ob das nicht schon genug war, legt man mir noch ein paar Müsliriegel und Süßigkeiten für die Weiterreise auf den Tisch. Man gibt mir großzügig viel Zeit. So kann ich mich gut erholen.

Und als ich endlich losfahre, ist es bereits 15.30 Uhr. Es sind nur wenige Meter, dann fahre ich bereits die Rampe zur Sault Ste. Marie International Bridge hinauf. Auf der Südseite der Brücke komme ich an den Grenzkontrollpunk. Ich bin aufgeregt, denn ich bin von der Gnade des Immigration Officers abhängig. Er hat die Entscheidungsgewalt.

Nach kurzem Gespräch wird meine Einreise für 6 Monate genehmigt. Außerdem erfahre ich, dass ich bei meiner nächsten Visumverlängerung nur ausreisen und sofort wieder einreisen darf. Ich bin glücklich. Alles gut gegangen.

Nun gilt es, einen Telefonladen zu finden, um eine SIM-KARTE für die USA zu kaufen. Verizon ist der Anbieter. Die Dame ist sehr freundlich und hilfsbereit bei der Einrichtung der neuen SIM-Karte.


Es ist bereits 17 Uhr als ich endlich starte und mit 29°C im Schatten noch immer drückend heiß. Das Thermometer zeigte kurz vor meinem unfreiwilligen Stopp 44, 1°C und im Schatten noch 34 °C.

Die Entfernungen in Google werden wieder in Meilen angezeigt. Mein Gastgeber in McMillan hat mir eine Wegbeschreibung zugesandt. Er ist informiert, dass ich heute nicht bei ihm eintreffen werde. Aber ich komme seinem Wohnsitz immer näher.

Und je näher ich komme, um so mehr merke ich eine bleierne Schwere in den Beinen. Meine Konzentration lässt nach und plötzlich überfällt mich Müdigkeit. Die Straße verliert ihren Reiz.

Am Soldier Lake Campground im Hiawatha National Forest mache ich Halt. Der Eingang ist nicht besetzt und so fahre ich auf dem Campingplatz um einem Ansprechpartner zu finden. Wenige Minuten später treffe ich Mike, der den Platz betreut. Ich frage, was es kostet und erfahre, dass es 22 Dollar und für Senioren 11 Dollar sind.

Da ich etwas Sicherheit brauche für den Fall, dass sich meine gesundheitliche Situation wieder verschlechtert, willige ich ein. Als es ans Bezahlen geht, dasselbe Problem. Ich muss Cash bezahlen. Plastik geht nicht. Ich habe jedoch nur zwei US-Dollar. Mike zwinkert mir zu und deutet an, dass wir das hinkriegen. Und 5 Minuten später habe ich einen kostenlosen Platz, wo ich die Nacht bleiben kann.

Das Zelt ist schnell aufgebaut. Und als ich zur Wasserstelle gehe, spricht Mike mich an und fragt, ob ich hungrig sei. Natürlich bin ich hungrig.

So läd er mich kurzerhand zu sich ein, packt Gehacktes, Kartoffeln, Zwiebeln und Karotten und etwas Öl in Alufolie, verschließt das Ganze und gart es im offenen Lagerfeuer. Und nur 25 Minuten später sitzen wir beide zusammen, plaudern und verspeisen ein leckeres, reichhaltiges Mahl. Anschließend führen wir unsere Unterhaltung fort bis gegen 22 Uhr.

Dann verabschiede ich mich von Mike, der mir noch auf den Weg mitgibt, dass es am nächsten Morgen noch einen leckeren Kaffee gibt. Er will mir Bescheid geben. So endet dieser Tag mit einem letzten Sahnehäubchen. Ich bin dankbar für alle Begegnungen des heutigen Tages. Für all die Hilfe, die ich durch so viele Menschen erfahren habe und für die Liebe meiner Frau.

Von Blind River nach Echo Bay Ontario, Bell’s Point Beach Campground

Es ist ein schöner Morgen. Meine Gastgeber sind nicht da. Von den informierten Nachbarn ist keiner auf einen Talk herübergekommen. So packe ich in aller Ruhe und warte ab, bis das Zelt richtig trocken ist. Dann geht es schnell. Und um 9.45 Uhr verabschiede ich mich in Gedanken von meinen Gastgebern und starte in den Tag.

Es ist nun schon ein gewohntes Bild. Diese toten Wälder, auf deren Grund sich eine neue, reichhaltige Vegetation entwickelt, eine neue Generation heranwächst und die Lücken in der grünen Lunge, ohne Narben zu hinterlassen, wieder schließen.

Ich radle durch den kleinen Ort Bruce Mines. Bruce Mines war nach 
Cliff Mines in Michigans Copper Country die zweite Kupferbergbaustadt in ganz Nordamerika. Eine historische Gedenktafel erinnert heute an die Rolle der Bruce Mines im Kulturerbe Ontarios.

Da die Hauptstraße kaum befahrbare Schultern hat, weiche ich abschnittsweise auf die bereits erwähnten Concession Roads aus.

Am späten Nachmittag bin ich nur noch ca. 13 km von Sault Ste. Marie entfernt. Heute ist ein kleines Wunder geschehen. Ich bin auf Bell’s Point Beach Campground.

Kilometer vor Erreichen dieses Zieles frage ich am Wegesrand und werde abgewiesen. Ich versuche es ein zweites und ein drittes Mal. Kein Erfolg. Grund für die Ablehnung: Ich bin in einer Indianerreservation. Eine Frau weist mich darauf hin und gibt mir den Tipp mit dem Campground.

Dort in der Rezeption sitzt Greg. Ein Hühne von einem Mann. Auf meine Frage nach den Kosten antwortet er: 40 Dollar. Ich bleibe ganz höflich und freundlich. Und erwiedere, dass das für mich zu viel sei. Warte, sagt er, überlegt eine Minute und reduziert auf 20 Dollar. Ich willige ein. Draußen wird es dunkel – und an ein Weiterfahren ist nicht mehr zu denken.

Als es ans Bezahlen geht und ich meine Karte heraushole, merkt Greg an, dass er nur Bargeld annehmen kann. Vor seinen Augen purzeln 1,35 Kanadische Dollar auf den Tisch. Mehr hab ich nicht in bar.

Also frage ich, ob er mir einen Tipp geben kann, wo ich in meiner Situation wild campen kann. Greg überlegt einen Augenblick und hat dann die Lösung: wenn ich die Klappe halte, kann ich kostenlos auf dem Campingplatz übernachten. Bis 12 Uhr soll ich dann gegangen sein. Einfach so. Papiere will er keine sehen.

Als Dankeschön scannt er den QR-Code meiner Webseite und zeigt sich hoch erfreut. Wir unterhalten uns noch ein paar Minuten, bevor ich zu meinem heutigen Schlafplatz gehe. Ich bin heute Abend richtig glücklich – und richtig müüüüde.

Von Espanola nach Blind River, Ontario

Ich bin früh auf und hüpfe voller Freude in den Swimmingpool. Anschließend fange ich an, meine Sachen zu verstauen und am Rad zu befestigen. Tim kommt hinzu und überrascht mich mit einem reichhaltigen Frühstück.

2 Becher Kaffee, 1 Glas Milch, 2 Scheiben Toastbrot. Eine gegrillte Hühnerbrust, Käse Tomate und Blaubeeren. Dazu gibt er mir noch 3 Flaschen Wasser mit auf den Weg. Und seine Frau packt mir noch eine Tüte mit Müsliriegeln ein. Dann verlasse ich die Beiden Richtung Blind River.

Es ist ein ruhiger Tag. Die Landschaft zieht vorbei und ich bin damit beschäftigt, zu entscheiden, welche Route ich ab Sault Ste. Marie nehmen werde, um den Lake Superior zu umfahren.

Nach vielen Gesprächen in den vergangenen Tagen entscheide ich mich am Nachmittag noch vor Erreichen Blind Rivers für die Südküste. Ich denke, es ist eine gute Entscheidung, um meine Gesundheit zu schonen.

Bei Maße, Ontario ist die Spanish River Bridge über den Fluss Aux Sables für Fußgänger und Radfahrer gesperrt. Ein Anruf und 5 min später holt mich ein Auto ab und bringt mich sicher über die Baustelle auf die Nordseite des Flusses.

Der Tag zieht sich und die Hitze strengt heute an. Aber ich komme trotzdem gut voran.

Hier ein Schild aus dem vielfältigen Schilderwald, durch den ich in den vergangenen 8 Wochen geradelt bin.

Gegen Abend frage ich auf einem Campingplatz freundlich nach, was der Platz kostet. Und ich bin verblüfft: 30 Dollar. Als ich sagte, dass das zuviel sei für 12 Stunden, weist er mich, ohne mich zu beachten mit ausgestrecktem Arm aus dem Büro und schließt die Tür hinter mir zu. So steige ich wieder aufs Rad.

Nach wenigen Kilometern entdecke ich ein kleines Haus, umgeben von geeignetem Rasen. Also frage ich an. Jean und ihr Ehemann wollen gerade ihr Haus verlassen und zum Campingplatz fahren. Die Minuten davor reichen, um mir einen Platz 100 m vom Highway entfernt, zuzuweisen, mir zwei Flaschen eisgekühltes frisches Wasser zu reichen und die Nachbarn zu informieren, dass da ein Mann aus Germany auf ihrem Grundstück campiert. Was für eine großzügige Geste.

Sie kümmern sich noch um alles, packen die letzten Sachen in ihr Auto und sind eine halbe Stunde später schon fort. Zwar gibt es kein WIFI und kein Frühstück. Aber dafür ist der Platz kostenlos. Ich bin glücklich über solche Geschenke und die Großzügigkeit der Menschen, denen ich begegne …

Von Tobermory nach Espanola

30. JULI 2024

Ich bin früh auf den Beinen. Doug hat mir noch ein Frühstück bereitet. Es gibt Spiegeleier, Toastbrot, einen großen Becher Kaffee, einen Pfirsich und eine Banane. Und wenige Minuten später bin ich schon auf der Straße. Schnell erreiche ich den Fähranleger, wo im Hintergrund bereits die Chi Cheemaun Fähre wartet. Die Überfahrt kostet knapp 24 Kanadische Dollar und dauert eine Stunde und fünfundvierzig Minuten..

Ein letzter Blick zurück zum Leuchtturm und meinem Quartier in unmittelbarer Nähe des Leuchtturms in Tobetmory. Und dann schaue ich schon wieder voraus und freue mich unbändig auf den heutigen Tag.

Die Überfahrt vergeht wie im Fluge. Motorrad- und Zweiradfahrer dürfen zuerst die Fähre in South Baymouth verlassen. Weiter geht die Reise über Manitoulin Island.

Gleich auf den ersten Kilometern stehen auf einer Wiese drei Sand Hills Cranes. Was für ein schöner Anblick.

Fast idyllisch liegt die alte Manitoulin Roller Mill unten am Ufer der Manitowaning Bay.

Im Ort selbst stehen noch heute der alte Leuchtturm gleich hinter der Kirche und bilden ein harmonisches Ensemble.

Auf der High Falls Road in Manitowaning überquere ich den gleichnamigen High Fall, dessen Schönheit unter der stählernen Brückenkonstruktion leidet, welche die Straße trägt, auf der ich reise.

Wikwemikong hat ein kleines Museum, dass von außen dieses kleine, erhaltene Blockhaus hervorbrachte.

Schließlich erreiche ich Little Current, wo ich über eine einspurige Drehbrücke Manitoulin Island verlasse.

Kanada hat in den vergangenen Jahrzehnten daran gearbeitet, die Vergangenheit bezüglich der ursprünglichen Einwohner korrekter darzustellen.

Inwieweit das Bemühen Früchte trägt, vermag ich nicht zu sagen. Erkennbar ist jedoch, dass keiner von Indianern spricht sondern von den First Nations. Und in der Geografie finde ich viele Ortsnamen wie Manitowaning, Wikwemikong oder auch Sheguiandah, die eindeutig den First Nations zuzuordnen sind.

An anderen Orten findet man zwar englische Namen wie Whitefish River aber gleichzeitig den Hinweis First Nation. Teilweise können sich diese Nationen auf alte Verträge berufen, in denen das Eigentum auf bestimmtem Grund und Boden rechtsgültig festgeschrieben ist.

In den vielen Gesprächen habe ich bei meinen Gesprächspartnern fast immer das Bemühen gesehen, das Verhältnis zu den First Nations nachhaltig zu verbessern. Ein kleiner Erfolg auf dem langen Leidensweg der ursprünglichen Bevölkerung.

Immer wieder ziehe ich an natürlichen Landschaften vorbei. Ständiger Begleiter am Wegesrand sind die Gewöhnliche Kanadische Goldrute, die Wiesenglockenblume, die interessante Echte Seidenpflanze, der kräftig blau-violett leuchtende Natternkopf und der Weiße Steinklee. Sie alle machen den staubigen Straßenrand in diesen Tagen bunt.

Schließlich erreiche ich in Espanola die 2239 Lee Valley Road, wo ich einen Platz zum Übernachten finde. Ich frage, wie üblich bei einem Haus an und der Hausherr stimmt zu. Mein heutiger Gastgeber heißt Tim. Er bringt mir erst einmal 3 Flaschen Wasser.

Nachdem ich mein Zelt aufgebaut habe, setzen wir uns in den Garten und plaudern noch ein halbes Stündchen. Tim versorgt mich noch mit Strom, damit ich Powerbank und Smartphone aufladen kann und erlaubt mir, am Morgen in seinen Swimmingpool zu hüpfen. Dann lege ich mich müde ins Zelt und schlafe schnell ein. Ich bin heute 124 km geradelt in dieser Affenhitze.

Von Wiarton nach Tobermory, Ontario

29. Juli 2024

Ich hatte eine unruhige Nacht. Während es gestern tagsüber ruhig und beschaulich auf der Straße zuging, war die Nacht angefüllt mit Traktorenlärm. Es ist halt Erntezeit. Und so die Farmer keine Amish People oder Mennoniten sind, wird auch schon mal am Wochenende gearbeitet. Und obwohl ich gut 100 m von der Straße entfernt bin, hört es sich an, als wenn die Traktoren direkt am Zelt vorbeifahren.

Der Abschied heute morgen fällt kurz aus. Leider habe ich die Namen meiner Gastgeber der vergangenen Nacht nicht notiert. Um 9 Uhr bin ich auf dem Weg nach Tobermory. Für dort hab ich einen Übernachtungsplatz gefunden. Das Thermometer zeigt 27°C im Schatten an.

Die Straße ist meistens flach und überwiegend schnurgerade verlaufend. Der Wald ist restlos verbuscht. Die Bäume erreichen kaum große Höhen, so dass sich ihre Kronen mit dem niederen Buschwerk gut vermischen. Entlang der Straßenränder blüht überwiegend die Wegwarte und massenweise Bischoffskraut.

Da die Straße heute morgen keine sichere, asphaltierte Schulter aufweist, entschließe ich mich, auf Nebenstrecken auszuweichen.

Est geht überwiegend durch Farmland, das oftmals von Amish People oder Mennoniten bewirtschaftet wird. In der Regel befinden sich die Farmen in einem sehr guten Zustand.

Unbrauchbares Farmland wird von der Natur bewirtschaftet und in ursprünglichem Zustand gehalten. Eine Wohltat für die Tier- und Pflanzenwelt. Und immer wieder eine höchst willkommene Abwechslung in dieser zwar grünen, aber auch verarmten Landschaft mit ihren ausgedehnten Monokulturen.

Zum ersten Mal seit meiner Ankunft in Nordamerika sehe ich eine Herde amerikanischer Bisons auf einer Weide. Ob die Tiere für den Erhalt der Art und für die Fleischproduktion gehalten wird, vermag ich nicht zu sagen. Auf alle Fälle ein eindrucksvolles Bild, diese mächtigen Tiere grasen zu sehen.

An vielen Stellen blüht zur Zeit der Wasserdost …

Asphaltierte Nebenstraße …

Ein dezenter und doch starker Hinweis, wem das Land gehört …

Ein ebenso dezenter Hinweis, der an die Inbesitznahme des Landes durch an Farming interessierte Menschen erinnert. Das ist noch gar nicht so lange her. Als ich 1983 in Montana weilte, erzählte mir mein damaliger Gastvater, das Homesteading in Montana biz kurz vor meiner Ankunft noch möglich war.

Ein ungewohnter Anblick. Lavendelanbau im Norden der Bruce Peninsula.

Die meiste Zeit geht es heute über so benannte Sideroads und Concession Roads, die geradlinig und in regelmäßigen Abständen, einem Fischnetz gleich, auf der Bruce Penninsula angelegt sind.

Kurz vor Tobermory mache ich Halt. Die Sonne brennt, die Luft ist drückend warm. Und die kleine Backstube ein Segen. Die Auswahl beschränkt sich auf ein paar Stücke Backwaren. Kaum zu glauben, das man damit überleben kann. Aber die Kühle im Raum, die mich beim Betreten des Ladens schlagartig umgibt, ist in diesem Augenblick unbezahlbar.

Endlich erreiche ich Tobermory am nördlichen Ende der Bruce Peninsula. Ein kleiner, wohl vom Tourismus lebender Ort mit einer ganz besonderen Attraktion. Mit Glasbodenbooten kann man hinauslaufen und gesunkene Schiffe am Grunde der Küste „besichtigen“. Und wie ich sehe, ist es ein lohnendes Geschäft. Die Boote sind voller Touristen und der Preis der Attraktion angepasst hoch 54 Dollar …

20 Minuten später erreiche ich mein heutiges Ziel. Meine Gastgeberin Carolyn hat mich in ihr Cottage nahe dem Tobermory Lighthouse, am Ufer des Huron Sees/Georgian Bay eingeladen. Ich habe es morgen früh also nur zwei Kilometer bis zur Chi Cheemaun Fähre nach Manitoulin Island.

Da Carolyn nicht anwesend sein kann, übernehmen ihre Eltern die Aufgaben . Und beide sind großartig. Doug erwartet mich bereits und nach freundlicher Begrüßung weist er mir meinen Schlafplatz zu. Ein eigenes kleines Zimmer mit Etagenbett. Ich erfahre, dass noch ein weiteres Pärchen im Nebenbebäude Quartier bezogen hat.

In der Küche stehen Schalen gefüllt mit Obst: Kirschen, Weintrauben, Bananen. Alles zur Selbstbedienung. Im Kühlstank stehen vorbereitete Speisen. Und das Dessert für die Gäste hat Dana, Dougs Frau dezent zum Obst dazugestellt. Was für ein herzlicher Empfang.

Ich packe meine Sachen aus. Das Zelt muss getrocknet werden und Doug hilft mir mit Bleigewichten aus seiner Tauchausrüstung, das Zelt in Position zu bringen. Ich wasche meine Wäsche mit der Hand. Dann ziehe ich in Badehose mit Badehandtuch hinunter zum eigenen, felsigen Strand.

Hier treffe ich auf die beiden anderen Gäste, denen Doug seine Kajaks gegeben hat. Während sie hinter den flachen Felsen um die Ecke verschwinden, nehme ich in dem flachen, glatten, felsigen Ufersaum ein erfrischendes Bad. Anschließend husche ich unter die Dusche und fühle mich darauf richtig frisch, für einen kleinen Abendspaziergang.

Am Ufer entdecke ich zu meiner großen Freude Myrtenastern, etliche wunderschön violet blühende Lobelia kalmii, die hier in Rissen zwischen den Kalksteinfelsen wachsen. Außerdem die überaus attraktive rotorange leuchtende, scharlachrote Castilleje, auch als Indianerpinsel bekannt.

Interessant ist, das die Bestäubung der Blüten überwiegend durch den Rubinkehlkolibri erfolgt. Auch wenn ich diesen kleinen, nur 3 gr. wiegenden Vogel nicht zu Gesicht bekomme, verraten mir die vielen Pflanzen, dass er sich hier aufhält.

Vielleicht 150 Meter vom Chalet entfernt steht der alte Leuchtturm auf felsigem Grund und dient noch immer der Schiffahrt in diesen gefährlichen Gewässern. Doug und Dana helfen mir, online das Ticket für die Fähre zu kaufen und während des gemeinsamen Abendessens mit den anderen Gästen tauschen wir einander unsere Erfahrungen aus.

Da Carolyn, Dana und Doug über große Erfahrungen als Gastgeber verfügen, können sie auch viele spannende Geschichten erzählen. Sie haben im Laufe vieler Jahre eine große Menge hochinteressanter Menschen kennengelernt. Und es ist spannend, ihren Erzählungen über diese Begegnungen zu lauschen.