Heute ist Ruhetag. Ich hatte Geneva gefragt, ob ich einen Tag bleiben und mich erholen darf. Sie hat sofort eingewilligt. Und so erlebe ich einen Tag wie im Märchen.
Auf meine Frage, ob ich ihr etwas Geld geben soll um ihre Unkosten auszugleichen, antwortet sie, das sei ihr Geschenk: Ihr Cup of Coffee für mich. Es ist ein Riesengeschenk. Frühstück, Mittag- und Abendessen. Zusätzlich bereitet sie mir eine große Freude mit einer Auswahl verschiedener Proteinprodukte.
Es ist wichtig, dass ich meine Batterien wieder auffülle und so verlasse ich nicht das Haus und genieße es, verwöhnt zu werden. Während ich am Blog arbeite, versorgt sie mich mit allem, was das Herz begehrt.
Für meine weitere Tour trennt sie ein paar Kartenseiten aus einem älteren Autoatlas. So habe ich ein paar Straßenkarten, die ich für die weitere Tour sehr gut verwenden kann. All das ist ein großes Geschenk für mich. Den Abend speisen wir gemeinsam.
Dave ist tagsüber Klettern gewesen und leistet uns Gesellschaft. Ich freu mich auch darüber sehr, hatte ich doch bisher wenig Gelegenheit, mit ihm zu kommunizieren. Das bei unseren Gesprächen auch die aktuelle Tagespolitik auf dem Plan stand, brauche ich nicht tiefer zu erörtern. Nur soviel – ich fühlte mich unter Meinesgleichen. Und so war auch dieses Thema eine große Freude für mich.
Den Abend beschließen wir mit einem leckeren Espresso-Dessert, einem Affogato. Ich hatte einen ruhigen, erholsamen Tag, der mir gut tut. Die müden Beine sind Vergangenheit. Die Motivation ungebrochen. Und neuer Tatendrang steigt in mir auf. Ich freu mich auf den morgigen Sonntag …
Heute morgen sind es nur 1°C. Das Zelt ist noch nass und ich stehe im Waldschatten. Ich bin seit 6.00 Uhr wach.
In den WC Anlagen des Campingplatzes habe ich eine Steckdose entdeckt, wo ich die Möglichkeit habe, mein Smartphone aufzuladen. Da hier reger Verkehr herrscht, mag ich den Ort nicht verlassen. Zu ärgerlich wäre es, wenn mein Smartphone plötzlich verschwunden wäre. Wenigstens ist es warm hier. Von den Geräuschen will ich nicht reden…
Um 7.00 Uhr beginne ich zu packen. An einer kleinen Stelle erreicht die Sonne den Talboden. In diesem Licht stelle ich mein Zelt auf, was den Trocknungsvorgang enorm beschleunigt. Geduscht hatte ich am Abend zuvor in der mehr als 1 km entfernt liegenden Duschanlage.
Um 9.00 Uhr verlasse ich den Campingplatz und halte wenige Meter weiter bei einem Foodstore an. Die Auswahl begeistert mich nicht. Und die Preise entsetzen mich. So verlasse ich unverrichteter Dinge den kleinen Lebensmittelmarkt. Ich bin nicht bereit, von meinem ersparten Geld so viel für so wenig auszugeben.
Und so fällt mir die Entscheidung leicht, den Park zu verlassen. Ich habe noch für zwei weitere Tage gebucht. Diese Buchungen verfallen nun. Das ist immer noch preiswerter, als zwei Tage in Folge im Park zu verbringen und Grundnahrungsmittel zu deutlich überhöhten Preisen zu kaufen.
Die Tage im Park bleiben mir trotz alledem unvergesslich.
Um zehn Uhr radle ich los gen Süden. Und je weiter ich mich vom Park entferne, um so leichter wird mir ums Herz. Ich bin überzeugt, aus einer für mich sehr schwierigen Situation das Beste gemacht zu haben. Und ich bin dankbar, dass mich meine Frau dabei so unterstützt.
So wird mein Abschied aus dem Yellowstone Park zu einem ganz besonderen Erlebnis. Ich bemerke, wie frei ich plötzlich wieder das Radfahren und die Natur genießen kann.
Kilometer um Kilometer geht es voran. Und erst nach einer Weile bemerke ich, dass ich gar nicht gefrühstückt habe. Da kommt es wie ein Geschenk, dass ich bei einem kurzen Fotostopp von einem Autofahrer angesprochen werde.
Er und seine Frau laden mich auf einen Kaffee ein. Sie sind mit dem Wohnmobil unterwegs. Ursprünglich wollten sie eine Fahrradtour machen, aber plötzlich auftretene Knieprobleme vereitelten das Vorhaben. Aus dieser Not heraus haben sie sich kurzfristig entschieden, die Reise stark verkürzt für wenige Wochen mit dem gemieteten Wohnmobil fortzusetzen.
Leider war ich unaufmerksam. Ich hatte ihre Namen vergessen Und bevor ich sie erneut fragen konnte, waren wir alle schon wieder unterwegs, um unsere Träume und Ziele zu verwirklichen.
Vielleicht habe ich Glück und das Ehepaar aus den Niederlanden hinterlässt noch einen Kommentar. Das würde ihnen in meinem Blog Herz und Seele verleihen.
Der Kaffee hat mir gut getan. Ich verspüre keinen Hunger. Stattdessen große Zufriedenheit.
Und so radle ich durch die eindrucksvolle Landschaft.
Zwischen dem Yellowstone Park und meinem nächsten Ziel, dem Grand Teton Nationalpark, liegen nur siebenundzwanzig Meilen. Den größten Teil dieser Strecke fahre ich durch einen verbrannten Wald.
Es ist schon ein paar Jahre her, dass es hier gebrannt hat. Und langsam fängt der Wald an, sich vom Grund auf zu erholen. Die toten Bäume stehen noch. Im Unterholz jedoch zeigt sich üppiges Grün. Trotz alledem wird es Jahrzehnte dauern, bis sich hier ein neuer Wald gebildet hat. Die Vegetationszeiten sind kurz und das jährliche Wachstum spärlich.
An einer kleinen Parkbucht steht winkend ein Ehepaar. Als ich anhalte erkenne ich, dass wir uns bereits bei einer vorherigen Gelegenheit gegenseitig bekannt gemacht haben. Was für eine große Freude.
Rainer und Sylvia laden mich ebenfalls zu einem Kaffee ein. Wie schon zuvor werden aus dem Wohnmobil Klappstühle herausgeholt, aufgebaut und ich darf auf komfortablem Gestühl Platz nehmen.
Während sich Rainer mit mir unterhält, bereitet Silvia einen kleinen Snack und einen leckeren Kaffee zu. So bekomme ich das, was mir gerade fehlt: etwas zum Essen. Und das Wichtigste, wie schon zuvor: wir unterhalten uns. Es geht um die Erfüllung unserer Träume. Schlicht, es dreht sich um das, was wir gerade tun: Reisen und unser Glück finden.
Beide Begegnungen erfüllen mich mit Freude und geben mir einmal mehr das Gefühl, heute Morgen die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Nach knapp einer Stunde lösen wir die Kaffeerunde auf und jeder setzt seine Reise fort.
Mit dem Fahrrad hab ich die Gelegenheit, an Stellen anzuhalten, wo es für den Autofahrer unmöglich ist. Willow Flats im Grand Teton National Park gehört dazu. Zwar gibt es eine offizielle Parkbucht als Aussichtspunkt. Die Sicht von meinem Standort ist jedoch viel schöner und stellt die andere weit in den Schatten.
Man stelle sich die Teton Range und das Tal davor wie zwei Teile eines riesigen Gebirgszuges vor. Die Erdkruste dehnt sich und bricht entlang der 40 Meilen langen Teton-Verwerfung in zwei Blöcke. Brüche erzeugen große Erdbeben entlang der Verwerfung. Der westliche Block klappt nach oben und wird zur Teton Range. Der östliche Block neigt sich nach unten und bildet das Tal.
Während die Berge aufsteigen, schleifen Wind, Wasser und Eis die zerklüftete Skyline ab und erobern Sandstein- und Kalksteinschichten bis auf kleine Felsvorsprünge.
Die Landschaft verändert sich weiter. Geowissenschaftler prognostizieren zukünftige Erdbeben mit einer Stärke von bis zu 7,5.
Die Teton Range besteht aus einigen der ältesten Gesteine der Erde, ist aber eine der jüngsten Gebirgsketten Nordamerikas. Die Dehnung, Rissbildung und Neigung, die die Tetons formen, begann erst vor 9 Millionen Jahren. Im Gegensatz dazu drückten geologische Kräfte die Erdkruste zusammen und schoben die Rockies vor über 70 Millionen Jahren in die Höhe.
Im Vordergrund das flache Tal. Im Hintergrund die Teton Range. Die Bruchzone verläuft entgangen dem Bergfuß von Nord nach Süd …
Während ich von Norden kommend in das flache Valley einfahre, breitet sich seit Stunden hinter dem östlichen Horizont ein Waldbrand aus.
In der späten Abendsonne erreiche ich schließlich Jackson. Einmal mehr genieße ich die warmen Farben der glühenden Landschaft.
Ich komme an einem Kunstwerk vorbei. Es besteht aus vier großen Bögen an den Ecken eines Platzes. Jeder einzelne Bogen besteht aus hunderten von Geweihen.
Geweihbögen sind seit 1960 die Tore zum Jackson Town Square. Die Geweihe stammen von den ca 7.500 Hirschen, die den Winter im National Elk Refuge verbringen. Die Bullen werfen im Frühjahr ihre Geweihe ab. Diese werden von den örtlichen Pfadfindern eingesammelt und jedes Jahr im Mai bei einer öffentlichen Auktion verkauft. Alle vier Bögen wurden vom Jackson Hole Rotary Club gebaut. Also keine Jagdtrophäen …
Aber es wird Zeit, sich nach einem Quartier umzuschauen. Im Ort spreche ich eine ältere Dame an. Die einzige Idee, die sie hat, liegt zwei, drei Meilen außerhalb des Ortes in der Straße Cash Creek. Sie beschreibt den Weg und ich fahre los.
Kurz vor Erreichen des Ortsausganges nehme ich allen Mut zusammen und spreche eine Frau an, die mit ihrem Hund spazieren geht. Dann habe ich ganz großes Glück. Geneva, so lautet ihr Name, läd mich einfach zu sich nachhause ein. Das Haus steht gleich um die Ecke. Und zwei Minuten später kann ich mein Rad an die Hauswand lehnen.
Geneva stellt mich ihrem Ehemann Dave und etwas später ihrem Sohn Bard vor. Dann erlaubt sie mir, mein Zelt in ihrem kleinen Garten aufzuschlagen. Anschließend darf ich ins Haus kommen, kann ein Bad nehmen, meine Schmutzwäsche verschwindet in der Waschmaschine und währenddessen gibt es ein leckeres Abendessen.
Geneva ist selbst mit dem Fahrrad auf Reisen gewesen und weiß, wie schwierig es manchmal ist, ein Quartier zu finden. Und so möchte sie sich auf diese Art und Weise für all die Gastfreundschaft bedanken, die sie anderswo genossen hat. Ich erlebe einen wunderschönen Abend.
Geneva hilft mir anschließend bei der weiteren Planung meiner Tour. Um 22.30 Uhr gehe ich in meinem Zelt schlafen. Mein Glück an diesem Tag kann ich kaum fassen. Voller Dank für diesen wundervollen Tag schließe ich meine Augen und schlafe Augenblicke später ein.
Ich bin einen Tag zu früh. Für Yellowstone habe ich ab dem 4. September für vier Tage im Voraus online gebucht. So führt mich an diesem Morgen mein erster Weg zum Parkeingang. Dort scheint man das Problem zu kennen.
Ich erfahre, dass sie ein paar Zeltlätze für Radwanderer freihalten und bekomme als Empfehlung den Rat, mich zuerst am Campingplatz zu melden, mein Zelt nach offizieller Anmeldung aufzuschlagen und anschließend auf Tour zu gehen.
Mein Aufenthalt auf den Campingplätzen im Park sagt viel über meine Reise aus: über das, was mir gut tut und was nicht. Die Campingplätze sind freundlich formuliert riesig. Das erfordert eine Organisation, die über das übliche Maß hinausgeht.
Madison Campground hat keine Duschen. Grant Village hat Duschen und Waschsalons für die Versorgung der Menschenmassen. Und Madison Campground sowie Grant Village Campground bieten weder Elektrizität noch Internetzugang, was für mich zur Folge hat, dass meine Batterien sich nach und nach leeren, ohne Aussicht darauf, sie wieder auffüllen zu können.
Um die Zeit ohne Stromversorgung gut zu überbrücken, hätte ich 4 – 5 Powerbanks benötigt. So verlasse ich nach 3 Tagen mit fast leeren Akkus den Nationalpark.
Was mich persönlich viel mehr getroffen hat, war die gefühlte Anonymität. Auf keinem der Plätze ergab sich die Möglichkeit der Kommunikation mit den Nachbarn. Abends war ich zu kaputt, um lange aufzubleiben. Und am Morgen waren die meisten Campingplatzbesucher um acht Uhr schon wieder unterwegs zu ihren Traumzielen, oder wenigstens am Einpacken. Nur wenige Minuten insgesamt konnte ich mich in den Toilettenhäuschen unterhalten.
Ich merke immer mehr, dass die Begegnungen mit den Menschen mit zu dem wichtigsten Gut auf meiner Reise gehören. Ohne sie fehlt mir etwas Wesentliches.
Die Lebensmittelversorgung war ein weiteres Problem. Sie beschränkt sich auf das Allernotwendigste. Und das, wie ich finde, zu einem horrenden Preis. So habe ich zum Beispiel für 2 Liter Milch 11 Dollar bezahlt. 500 g Brot kosten 10 Dollar. Eine kleine Packung Bifi 9. Und das sind nur Snacks. Davon kann ich nicht leben.
Da ich als Radwanderer einen erhöhten Kalorien- und Eiweißbedarf habe, war dieser in den kleinen Parkshops zu einem fairen Preis nicht mehr zu decken. Es hätte mich umgerechnet siebzig Dollar pro Tag gekostet. Ich hatte mit meiner Biggi, die mich ermutigte zu bleiben, über Lösungsmöglichkeiten gesprochen. Doch die boten mir keine Alternative sondern bereiteten mir Bauchschmerzen.
So entscheide ich mich am 6. September, den Park zu verlassen. Das wirkt auf mich letztlich wie eine große Befreiung. Mir fällt eine Last vom Herzen. Anders vermag ich es nicht auszudrücken.
All das konnte mir aber nicht die Freude am Entdecken einer großartigen Landschaft nehmen. Die Wälder, die großen Bassins mit den Thermalquellen, die wunderbaren, in allen erdenklichen Farben leuchtenden Sinterterrassen und nicht zuletzt die atemberaubenden Geysire haben einen nachhaltigen, tiefen Eindruck in mir hinterlassen, um den ich so dankbar bin.
Ich habe lange überlegt, wie ich meinen Besuch im Yellowstone National Park am besten in einen Blog-Beitrag packe. Und ich bin zu dem Entschluss gekommen, die Bilder ohne weitere Erläuterungen oder Quellenangaben online zu stellen. Somit bleibt es für den Betrachter ein kleines Geheimnis, an welchem Ort im weitläufigen Park sich welches geologische Juwel befindet.
Dabei habe ich die Anzahl der Bilder bewusst begrenzt … Ich hoffe, dass meine kleine Auswahl eure Zustimmung findet.
Eine wunderbare Nacht liegt hinter mir. Kein Autolärm. Nur das vielstimmige Heulen der Kojoten auf der anderen Seite des Flusses. Während ich mein Zelt abbaue, segeln mehrere Fischadler mit hoher Geschwindigkeit über den Fluss. Spannend, innezuhalten und ihnen zuzuschauen, wie sie elegant über den Fluss gleiten.
Ganz langsam wandelt sich die Landschaft. Es wird hügeliger, bergiger.
Und der Yellewstone River wilder.
Immer wieder ziehen an mir Schlauchboote und Kajaks vorbei. So harmlos der Fluss auch aussieht, sollte er nicht unterschätzt werden. An vielen Stellen zeigt sich seine ganze Wildheit und Schönheit.
Am Nachmittag, kurz vor Erreichen des Yellowstone Parks, halte ich abrupt an. Fast hätte ich es übersehen: Auf der Linken Seite der Straße steht im Gelände ein großes Rudel Hirsche.
Es ist schon erstaunlich, wie wenig diese Tiere in ihrer Umgebung auffallen, obwohl sie doch so groß sind. Und die scheu vor uns Menschen scheint ihnen unbekannt zu sein. Respektvoll halte ich Abstand, bleibe auf der Straße und nehme ein paar Fotos auf.
Dann radle ich weiter, meinem heutigen Ziel entgegen. Ich habe keinen Gastgeber gefunden, so mache ich mich auf die Suche nach einem neuen Schlafplatz.
Ich folge einem Wegweiser zum Beaver Creek Statepark Campground. Ein paar Kurven, ein steiles Wegstück bergauf, erreiche ich gegen Einbruch der Dämmerung den Campingplatz. Er ist gut besucht und ich begebe mich auf die Suche nach einer eigenen Parzelle. Da alle Plätze belegt sind, muss ich jemanden fragen, ob ich auf seiner Parzelle mein Zelt aufschlagen darf.
Während ich mich noch umschaue, spricht mich Eric an. Er erkennt meine Situation und bietet mir spontan an, auf seiner Parzelle mein Zelt aufzuschlagen. Die Begrüßung fällt sehr herzlich aus. Und gleichzeitig meint Eric, dass ich doch das Geld für den Schlafplatz sparen kann.
Dankbar und glücklich nehme ich an und baue mein Zelt auf. Und als wäre es selbstverständlich, bietet mir Eric auch noch Speis und Trank. Das ist es, was mich immer wieder fasziniert, und was ich so aus Deutschland nicht kenne. Ohne zu prüfen, wer ich bin, woher ich komme, oder was ich mache, erfolgt einfach die Einladung mit allem drumm und dran. Und ich bin jedes mal überwältigt von dieser Gastfreundschaft.
Wir kommen ins Gespräch. Erik arbeitet seit über 24 Jahren in der Milchwirtschaft. Und im folgenden Gespräch stellt Eric fest, dass ich, für die Menge an Muskelarbeit, die mein Körper täglich leisten muss, viel zu wenig Eiweiß zu mir nehme. Das Gespräch ist außerordentlich wertvoll für mich, weil Eric mir wirklich sinnvolle Lösungsvorschläge bereitet, um diesen Mangel zu beheben.
Dank seiner Ortskennis kann ich in der Dämmerung noch einen kleinen Spaziergang auf eine Anhöhe hinter dem Zeltplatz unternehmen, und in der Ferne ein paar weidende Hirschkühe ausmachen.
Zwischen den massenhaft verbreiteten, dreijährigen Wermutbüschen lauern kleine Opuntien mit ihren Stacheln. Gutes Schuhwerk ist angesagt in diesem wilden Terrain. Kurz vor Einbuch der Dunkelheit bin ich zurück von meinem Spaziergang, wünsche Eric noch eine gute Nacht und verschwinde in meinem Zelt.
Und wieder habt ihr mich begleitet und unterstützt: Mit euren Gedanken, eurer Aufmerksamkeit, euren Kaffees und Kommentaren, eurer Freude an meinen Bildern und Texten. All das kommt bei mir gut an. Vielen Dank, dass ihr dabei seid. Bis morgen!
Ich bin früh hoch. Das Packen geht schnell, da ich das meiste über Nacht am Fahrrad gelassen habe und auch kein Zelt abgebaut werden muss. Greg hat bereits das Frühstück vorbereitet, so darf ich mich an den gedeckten Tisch setzen.
Beschenkt mit all den wertvollen Informationen über den Yellowstone Park hinaus, mache ich mich nach dem Frühstück auf den Weg. Über die Bridger Canyon Road verlasse ich Bozeman. Ein kleiner, aber wunderbarer Umweg, den ich jedem Fahrradfahrer, der in diese Gegend kommt, empfehlen kann.
Wie immer empfinde ich die Landschaft hinter der nächsten Kurve als etwas Neues, nie zuvor Gesehenes. Ich bin jedes Mal fasziniert von der Schönheit, die mich umgibt. Den stetigen Wechsel der Naturräume zu erleben, durch die ich radle, ist jeden Tag aufs Neue ein besonderes Erlebnis. Hier bin ich gerade im Lower Bridger Canyon.
Für die Menschen, die hier lebten, wurde einst eine Schule gebaut, die bis 1959 betrieben wurde.
Der Yellowstone River begleitet mich den ganzen Nachmittag. Und während ich mich bergauf bemühe, fließt der Strom behende an mir vorbei bergab.
Später dann fahre ich am Yellowstone River entlang. Während ich mich auf der Straße langsam bergauf bemühe, kommen mir auf dem Fluss immer wieder Schlauchboot- oder Kanufahrer entgegen, die sich gelassen den Fluss hinabtreiben lassen. Die Paddel werden eigentlich nur eingesetzt um das Boot vom Ufer fern zu halten.
Oftmals ist der Fluss in der Weite nur erkennbar an seinem grünen Ufersaum. Hinter dem schmalen, grünen Band liegen bis in die Ferne gold leuchtende, weite Wiesen. Was für ein schöner Kontrast.
Gegen Sonnenuntergang erreiche ich mein heutiges Ziel, den Emigrant Fishing Access in Pray, Montana. Es gibt nicht viel zu überlegen. Auf einer Sandbank direkt am Ufer des Yellowstone Rivers schlage ich mein Zelt auf und genieße glücklich und zufrieden die letzten Strahlen der untergehenden Sonne.
Jim und Michelle hatten mir angeboten, einen Tag auszuruhen. Und ich nehme das sehr gerne an. Eine Zeit nach dem Frühstück will Michelle mit mir im Auto nach Great Falls hineinfahren. Wir kommen nicht weit. Nach circa zwei Meilen bleibt das Auto stehen. Unser Glück ist, dass wir mein Fahrrad dabei haben. So setze ich mich aufs Fahrrad und fahre zum Haus zurück.
Michelle hat mir genau gesagt, wo ich den Autoschlüssel für den Truck im Hof finde. Schnell ist das Fahrrad aufgeladen und eine halbe Stunde später habe ich Michelle wieder erreicht. Sie steigt ins Fahrzeug und gemeinsam fahren wir nach Great Falls zu einem Fahrradhändler. Groß ist die Auswahl an Mänteln nicht. Aber ich finde einen passenden für mein Rad.
Abschließend fahren wir zu einem Supermarkt, wo mir Michelle gute Einkaufstipps gibt und einige Lebensmittel für mich einkauft. Ich habe immer noch Schwierigkeiten, bei der imensen Auswahl das Richtige für mich einzukaufen. Mir hilft das sehr für meine weitere Reise.
Nachdem wir alle Pflichten erledigt haben, nimmt mich Michelle mit auf eine kleinere Rundfahrt durch die Stadt. Der Name Great Falls stammt übgrigens von den Großen Wasserfällen des Missouri River. Das Wasser fällt innerhalb der Stadtgrenzen etwa 150 Meter in einer Serie von Stromschnellen und fünf Wasserfällen.
Zum Abschluss der Stadtrundfahrt besuchen wir noch ein kleines, eindrucksvolles Museum, das mit wunderschönen Exponaten insbesondere das Leben der Natives beleuchtet.
Nach erlebnisreichen Stunden fahren wir wieder heim. Während ich ein wenig am Blog schreibe, bereitet Michelle das Abendessen zu. Nach dem Abendessen nimmt Jim sich viel Zeit, und hilf mir bei der weiteren Planung meiner Reise. Seine Ortskennis ist hervorragend und liefert mir für die nächsten drei Tage wertvolle Hinweise, wie ich auf der weiteren Tour feststellen werde.
Zum Abschluss des Tages führen Jim und ich noch ein intensives, wertvolles Gespräch über Glaubensfragen. Und einmal mehr erkenne ich, wie wichtig der Glaube für die Menschen ist. Jim und Michelle handeln nach christlichen Grundsätzen. Ihre Nächstenliebe und Fürsorge sind beeindruckend und ein wichtiger Bestandteil Ihres Lebens. Mich haben diese Gespräche und Jims und Michelles Handeln im christlichen Sinne ganz besonders berührt. Die Zeit, die sie sich für mich genommen haben, ist ein ganz besonderes Geschenk für mich.
Die Nacht war sehr ruhig. Kein Straßenlärm, keine dröhnene und ständig das Signalhorn blasende Eisenbahn. Dafür ein leichter Wind, der das Zelt die ganze Nacht über trocken hält.
Bereits um 7.00 Uhr bin ich wach. In aller Ruhe packe ich meine Sachen zusammen und gehe hinüber zum Haus meiner Gastgeber. Auf mein wiederholtes Klingeln antwortet niemand. Schade. Ich hätte mich gerne persönlich verabschiedet.
So bedanke ich mich auf diese Art und hoffe, dass meine Gastgeber im Blog vorbeischauen. Es war eine nicht selbstverständliche, großzügige Geste von Ihnen, mich neben Ihrem Haus campieren zu lassen.
Der Hinterradreifen ist schon wieder platt. Ich entschließe mich, ihn erst einmal aufzupumpen und zu schauen, wie lange das hält. Ca. 2 Stunden kann ich damit fahren. Kein Dauerzustand. Aber bis Bozeman muss das jetzt gehen.
Ich habe mittlerweile alle Flicken verbraucht. Und da gestern ein neuer Schlauch eingezogen wurde, glaube ich nicht an eine mechanische Beschädigung. Vermutlich ist der Schlauch von mangelhafter Qualität.
Kurz vor dem Ortsausgang von Three Forks fällt mir auf der linken Seite der Straße ein ganzer Park mit Horse-Trailern auf. Dazwischen etliche Pferde. Im ersten Augenblick kommt mir die Idee, dass es sich um einen Startpunkt für einen Pferdewanderweg handelt. Gleich danach sehe ich einen Reitturnierplatz mit Tribünen. Nun werde ich neugierig.
Trotz meiner Probleme mit dem Fahrrad halte ich an und Frage nach, was für eine Veranstaltung das ist. Ein Rodeo findet heute ab 10.00 Uhr statt. Und da meine Fahrstrecke heute nicht wirklich groß ist, entscheide ich mich, zuzuschauen.
Dabei bekomme ich nur das „breakaway roping“ mit. Eine Variante des Calf roping, bei der ein Kalb angeseilt, aber nicht geworfen und gebunden wird. Ich bin beeindruckt von den Reit- und Lassokünsten der Reiter. Die Kälber tragen zum Schutz vor dem Lasso Kopfhauben.
Das Beherrschen des Pferdes bei gleichzeitiger Ausübung des Handwerks stellt eine große Herausforderung für jeden Reiter dar. Aber auch Frauen sind am Start und üben diese Sportart genauso erfolgreich aus.
Wer sich mit Pferden auskennt, wird auf dieser Veranstaltung voll auf seine Kosten kommen. Es sind unglaublich schöne Tiere dabei.
Die ganze Aktion des „breakaway roping“ dauert nur wenige Sekunden. Zuerst wird das lasso um die Hörner des Kalbs geworfen. Gleich darauf versucht der zweite Cowboy das Lasso um die Hinterbeine des Kalbs zu legen. Gelingt das, wird es als Erfolg gewertet und in Zählepunkte umgewandelt.
Während dieser Veranstaltung bleibt die Tribühne weitestgehend leer. Ob mangelndes Publikumsinteresse oder der frühe Morgen für das fehlen des Publikums auf der großen Tribüne verantwortlich sind, vermag ich nicht zu sagen.
Weitere Impressionen der Veranstaltung …
Als ich nach einer Stunde des Zuschauens zum Fahrrad zurückkomme, ist der Reifen schon wieder halb platt. Nachdem ich genügend Luft nachgepumpt habe, mache ich mich endgültig auf den Weg nach Bozeman.
Ein letzter Gruß aus Three Forks.
Irgendwo unterwegs knallt es fortwährend. Und als ich auf der Interstate näherkomme, sehe ich in der Prärie zwei Männer, die munter ihre Schießübungen veranstalten. Es ist schon gewöhnungsbedürftig, so etwas mitzuerleben. Aber das ist halt Amerika.
In Bozeman suche ich den Bicycle-Shop auf, schildere mein Problem und bekomme eine Stunde später das reparierte Rad zurück. Der Schlauch wurde erneut ausgetauscht.
Die Gangschaltung funktioniert weiterhin nicht, wie ich anschließend auf meiner Weiterfahrt feststelle. Im Gegenteil. Sie funktioniert immer schlechter. Und zuletzt kann ich nur noch sieben von elf Gängen betätigen. Langsam macht sich Frustration breit.
Ich suche einen McDonald’s-Laden auf, um meine Powerbank aufzuladen und etwas zu trinken. Da kommt über die Warm Shower-App die Nachricht eines Greg herein, der mir für heute Nacht ein Quartier anbietet. Ich bin glücklich und kontaktiere augenblicklich meinen Gastgeber Greg. Er wohnt nur. 1,2 Meilen von meinem Standort entfernt.
Als ich bei ihm ankomme, erwartet er mich bereits. Schnell sind die örtlichen Gegebenheiten und Spielregeln besprochen. Zuerst werden meine Sachen in das Zimmer eingeräumt. Dann geht es unter die Dusche. Anschließend wird Wäsche gewaschen.
Und währenddessen gehe ich in die Stadt zum Abendessen. Greg hat mir ein sehr gutes, preiswertes Restaurant empfohlen. Mein Gastgeber ist für die nächsten Stunden anderweitig verabredet.
Nach dem Abendessen schlendere ich noch ein wenig die Hauptstraße auf und ab.
Mit Einbruch der Dunkelheit bin ich wieder In meinem heutigen Zuhause. Greg ist schon daheim. Wir plaudern noch ein wenig und machen einen Zeitpunkt für morgen früh zum Frühstücken aus. Dann bin ich auch schon müde in meinem kleinen, schönen Quartier verschwunden. Den Rest des Abends nehme ich mir Zeit für meinen Blog, bevor ich das Licht lösche.
Bozeman wird die „Königin der Städte in den Rockies“ genannt oder auch „das Juwel von Big Sky County“. Diese kleine Stadt mit ihren 53.000+ Einwohnern ist ein El Dorado für Outdoor Aktivitäten in den Rocky Mountains:
Big Sky Resort und Yellowstone National Park liegen dicht bei. Einige der größten Skigebiete Amerikas sind nur eine Stunde entfernt.
Bozeman ist die Heimat von einigen der besten Fliegenfischgründen der Welt. Es besitzt Hunderttausende Hektar öffentliches Land und einige der besten Ziele für das Eisklettern in Amerika.
Bozeman liegt auf einer Höhe von 4.820 Fuß (1.470 m).