Jo's DreamA bike. A tent. A year.

Archive - 2024

Von Provo nach Soldier Summit, Utah

17. September 2024

Um 7.30 Uhr weckt mich eine Stimme und fordert mich auf, aus dem Zelt zu kommen. Freundlich erklärt mir anschließend der Mann, dass ich auf öffentlichem Grund zelte, was in dieser Stadt verboten ist. Ich erkläre meine Situation und er gibt sich mit der Erklärung zufrieden, bittet mich aber freundlich, das Zelt abzubauen und den Ort zu verlassen.

Am Morgen steht der Wind nicht günstig. Es geht bergauf duch eine Lücke im vor mir liegenden Bergrücken. Schon die im Tal vor dem Gap liegenden Windkraftanlagen verraten die herrschenden Windströmungen.

Auf dem Mapleton Parkway Trail geht es hinaus aufs Land. Schon bald endet der Trail und ich muss auf die Straße zurück.

An den Hängen im Durchbruch der Bergkette zeigt sich bereits der Herbst mit seinen bunten Farben.

Dazwischen immer wieder kahle, rötliche Flächen. Vorboten der wüstenartigen Gebiete, in die ich langsam hineinfahre.

Die Flügelspitzen der auf kurzen Säulen stehenden Windkraftanlagen erreichen fast den Boden. Ein ungewöhnliches Bild …

Etwas abseits der Straße entdecke ich unterhalb der Straße einen befremdlichen Hinweis auf eine Unglücksstelle. Eine Start-Zielflagge, wie sie z. B. bei Formel 1 Rennen verwendet wird. Diese Flagge wird normalerweise am Ende einer Strecke gehisst, um den Teilnehmern anzuzeigen, dass sie das Ziel erreicht haben.

Mitunter wirkt es, als durchfahre ich eine Modellbahnlandschaft. Die großen Eisenbahnen schrumpfen auf Modellgröße. Und da in der Ferne der Größenvergleich teilweise verschwindet, entsteht bei mir dieser Eindruck – wohlwissend, dass das nicht wahr ist.

Nur wenige Hundert Meter weiter hat ein Biber seine Burg in der Mitte einer Flussschleife errichtet.

So karg die Landschaft auch sein mag, so spannend ist es zu sehen, welche unterschiedlichen Farben Fels und Boden haben.

Obwohl es den ganzen Tag leicht bergauf geht, erreiche ich am Abend Soldier Summit. Auf der Karte werden ein paar Straßen angezeigt, bei denen es sich um grobe Schotterpisten handelt. Ich zähle vor Ort drei Häuser, eine Tankstelle und einen Schuppen.

In der Tankstelle frage ich an, wo ich mein Zelt aufschlagen kann. Der Mitarbeiter telefoniert kurz mit seinem Vorgesetzten. Dann weist er mir einen Platz hinter dem kleinen Schuppen zu.

Ich schaue meinen Platz an: 30 Meter sind es bis zur Straße, von welcher der Motorenlärm ertönt. Dieser Platz ist nicht geeignet. Und so schiebe ich mein Fahrrad zu einem der beiden Häuser hinauf.

Hinter den Häusern beginnt die Natur. Unter deren Rande schlage ich mein Zelt auf. Etwa eine halbe Stunde später in der Dunkelheit, bemerke ich Licht in einem der beiden Häuser, laufe hinunter und klopfe an.

Nacheinander erscheinen drei junge Männer in Tarnanzügen. Sie sind vor wenigen Minuten von der Hirschjagd zurückgekommen. Mein Zelt steht auf dem Nachbarsgrundstück. Da der Nachbar die ganze Woche nicht da ist, geht das Ordnung.

Und dann habe ich ein paar Fragen zur Jagd. Sie jagen mit Compound Bögen. Die Jagd beginnt vier Wochen früher als die Jagdsaison mit Schusswaffen. Während sie in Tarnanzügen durch die Natur streifen, müssen bei der Jagd mit Schusswaffen orangefarbene Westen getragen werden.

Das erlegte Tier wird vor Ort zerlegt und in Gebinden von 45 Pound im Deuter-Rucksack zu Tale befördert. Die Jagdsaison fällt in die Zeit, in welcher die Hirsche anfangen, ihre Hirschkühe zu sammeln. Sie sind in dieser Zeit weniger aufmerksam, weniger vorsichtig und verraten ihre Standorte durch ihre Laute. Das wiederum vereinfacht den Jägern die Jagd.

Die eigentliche Zeit, in der die Hirsche ihren Harem sammeln, ist der Oktober. Dann ist die Jagd mit dem Bogen schon nicht mehr möglich. Meine drei Gesprächspartner hatten diesmal keinen Erfolg und waren nach 6 Tagen in der Wildnis ins Haus zurückgekehrt. Nachdenklich kehre ich zu meinem Zelt zurück und lausche in die Nacht. In der Ferne erklingt der Hirschruf. Gute Nacht!

Von Salt Lake City nach Provo, Utah

16. September 2034

Bevor ich aufbreche, nehme ich noch mit meinen Gastgebern an einem Gottesdienst ihrer Kirche teil. Für mich ist es erstaunlich, wie liberal diese Kirchengemeinde eingestellt ist. Eine Frau leitet den Gottesdienst. Und die Themen sind sehr weltlich.

Es wird über die aktuelle politische Lage gesprochen. In diesem Zusammenhang wird eindringlich darauf hingewiesen, sich an der Wahl im November zu beteiligen. Das Thema wird eingerahmt von mir unbekannten Kirchenliedern. Das von mir erwartete kirchliche Thema, das zitieren und predigen zu Abschnitten aus der Bibel, unterblieb während des Gottesdienstes ganz. Lediglich ein gemeinsames Gebet wurde gesprochen.

Für diejenigen, die gerne mit der Bibel arbeiten möchten, wird nach dem Gottesdienst die Möglichkeit angeboten, in einem anderen Raum zusammenzukommen um über christliche Temen zu sprechen. Und obwohl ich kein Kirchgänger bin, muss ich eingestehen, dass mir dieser Gottesdienst in seiner Form und Thematik sehr gefallen hat.

Eine Stunde später, nach herzlicher Verabschiedung von meinen Gastgebern, sitze ich auf dem Fahrrad. Während ich aus der Stadt rolle, lasse ich noch einmal meinen Aufenthalt bei meinen Gastgebern revue passieren. Es war eine kurze, intensive Zeit. Die tiefgehenden Gespräche ließen auch das politische Spektrum nicht aus. Insbesondere die liberale Haltung zu in den USA kontrovers diskutieren gesellschaftlichen und sozialen Themen, haben mir gut getan.

Und am Ende meines Aufenthalts verspürte ich sogar ein wenig Wehmut und stellte fest, dass ich gerne noch ein oder zwei Tage geblieben wäre, um weiterführende Gespräche mit meinen Gastgebern zu führen.

Ich bin noch nicht ganz aus Salt Lake City raus, da mache ich schon einen ersten Halt. Liebhaber alter Autos, z.B. mein Neffe Joel, würden hier voll auf ihre Kosten kommen. Im Originalzustand erhaltene Autos, aber auch modifizierte und getunte Fahrzeuge sind zu besichtigen. Die Eigentümer sind anwesend und geben bereitwillig jedem Interessierten Auskunft.

Meine technischen Kenntnisse über Autos reichen über Form und Farbe nicht hinaus.

So möchte ich mich auf wenige Bilder beschränken.

Der weitere Verlauf des heutigen Tages führt mich über fast die gesamte Strecke auf Fahrradwegen abseits der großen Straßen durch die Landschaft. All diese Fahrradwege sind hervorragend ausgebaut, zwischen 2 und 6 Metern breit und durchgängig asphaltiert.

Draper City Trail, Porter Rockwell Trail, Draper Canal Trail, Southern Rail Trail, Lehi Rail Trail und Murdock Canal Trail bestimmen heute meinen Weg nach Provo, Utah.

Obwohl ich erst gegen 12.00 Uhr Salt Lake City verlassen habe, komme ich weiter als gedacht und erreiche noch vor Einbruch der Dunkelheit Provo, Utah.

Da ich den ganzen Tag über an den Städten vorbeigefahren bin, ergab sich keine Möglichkeit, Lebensmittel einzukaufen. Das muss ich jetzt in Provo nachholen. Ich mache mich auf die Suche nach einem Lebensmittelgeschäft und lande schließlich in einem Laden, der vornehmlich Menschen aus Columbien bedient.

Das ganze sieht mir eher wie ein Großhandel aus. Die kleinste Verpackungseinheit Milch beträgt eine Gallone. Käse und Wurst werden nur in Großpackungen angeboten. Das lose Gemüse ist von denkbar schlechter Qualität, so dass ich enttäuscht und hungrig auf einen Einkauf verzichte.

Als ich das Geschäft verlasse, ist es bereits dunkel. Ich montiere einen zusätzlichen Rückstrahler und mache mich auf die Suche nach einem geeigneten Platz zum Übernachten. Im Maeser Park in Provo finde ich einen Platz, schön im dunklen Schatten der Nacht gelegen. Die grellen Scheinwerfer auf den Sportflächen nebenan blenden und verhindern die Sicht auf mein Zelt. Ich fühle mich an diesem Ort sicher.

Ein Tag in Salt Lake City

15. September 2024

Ich bin früh hoch. So können wir uns gemeinsam auf den Weg zum Bauernmarkt machen. Während ich das Fahrrad nehme, fahren Nancy und David mit dem Auto hinunter zum Markt. Dort treffen wir uns kurz. Dann starte ich mit einem Besuch des Bauernmarktes in den Tag.

Der Farmers Market teit sich in zwei Bereiche: im vorderen werden Obst, Gemüse, Kartoffeln etc. angeboten, im hinteren allerlei andere Produkte.

Um die Qualität der Produkte zu unterstreichen, wird auch schon einmal der Kollege hinzugezogen.

An mehreren Stellen haben Straßenmusikanten Platz bezogen und geben ihr Bestes.

Alt und Jung musizieren gemeinsam.

Und die Musikstücke entstammen überwiegend der amerikanischen Volksmusik.

Hier kann jeder Fragen stellen. Und diese Gruppe hat große Freude daran, Antworten zu finden.

Und dieser Stand war für mich ganz besonders interessant. Links im Bild zwei bewaffnete Polizisten, rechts Strafgefangene. In einem Projekt bewirtschaften die Strafgefangenen etwas Land und produzieren in kleinen Mengen Gemüse. Dieses Gemüse verkaufen sie dann einmal pro Woche auf dem Bauernmarkt.

Das ist eine Form der Resozialisierung und sie scheint zu funktionieren. Als ich den Polizisten frage ob ich ein Foto machen darf, zeigt er sich sehr erstaunt. Natürlich darf ich ein Foto machen. Wir befinden uns hier in der Öffentlichkeit.

Meinem Hinweis auf Persönlichkeitsrechte entgegnet er schon gar nichts mehr, antwortet nur noch mit einem Lächeln und bringt sich bereits in Pose …

Anschließend geht es kurz zum Friseur: 35 Dollar für einen simplen Haarschnitt. Dafür habe ich die nächsten drei Monate wieder meiner Ruhe und brauche keinen Föhn. Außerdem sieht es viel besser aus. 😀

Über dem Campus der Universität Salt Lake erreiche ich das Natural History Museum, in dem ich mich die nächsten Stunden aufhalten werde. Da ich mit großer Leidenschaft Geologie und Paläontologie studiert habe, brauche ich euch wahrscheinlich nicht zu erklären, dass hierauf mein besonderes Interesse ruht.

Es ist ein moderner Neubau, der schon durch seinen großzügigen Eingangsbereich besticht.

Über mehrere Stockwerke zieht sich diese Glasfront bis zur Decke. Sie zeigt ein ganzes Potpourri der Erdgeschichte. Beginnend mit dem Erdaltertum unten und endend im Hier und Jetzt oben. Mehr ist von der Halle aus nicht zu sehen. Alles andere verbirgt sich hinter den Mauern und macht mich neugierig.

In kleinen Fachbereichen wird Besuchern an lebenden Objekten erklärt, wie sich das Leben auf der Erde entwickelt hat. Hier werden höchst kompetent Fragen der Besucher beantwortet.

Zwischendurch kann man einen Blick durch große Glasfronten auf Magazine und Präparationsbereiche werfen.

Über mehrere Etagen steigt man über Rampen und Treppen auf und durchwandert so die vergangenen Welten. Es sind nicht viele Objekte. Aber die Objekte, die ausgestellt sind, sind wunderschön.

Die Bilder sollen euch einen Eindruck geben. Ich möchte sie nicht weiter kommentieren.

In einer Zeittafel sind verschiedene Pfeil- und Speerspitzen angeordnet und beschrieben. Sie geben eindrucksvoll wieder, seit wann die Menschen in Nordamerika diese Gerätschaften verwenden.

Die Entwicklungsgeschichte des Menschen anhand der bekannten Funde und Fundorte wird an einer Wand knapp und eindrucksvoll dargestellt. Ich bin beeindruckt von der Klarheit. Auch wenn alles sehr knapp kommentiert wird, so kommen die Informationrn allesamt gut rüber.

Das Ganze ist stufig aufgebaut. Das Älteste unten, das Jüngste oben. So, wie auch Erdschichten zu interpretieren sind.

In einer kleinen Minaralienausstellung werden die Kristallformen grafisch dargestellt und mit entsprechenden Originalen aus der Natur belegt.

Goldnuggets und Kristalle, Diamanten, Saphire, Smaragd… Alles wird in einen Kontext gestellt und mit Musterstücken belegt.

Kristallformen, hier Skalenoeder, die zusätzlich Sand in ihr Kristallgitter eingebaut haben.

Farbige Geschichtenerzähler Kristalle.

Alles ganz knapp und verständlich.

Eine großartige Ausstellung, die ich jedem naturhistorisch Interessierten empfehlen mag.

Die letzten 2 Stunden verbringe ich im Red Butte Garden and Arboretum, dem Botanischen Garten Salt Lake City’s. Er liegt gleich hinter dem Museum.

Es ist eine Anlage, die im unteren Bereich parkähnlich aufgebaut ist und nach oben in die natürliche Landschaft übergeht.

Ein Tummelplatz für kleine Gäste.

Um 18:00 Uhr bin ich wieder in meinem Quartier. Während des Abendessens erzählte ich von meinen Eindrücken des Tages. Nancy hatte mir ein Ticket für das Museum angeboten, dass online einzulösen war. Irgendwie habe ich da etwas falsch gemacht. Jedenfalls ist die Buchung nicht erfolgt, wie ich an der Museumskasse feststellen musste.

Ohne von meinem Missgeschick Kenntnis zu haben, bot mir ein anderer Museumsbesucher, mit dem ich mich zuvor über meine Reise unterhalten hatte, eine Eintrittskarte an. Ich freute mich riesig und nahm das Angebot herzlich gerne an.

Zum Ende des Tages nehmen mich Nancy und David noch mit zu einer kleinen, feinen musikalischen Veranstaltung. Es spielt die Stratford Street Big Band. Die SSBB begann mit einer Gruppe von Musikern aus der Nachbarschaft, die Swing-Songs spielen wollten. Sie sprachen mit anderen Freunden und bald hatten sie eine Band!

An dieser Stelle möchte ich einen ganz großes Dankeschön an meine Gastgeber aussprechen für den gelungenen Abend.

🎺🎺🎺 Dies ist der 100ste Blogbeitrag! 🎺🎺🎺

Danke für eure treue Begleitung. Immer wieder berührt es mich, zu wissen, dass ihr da seid. Dass ihr mich unterstützt durch eure Freude beim Lesen, eure Kommentare (bitte hinterlasst mir doch heute einen!), durch eure Kaffees. Ihr seid mein Rückenwind.

Von Antelope Islands nach Salt Lake City, Utah

13. September 2024

Es ist früh am Morgen, als ich aufwache. Der Wind hatte sich gegen 3.00 Uhr gelegt und mit 12°C ist es angenehm kühl. Routiniert packe ich meine Sachen zusammen. Bevor ich losfahre, überprüfe ich noch den Reifendruck. Hinten scheint er okay. Vorne ist der Reifen fast platt.

Also ist wieder Pumpen angesagt. Bis Salt Lake City werde ich ein halbes Dutzend Mal nachgepumpt haben. Das nervt, ist anstrengend und zwingt mich früher oder später zum Handeln.

Antelope Island vom Ladyfinger Campground aus gesehen.

Noch einmal radle ich durch die üppigen Weidegründe der Bisons, die sich im Norden der Insel über Meilen bis an den Salzsee erstrecken. Ein letzter Sehnsuchtsseufzer. Dann mache ich mich auf den Weg nach Salt Lake City. Bis Layton benutze ich denselben Weg, auf dem ich zur Insel gefahren bin.

Ab Layton fahre ich dann auf der zum Radweg umfunktionierten, ehemaligen Eisenbahntrasse weiter nach Salt Lake City. Hier erst verlasse ich den Radweg und suche als Erstes einen Bikeshop auf.

Unterwegs komme ich noch an einem mehrere Tausend Quadratmeter großen Privatgrundstück vorbei. Hier hat sich der Eigentümer seinen Traum verwirklicht und eine unglaubliche Eisenbahn-Modellanlage erschaffen. Ich bin durchaus fasziniert, weil ich so eine Anlage noch nie gesehen habe.

Gleichzeitig bin ich entsetzt. Prangen doch am Zaun, der die gesamte Anlage umfasst, die abgebildeten Warnschilder.

Jeder mag über die Schilder denken, was er will. Mich jedoch erschrecken sie so sehr, dass ich darauf verzichte, die Anlage näher anzuschauen.

Der alte Bahnhof von Salt Lake City – heute nicht mehr als Bahnhof genutzt.

Der auffallendste Bereich der Stadt Salt Lake City ist der Gebäudekomplex rund um den Salt Lake Tempel der Mormonen. Im Bild das Joseph A. Smith Memorial Building.

Das Konfetenz-Zentrum, das zur Zeit wohl auch als Kirche genutzt wird.

Seitenansicht des Konferenzzentrums mit der Aussichtsterasse auf dem Dach.

Der fast komplett eingerüstete Tempel. Ob es sich bei den offensichtlich bedeutenden Renovierungsarbeiten um Stabilisierungsmaßnahmen des Bauwerks gegen Erdbeben handelt, vermag ich nicht zu sagen. Die Maßnahmen wurden jedoch 2019 angekündigt.

Salt Lake Tempel (hinten links) und Tabernacle (vorne rechts). Das Salt-Lake-Tabernacle wurde für große Versammlungen und Veranstaltungen der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage konzipiert. Zwischen 1863 und 1867 wurde es erbaut. Es befindet sich auf der Westseite des Temple Square und ist die Heimat des Tabernacle Choir at Temple Square mit der ikonischen Orgel mit 11.623 Pfeifen als Kulisse.

Um 18.00 Uhr wollte ich bei meiner Gastgeberin sein. Da ich bei der Adressenangabe für Google Maps einen Fehler gemacht habe, lande ich zuerst im Norden der Stadt. Ich bin ein wenig verärgert über diesen dummen Fehler. Sogleich mache ich mich auf den Weg zur richtigen Adresse, wo ich mit ca. 20 Minuten Verspätung eintreffe.

Meine Gastgeber warten bereits. Sie waren der Annahme, dass wir 17.00 Uhr vereinbart hatten. Trotz alledem ist ihr Empfang ganz warmherzig. Schnell findet sich ein sicherer Platz für das Fahrrad. Anschließend zeigen sie mir mein Zimmer. Und noch vor dem Duschen gibt es ein üppiges, sehr leckeres Abendessen.

Einmal mehr freue ich mich, dass ich keine besonderen Diätvorschriften für mich beachten muss sondern essen darf, was auf den Tisch kommt. Und so lange ich kräftig und mit großem Appetit zu.

Und auch hier darf ich mit einem Klischee aufräumen: Es ist bei Weitem nicht so, daß alle Amerikaner Fast Food essen. Fast alle Familien, die mich zum Essen einladen, kochen selbst. Und was dann auf den Tisch kommt, hat mir immer ganz besonders geschmeckt. Da waren vegane, vegetarische oder auch Fleischspeisen dabei. Ob warme Speisen oder kalte, ich habe alles mit großem Genuss verspeist.

Gemeinsam mit meinen Gastgebern Nancy und David wechseln wir von der Küche ins Wohnzimmer und unterhalten uns noch eine Weile. Und sie gewähren mir noch einen weiteren Ruhetag und eine weitere Nacht.

Morgen früh wollen sie zum Bauernmarkt und ich darf mitkommen. Ihre Empfehlung für das Natural History Museum greife ich gerne auf und freu mich jetzt schon darauf. Gegen 22.00 beenden wir den gemeinsamen Abend und ich ziehe mich in mein Gästezimmer mit wunderbarem Ausblick auf die hell erleuchtete Stadt zurück.

Salt Lake City wurde 1847 von den Mormonen gegründet als Rückzugsort, wo sie ihre Religion ungehindert ausüben können. 1898 wurde es die Hauptstadt von Utah.

Heute hat Salt Lake City ca. 200.000 Einwohner. Im Salt Lake County, also Stadt mit Umland, sind 49 % der Einwohner Mormonen.

Fun Fact für Skifahrer: „Die nahegelegenen Berge unserer Stadt sind nicht nur Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2002, sondern auch als Heimat des „besten Schnees der Welt“ bekannt. Große Stürme nehmen mehr Feuchtigkeit auf, wenn sie über den Großen Salzsee ziehen, und diese Feuchtigkeit prallt auf die Wasatch Mountains und erzeugt unvergleichlich leichten und befahrbaren Pulverschnee.“

(Letztes ein Zitat aus www.visitsaltlake.com)

Von Layton nach Antelope Islands, Utah

12. September 2024

Es ist noch früh am Morgen, als ich Layton, UT verlasse. Im Haus ist es still. Meine Gastgeber sind vermutlich an ihren Arbeitsstätten. Lediglich die Hauskatze, ein herzallerliebstes, verschmustes Tier, leistet mir neugierig Gesellschaft.

Als ich bereits alles gepackt habe, kommt Christian heim. Das gibt mir die Möglichkeit, ihm und seiner Frau Emily zu danken. Wir wechseln noch ein paar Worte und dann bin ich auch schon wieder auf der Straße. Die Reifen haben die Luft gehalten. Und so starte ich sorglos in den heutigen Tag.

In Layton selbst drehe ich eine kleine Runde um den Mormonentempel, der hell in der Morgenssonne leuchtet. Dann verlasse ich die Stadt …

… über einen Radweg, den G&RGW Rail Trail, der offensichtlich noch ganz neu ist.

Nach Wenigen Kilometern fährt mir den Schreck in die Glieder: Links und rechts des Weges ein ganzer Wald voller Disteln. Mannshoch und am Ende des Sommers strohtrocken, stehen Tausende von Disteln am Wegesrand. Und die ersten Stängel liegen bereits auf dem Radweg …

Nach einigen Meilen will mich der Fahrradcomputer auf einen anderen Weg bringen. Dazu müsste ich mich durch den Distelwald arbeiten. Da ich vom gestrigen Tag noch genug habe, entscheide ich mich für einen Umweg.

Am Wegesrand überragen Coyotenweiden die Schottischen Zaunrosen, deren hagebuttenähnlichen Früchte massenhaft rot in der Sonne leuchten. Auf den busch- und baumfreien Flächen ragen trockene Fruchtstände der wilden Karde in den Himmel, während die Ackerwinde über den Boden kriecht und ihre weißen Blüten der Sonne entgegenreckt.

Nach 30 Meilen ändert sich das Landschaftsbild deutlich. Bäume treten in den Hintergrund und links und rechts tauchen die ersten Salzwiesen auf.

Ein Paradies für Watt- und Seevögel.

Wenige Kilometer weiter habe ich einen ungehinderten Blick auf die weite, flache Uferzone des Salzsees, die von einer weißen Salzkruste überzogen ist.

Schließlich erreiche ich Antelope Island, mit 282 Quadratkilometern die größte Insel im Salzsee in Utah. Gleichzeitig ist diese Insel ein State Park.

Die Insel liegt im südöstlichen Teil des Sees, in der Nähe von Salt Lake City.

Der nördliche, fast baumlose Teil der Insel ist geprägt von weiten Präriegrasflächen, die goldgelb in der Sonne leuchten. Diese ausgedehnten Grasflächen sind Weidegrund der Bisons, von denen es eine Herde von ca. 300 Tieren auf der Insel gibt.

Der Blick über die Weidegründe, dahinter der blau schimmernde Salzsee und am Horizont die aufsteigenden Berge hinter dem See hat etwas Traumhaftes. Er erfüllt mich mit tiefster Dankbarkeit.

Auf den ausgedehnten, flachen, bei Niedrigwasser trockenfallenden Flächen hat sich eine Salzkruste gebildet, die weiß in der Sonne leuchtet. Alles liegt ruhig und friedlich.

Die Buffalos haben auf der Insel Vorrang. Wenn sie beabsichtigten, die Straße zu queren, haben alle anderen Gäste, die ihr Habitat bevölkern, anzuhalten. Gelassen schreiten die mächtigen Tiere über die Fahrbahn und wenden sich am gegenüberliegenden Fahrbahnrand den wohlschmeckenden Dreizähnigen Wermutbüschen zu.

Dreizähniger Wermut ist ein strauchartiges Gewächs mit aromatischen, silbergrauen Blättern, das den Speiseplan der Bisons erweitert. Die Bisons wurden vor einem Jahrhundert auf der Insel angesiedelt unt halten die Vegetationsdecke im Gleichgewicht.

Einmal im Jahr im Mai werden die Tiere zusammengetrieben und auf Alter und Krankheiten untersucht. Ansonsten leben sie vollkommen frei auf dieser Insel.

Insgesamt zähle ich bis zum Horizont 25 Tiere.

Im Vordergrund Dreizähnige Wermutsträucher.

Ich habe für die kommende Nacht einen Campingplatz gebucht.

Die kleine Schotterterrasse sorgt für einen sorgenfreien Aufbau und eine komfortable Nacht. Außerdem verhindert sie, dass jeder sein Zelt an einer x-beliebigen Stelle aufbaut und damit die Grasnarbe schädigt.

Der Platz ist wunderschön gelegen mit einer großartigen Aussicht über das Land. Da es sonnig und warm ist und nur eine leichte Brise weht, befestige ich das Zelt nur an vier Punkten. Nachdem das Zelt aufgebaut und alles eingeräumt ist, mache ich mich auf einen ausgedehnten Spaziergang über die von Felsen durchsetzten Hänge hinab zum Ufersaum.

Der Louisianawürger macht lautstark auf sich aufmerksam und begleitet mich des Weges. Er zählt zu den gefährdeten Vogelarten. Und so freue ich mich über seine Gesellschaft.

Es gibt sehr viele ausgetretene Pfade, die durch die Felsen zum See hinab führen. Welcher richtig ist, ich weiß es nicht. Und so lasse ich mich einfach von der Schwerkraft leiten und wähle den komfortablen Weg des geringsten Widerstandes. Echsen huschen über die Felsen, Kaninchen scheinen keine Angst mehr vor den Menschen zu haben. Lediglich ein Hase, den ich wohl aufgescheucht habe, sucht fluchtartig das Weite.

Und zwischen all den Wermutbüschen scheint sich auch die buschige Zackenblume heimisch zu fühlen.

Unten an der Uferzone entdecke ich üppige Bestände des Quellers, der sich in dieser salzhaltigen Zone sehr wohl fühlt.

Ansonsten wirkt diese schmale Zone vegetationsleer.

Einige Strukturen fallen mir ins Auge. Aber ich kann sie nicht zuordnen. Was sich hier über den Wasserhorizont hinaus erhebt, kann ich mir nicht erklären. Und auch Dr. Google hilft nicht weiter. So wird es weiterhin Geheimnisse geben. Gut so! Das stärkt meine Neugier …

Kurz vor Sonnenuntergang füllt sich der kleine Parkplatz oberhalb des Campingplatzes. Eine kleine Menschenschar eilt die felsige Hügelkuppe hinauf dem Sonnenuntergang entgegen. Es herrscht eine wundervolle, friedliche Stimmung und großes Staunen über das Naturspektakel, das hier alltäglich erscheint.

Kaum ist die Sonne verschwunden, eilt die kleine Menschenmenge zurück zum Parkplatz und wenige Minuten später stehe ich allein vor der hereinbrechenden Nacht. Es gibt keine Elektrizität. Es gibt kein Internet. Um die Akkus zu schonen, mache ich das einzig Sinnvolle: ich geh zu Bett.

Schnell schlafe ich ein. Vielleicht eine Stunde später wache ich abrupt auf. Der Wind hat stark zugenommen und zerrt und rüttelt am Zelt. Nun bin ich ganz schnell auf den Beinen. In der Dunkelheit der Nacht greife ich nach den Zeltschnüren und Heringen und stabilisiere das Zelt in Windeseile, so dass es dem Sturm trotzen kann. Alles hat gut geklappt. Das Zelt steht jetzt viel stabiler da und gibt mir Sicherheit …

Und ihr seid wieder bei mir. Begleitet mich bei meinem Traum. Nährt mich mit euren Kaffees und nehmt teil in euren Kommentaren. Danke! Für mich und für euch teile ich meine Erlebnisse und meine Bilder.

Zufrieden lege ich mich wieder hin und schlafe bald ein …

Amerikanische Bisons (männliche Exemplare) können bis zu 4 m lang werden und über 900 Kilo wiegen. Bisons sind keine sanftmütigen, schwerfälligen Tiere. Sie können bis zu 65 km/h schnell laufen und 1,80 m hoch springen. Bisons sind neugierig, aggressiv und in den nordamerikanischen Steppen heimisch.

Übrigens kann man im Salt Lake schwimmen, ohne sich zu bewegen. Der Salzgehalt des 148 km langen und 77 km breiten Salzsees ist nach dem Totem Meer am zweithöchsten und führt dazu, dass man sich genüsslich auf die tragende Wasseroberfläche legen kann, ohne unterzugehen.