Jo's DreamA bike. A tent. A year.

Archive - 2024

Vom Grand Canyon Oasis High Desert Camp nach Bellemont, Arizona

9. Oktober 2024

Ich hatte keine ruhige Nacht, da der Highway in weniger als 50 Metern an meinem Lagerplatz vorbeiführte. Und trotzdem hab ich mich in meinem Zelt sicher und geborgen gefühlt.

Ohne mich von meinen Gastgebern zu verabschieden, mache ich mich um 8.00 Uhr auf den Weg Richtung Flagstaff. Ich hätte gerne noch ein paar Worte mit Adam gewechselt. Aber wir hatten es am Abend so vereinbart.

Er hatte mich am Abend noch kostenlos mit Getränken versorgt. Und die Milch konnte ich heute morgen sehr gut für mein Oatmeal gebrauchen. Einmal mehr bin ich über diese Gastfreundschaft hoch erfreut und dankbar zugleich.

Bereits gestern Abend war mir die Landschaft aufgefallen. Grassteppe mit einem losen Baumbestand, so weit das Auge reicht, leuchtet in der Morgenssonne, die das Coconino County an diesem Morgen in ein wunderschönes Licht taucht.

Diese Landschaft begleitet mich noch eine ganze Weile, während ich mich langsam auf der Highway-Schulter nach Süden bewege. Die nächsten 11 Meilen geht es stetig bergauf. Von zuerst knapp 5.000 Fuß auf ca. 7.400 Fuß.

Während ich mich dem Passübergang nähere, kommt der Sunset Crater auf der linken Seite der Straße in mein Blickfeld. Und auf der rechten Seite der Straßebegrenzen prägen die San Francisco Peaks, ein vulkanischer Gebirgszug, den Horizont.

Der San Francisco Mountain, ragt 3.850 Meter in den Himmel. Sein Hauptgipfel ist der Humphrey’s Peak. Als „Hausberg“ verleiht er der Stadt Flagstaff eine markante Naturkulisse und ist zugleich der höchste Punkt in Arizona. In demselben Vulkanfeld steht auch der Sunset Crater. Die heute von Fichtenwäldern bedeckten San Francisco Mountains sind den Navajo heilig und gelten als spiritueller Sitz ihrer Götter.

Die San Francisco Peaks gehören zum San Francisco Volcanic Field. Das Feld liegt über einem Hotspot und zählt mehr als 600 Vulkane. Sie alle sind weniger als 6 Millionen Jahre alt. Der letzte Ausbruch liegt ungefähr 800 Jahre zurück.

Der Sunset Crater gehört vermutlich zu dem selben Vulkanfeld. Mit 2.451 Metern ist er deutlich kleiner und ragt nur etwa 300 Meter über das Colorado Plateau. Sein Schlackenkegel weist eine andere Form auf als der Vulkan, der die San Francisco Peaks bildet. Seine Hänge sind überwiegend mit einer lockeren Vegetation aus Kiefern, insbesondere Gelb-Kiefern, und Wildblumen bedeckt.

Nachdem ich die Passhöhe zwischen diesen beiden Bergen nach 2 Stunden Strampelei überwunden habe, geht es gut 10 Meilen bergab nach Flagstaff.

Während meiner kleinen Rast plane ich meine weitere Reise. In Flagstaff hatte ich tagsüber zuvor alle Warm Showers Gastgeber angeschrieben. 5 davon hatten ihre Verfügbarkeit geblockt. Und von den restlichen möglichen Gastgebern hat nur einer geantwortet, der sich zur Zeit in Spanien aufhält. So entschließe ich mich, weiter zu fahren.

Und noch heute weisen die Schilder und Schriftzüge an vielen Gebäuden entlang der Straße auf den vergangenen Ruhm hin.

Und an einigen Stellen kann auch ich mich dieser Faszination nicht entziehen.

Überraschenderweise lande ich auf der legendären Route 66. Und noch vor wenigen Tagen traf ich einen Vater mit seinem 16 jährigen Sohn, der seinem Jungen, bevor er erwachsen wird, die Schönheit dieser Route zeigen wollte.

Besonders wegen des massiven, vierspurigen Verkehrs entlang der Route 66 innerhalb Flagstaffs, verlasse ich den Ort recht schnell. Über eine Nebenstrecke gelange ich schließlich auf eine Schotterstraße, die als Service Road entlang der Bahnstrecke dient. An einer Unterführung, die mich auf die andere Seite der Bahngleise bringt, kann ich das Fahrrad nicht mehr halten und stürze im groben Gleisschotter.

Obwohl mir nichts passiert, habe ich große Mühe, das Fahrrad durch die Untertunnelung auf der anderen Seite den steilen Schotterpfad hinauf zu schieben. Der Schotter rutscht unter meinen Füßen und bietet mir keinen Halt. Die Schwerkraft lässt das Fahrrad immer wieder zurückrollen.

Ich stemme mich keuchend dagegen. Und erst nach einigen Minuten habe ich dieses eigentlich kleine Hindernis überwunden. Dann geht es für einige Meilen an der Bahnlinie entlang.

Über eine ausgediente Betonstraße gelange ich schließlich wieder auf eine asphaltierte, gut befahrbare Straße. Ich atme auf und stelle fest, dass ich mein gesetzes Tagesziel heute nicht mehr erreichen kann. Da mich dieser Streckenabschnitt viel Kraft und Zeit gekostet hat, mache ich mich frühzeitig auf die Suche nach einem geeigneten Lagerplatz.

Die Straße, auf der ich fahre, hat schon vor langer Zeit ausgedient.

Heute wird sie offensichtlich und überwiegend von Campern benutzt, die auf der Suche nach einem geeigneten Campingplatz für ihr Wohnmobil oder Wohnwagen im Kaibab National Forest sind. Das Ganze wird Dispersed Camping genannt.

Der Term beschreibt das Campen außerhalb eines entwickelten Campingplatzes. Es gibt so gut wie keinen Service und nur ganz wenige Campingtische oder angelegte Feuerstellen. Es kostet nichts und man darf maximal 14 Tage auf diese Art und Weise am selben Ort campen.

Ich habe die Straße fast für mich allein. Der eigentliche Verkehr verläuft über die Interstate, die im Abstand von 100 Metern parallel zu meiner Stecke verläuft.

Bevor ich einen Lagerplatz für mich finde, komme ich noch an einigen Merkwürdigkeiten vorbei. So weiß ich nicht, ob dieser Baum echt ist oder nicht.

Und auch dieses Denkmal bringt mich zum Grübeln. Camp Navajo wurde ursprünglich 1942 in Bellemont (Arizona) eröffnet und wurde in erster Linie zur Lagerung von Munition genutzt, die im Zweiten Weltkrieg im Pazifik eingesetzt wurde.

Heute ist es ein Industriepark, ein Munitionslager und ein regionales, militärisches Ausbildungsgelände.

Kurz nachdem ich dieses Denkmal passiert habe, führt die Straße in den Kaibab National Forest. Mehrere Kilometer entlang der Straße stehen vereinzelt Wohnwagen oder Wohnmobile im Wald. Auf Nachfrage bestätigt man mir, dass es sich um ein Gebiet handelt, in dem Dispersed Camping erlaubt ist. Und auch ich darf mein Zelt aufschlagen hier aufschlagen.

Mir fällt es nicht schwer, in dieser schönen Umgebung einen geeigneten Platz zu finden. Schnell ist mein Zelt aufgebaut. Zum nächsten Nachbarn sind es gut 100 Meter. Die Trinkwasserstelle ist über eine Meile entfernt. Ein offenes Feuer werde ich bei diesem trockenen Wetter nicht machen. Und für den Toilettengang gibt’s den kleinen Spaten …

Bevor ich mich in mein Zelt zurückziehe, mache ich noch einen kleinen Spaziergang, um eine bessere Orientierung zu bekommen.

Während meiner kleinen Runde treffe ich niemandem an. Und so bin ich bereits um 18.30 in meinem kleinen Hotel verschwunden.

Für heute habe ich genug geleistet und will nur noch den heutigen Beitrag für meinen Blog verfassen. Anschließend noch Abendessen. Und dann werde ich mich wohlverdient zur Ruhe legen …

Hier in Arizona befinden wir uns übrigens in GMT-7. Das bedeutet, wir haben zu Deutschland mittlerweile 9 Stunden Zeitdifferenz. Während ihr Zuhause um 17 Uhr euer Feierabendbier trinkt, scheint bei mir die 8 Uhr Morgensonne.

Vielen Dank euch, die ihr mit mir reist. Danke für Eure Gedanken, eure Kommentare und die großzügigen Coffees. Alles das ist mir eine Freude und Wind in meinen Segeln.

Vom Mather Campground zum Grand Canyon Oasis High Desert Camp

8. Oktober 2024

Ich bin früh auf. Einige Throuhiker sind schon vor Stunden aufgebrochen. Die meisten wandern auf dem Arizona-Trail, der den Grand Canyon von der North-Rim zur South-Rim quert.

Die offizielle Wegführung verläuft weiter östlich über den Yaki-Point. Man kann aber auch von Nord nach Süd über den Bright Angel Creek vom Bright Angel Canyon aufsteigen. Das kürzt den Weg zum Mather Campground ein wenig ab.

Ich bin erstaunt, wie viele Wanderer unterwegs sind. Und den Gesprächen gestern Abend am Lagerfeuer ist zu entnehmen, daß hier erfahrene Durchwanderer zusammengekommen sind und sich in jeder Hinsicht austauschen. Colorado Trail, Continental Divide Trail, Pacific Crest Trail und viele weitere Wege werden erwähnt und beschrieben.

Es wird über Ausrüstung gefachsimpelt. Und überlegt, was die beste Ernährung auf solch einer Wanderung sei. Und ganz wichtig: Wo findet man die Trinkwasserresourcen entlang der Wege. Ich höre aufmerksam zu und erlebe großes Interesse auch an meiner Geschichte. Es war ein rundum gelungener Abend.

Heute morgen stehe ich erst allein auf weiter Flur und fange an, in aller Ruhe meine Sachen zu packen. Und dann treffe ich doch noch auf zwei Männer vom gestrigen Abend. Unter anderem Sven, mit dem ich gestern Abend ein sehr schönes persönliches Gespräch geführt hatte.

Sven kommt aus Deutschland. Und so gibt es keinerlei Kommunikationsprobleme. Zum Abschied gebe ich ihm noch meine Webadresse und erhalte seine Visitenkarte. Sven arbeitet als Pilot für eine große Deutsche Fluggesellschaft.

Er bittet mich ihm mitzuteilen, wann ich heimfliege. Und vielleicht sehen wir uns dann wieder. Natürlich freue ich mich riesig über diese Möglichkeit. Aber noch bin ich ein paar Monate unterwegs …

Ich verlasse bis Cameron auf derselben Straße den Grand Canyon National Park, auf der ich hereingekommen bin. Nur einmal halte ich am Desert View Campground an und treffe auf Shira.

Schon vor Tagen hatten wir ein außerordentlich intensives Gespräch geführt. Shira wollte mich zum Essen einladen, und ich hatte abgelehnt, weil ich noch vor Einbruch der Dunkelheit den Mather Campground erreichen wollte.

Nun war es mir ein Herzensanliegen, mich von ihr zu verabschieden. Ich finde sie im Desert View Trading Post. Und wieder spüre ich dieselbe Herzlichkeit. Biggi hätte ihre große Freude daran, sie kennenzulernen. Sie hätte sie gemocht.

Und auch diesmal bietet mir Shira etwas zu essen an. Diesmal nehme ich das Angebot an. Dann verabschieden wir uns voneinander und ich verlasse endgültig diesen wunderbaren Nationalpark.

Bis Cameron geht es im Wesentlichen über das Kaibab – Plateau und durch den gleichnamigen Kaibab National Forest bergab. Über das Plateau breitet sich ein schütterer Wald aus Ponderosa Pines und Wacholderbäumen aus.

Hauptsächliches gemeinsames Merkmal aller Bäume ist ihre begrenzte, niedrige Wuchshöhe, die auf dem Plateau geschätzte 7-8 Meter nicht überschreitet.

Kaibab-Plateau und Forest

Am Rand des Kaibab-Plateau und Forest

In Cameron kündigt sich Regen an. Und nun treffe ich endgültig meine Entscheidung. In bin auf einer Höhe von ca 5.000 Fuß. Bryce Canyon liegt zwischen 8.000 und bis über 9.000 Fuß hoch.

Bisher war das Wetter stabil und es war für die Jahreszeit außergewöhnlich warm. In den nächsten 10 Tagen sollen die Temperaturen ordentlich fallen. Ich brauche wenigstens 4 Tage, um zum Bryce Canyon zu kommen. 2 Tage hatte ich für den Nationalpark veranschlagt und hatte anschließend auch noch Zion National Park auf dem Plan.

Und das ist mir zu riskant. Wenn der Winter kommt, dann kommt er mit Wucht und ich schaffe es nicht mehr über die Rockys, die ich zu überqueren habe. Das könnte für mich sogar gefährlich werden, wenn ich irgendwo festsitze.

Und so schlage ich nun den Weg gen Süden Richtung Flagstaff ein. Daniel aus der Bibliothek im Grand Canyon Village hatte mir einige Empfehlungen mitgegeben, die auf meinem neuen Weg liegen. Und so fahre ich nun voller Freude neuen Abenteuern und Begegnungen entgegen.

Doch irgendwann werde ich unruhig. Wo soll ich mein Zelt aufbauen? Ich komme an Hank’s Trading Post, einer ehemaligen Tankstelle vorbei. Die steht offensichtlich zum Verkauf, wie Schilder anzeigen. Also weiter…

Das Wupatki National Monument liegt im Hinterland. Bis ich dort bin ist alles Licht entschwunden. Die Karte zeigt mir das Wupatki Spirit Totem. Ich kann es vom Straßenrand aus nicht entdecken. Weiter…

Grand Canyon Oasis High Desert Camp. Es ist fast dunkel. Ich steige vom Rad um die Straße sicher zu Überqueren und fahre auf das Gelände. Dort kommt mir Adam entgegen und spricht mich freundlich an. Ich schildere ihm meine Situation, und Adam gewährt mir spontan großzügig eine Parzelle in seinem Wohnpark.

Er warnt mich, einen bestimmten Bereich nicht zu befahren, da dort Pflanzen wachsen, die die Reifen zerstören würden. Dann versorgt er mich mit Getränken und öffnet mir ein Tini-House, so dass ich Zugang zum kleinen, feinen Bad habe.

Ich gebe ihm meine Visitenkarte und erzähle in Kurzform von meiner Traumtour und meiner Familie, die mich so wunderbar begleitet. So findet dieser Tag ein gutes Ende.

Hier an diesem Ort zu sein, gibt mir das gute Gefühl von Sicherheit. Ich danke Adam und seiner Familie für ihre großzügige Gastfreundschaft.

Thruhiker (Durchwanderer) sind Wanderer, die einen Weit- oder Fernwanderweg zusammenhängend vom Anfang bis zum Ende durchwandern.

Die 3 großen und bekannten Trails der USA sind

  1. Pacific Crest Trail – PCT (4.277 km von der mexikanischen bis zur kanadischen Grenze durch CA, OR, WA; 149.000 Höhenmeter)
  2. Continental Devide Trail – CDT (ca. 5.000 km von der mexikanischen bis zur kanadischen Grenze durch NM, CO, WY, MT/ID; 124.000 Höhenmeter)
  3. Appalachian Trail – AT (3.508 km von Georgia bis Maine durch GA, NC, TN, VA, WV, MD, PA, NJ, NY, CT, MA, VT, NH, ME; 142.000 Höhenmeter)

Das beschränkte Zeitfenster dieser Trails (außerhalb dieser Zeit können Passagen lebensgefährlich oder unpassierbar sein) erfordert eine tägliche Strecke von über 30 km.

Ein gutes Wasser- und Lebensmittelmanagement ist notwendig, da die Trails durch die Wildness führen, oft tagelang fern der Zivilisation. Durch extremes Wüstenklima. Durch Schnee und Eis. Über hohe Berge. Durch Flüsse und Wälder.

Wer alle 3 großen Trails gelaufen ist, bekommt die Triple Crown verliehen.

Thruhiker sprechen sich nicht mit Vornamen sondern mit Trailnamen an, die ihnen von anderen Thruhikern für immer verliehen werden. Es sind sprechende Namen wie Wildflower, Pretty Legs oder Packman. Thruhiker sind eine eingeschworene Gemeinschaft.

Ruhetag am Grand Canyon – Blog oder Kladde

7. Oktober 2024

Heute arbeite ich an meinen Beiträgen, da es mir wichtig ist und um nicht zu sehr ins Hintertreffen zu geraten.

Ich habe bisher auf jeder Reise ein Reisetagebuch geführt. Das war meist in einer handlichen Kladde mit meiner krakeligen kleinen Handschrift ganz intim berichtet. Ich habe es nur für mich geschrieben.

Es nun auf diese Weise zu tun – als Reiseblog – weniger vertraulich, weil für euch alle bestimmt, mit denen ich verschiedene Tiefen und Arten der Freundschaft pflege, ist für mich sehr reizvoll.

Vielleicht ist es weniger intim, dafür umso bunter, immer von Herzen und in dem Wissen, dass ich euch auf diese Weise mitnehmen und teilhaben lassen kann. Was ich in meiner kleinen Kladde nicht kann.

Es ist auch ein Geschenk an euch und erfüllt mich mit einem Glücksgefühl. Ich bin nicht allein. Ich habe eine Familie. Und ihr seid Teil davon. Danke, dass ihr da seid!

Grand Canyon, vom Bright Angel Trailhead zum Hermits Rest

6. Oktober 2024

Heute unternehme ich einen Spaziergang auf dem Rim-Trail. Der gestrige Tag hat mir Muskelkater beschert. So lasse ich es heute ruhig angehen.

Der Rim Trail ist sehr gut ausgebaut, weist kaum Höhenunterschied auf und führt relativ dicht an der Canyonkante entlang. In unregelmäßigen Abständen gibt es gut ausgebaute Aussichtspunkte, die gleichzeitig vom Shuttlebus angefahren werden. Zwischen diesen einzelnen Busstationen gibt es weitere interessante Aussichtspunkte.

Nacheinander werde ich Maricopa Point, Powell Point, Hopi Point, Mohave Point, den Moument Creek Vista, den Puma Point und Hermits Rest besuchen.

Zwischen Hopi Point und Monument Creek Vista ist der Weg nicht asphaltiert, sondern führt als naturbelassener Weg an der Felskante entlang. Lediglich an den Busstationen sind die genannten Aussichtspunkte durch Geländer an der Canyonkante gesichert. Der Weg führt also größtenteils an der Canyonkante entlang. Und für die eigene Sicherheit ist man selbst verantwortlich.

Der Grad Canyon ist nicht ganz ungefährlich. Jedes Jahr sind etliche Todesfälle zu verzeichnen. Die meisten Besucher gehen sehr umsichtig und verantwortlich um. Doch ich habe in diesen Tagen viel bodenlosen Leichtsinn gesehen …

Ich stelle eine kleine Auswahl an Bildern ein. Mir ist dabei klar, das die Größe und die gewaltigen Ausmaße des Canyons mit diesen Bildern kaum ausgedrückt werden können.

Doch beim Anschauen der Bilder bekommt ihr vielleicht ein Gefühl für die Weite, die Tiefe und Schönheit des Canyons. Ich auf jeden Fall bin hin und weg.

Grand Canyon Tour: Bright Angel Trail zum Havasupai Garden

5. Oktober 2024

Den heutigen Tag möchte ich meinem Schwiegervater Lothar widmen, der mich von Anbeginn so verständnis- und liebevoll auf meiner Traum-Tour begleitet. Mit großem Interesse folgt er meinem Weg und spart nicht mit Komplimenten. Für all das danke ich ihm von ganzem Herzen.

Doch nun will ich mich auf den Weg machen. Es wird 925 Meter in den Canyon hinabgehen. Und natürlich muss ich auch wieder hinauf. Der Wetterdienst sagt für den heutigen Tag stabiles sonniges Wetter voraus mit Temperaturen bis 40 Grad Celsius. Also viel Flüssigkeit einpacken. Sonnencreme und Kopfbedeckung nicht vergessen. Und auch kalorienreiche Snacks mitnehmen.

Das mir die Hitze nicht zu schaffen macht, ist für mich ein Geschenk. Und so brauche ich für den Weg hinab 2 Stunden und 30 Minuten. Und was mich erstaunt, für den Weg hinauf 2 Stunden und 45 Minuten.

Schon auf dem Weg hinab kommen mir einige Wanderer entgegen, die schwer zu kämpfen haben und erschöpft am Wegesrand hocken. Es erstaunt mich immer wieder, solche Bilder zu sehen. Erklärungen, sich richtig vorzubereiten, wie Warnungen, solche Tour nicht zu unterschätzen, gibt es an den Trailheads genug. Aber es muss auch erwähnt werden, dass die große Mehrheit der Wanderer gut vorbereitet in den Weg einsteigt.

Etwa alle 300 m Höhenunterschied gibt es eine kleine Station, an der jedermann Trinkwasser auffüllen, sein Shirt oder die Kopfbedeckung nass machen und wer will, auch rasten kann. Der Weg ist gut ausgebaut. Markierungen allenfalls in den Serpentinen notwendig. So ist er bei trockenem Wetter gut begehbar. Anders sieht es bei Regenwetter aus. Aber darüber brauche ich heute nicht nachzudenken.

Gelegentlich werde ich erkannt und man spricht mich an. Die meiste Zeit jedoch bin ich ganz bei mir und genieße diese Wanderung in vollen Zügen. In der Folge füge ich ein paar Bilder ein, die den Charakter und die Schönheit dieses vielbegangenen Wanderweges zwischen der South-Rim und dem Havasupai-Garden beschreiben. Und vielleicht gelingt es mir, eure Neugier zu wecken und euch mitzunehmen auf diesen Hike.

Meine Wanderung beginnt am Campingplatz. Mit dem Fahrrad mache ich mich auf den Weg zum Bright-Angel-Trailhead. Schon dieses Stück birgt Überraschungen. Ein Hirschbulle kreuzt meinen Weg.

Und bevor ich den Trailhead erreiche, führe ich schon ein kleines Gespräch mit Besuchern an der South-Rim und genieße ansonsten den Blick in die Landschaft.

Bis zum Trailhead ist der Wanderweg (Rim-Trail) gut ausgebaut und asphaltiert. Somit auch gut begehbar für Rollstuhlfahrer.

Die hochaufragenden, senkrechten Felsmauern bilden einen starken Kontrast zum tiefen, weiten Canyon.

Und viele Abschnitte weisen keine weiteren Sicherungen auf.

Auf alle Fälle lohnt es sich immer wieder, stehen zu bleiben und die grandiose Aussicht zu genießen.

Mitunter hat sich ein richtiger Hohlweg ausgebildet.

Am Havasupai Campground fallen diese Galgen auf, an denen Hiker ihre Rucksäcke aufhängen können, um zu verhindern, dass kleine Nager sich an dem Inhalt zu schaffen machen.

Und Geländer gibt es so gut wie keine. Selbst an steilen Flanken wird darauf verzichtet.

Beargrass Tree Nolina mit einer Wuchshöhe von beeindruckenden 5 Metern.

Nur ganz wenige Wegabschnite weisen eine Pflasterung über ein paar Meter auf, die vor langer Zeit angelegt worden sein muss.

Viele Wegabschnitte sind durch Baumstämme stabilisiert, die dem Erodieren von Sand und Schotter entgegenwirken.

Und auch Reiter zu Pferde begegnen einem auf dem schmalen Pfad …

Und ständige Begleiter auf dem Weg in die Tiefe sind die kleinen Squirrels.

Hier sieht man schön, wie der Weg teils über kleine Felsstufen entlang der Bergflanke in die Tiefe führt.

Die Aussichten auf dem Weg sind immer wieder grandios. In der rechten unteren Bildecke sind einige Wanderer zu sehen.

An einigen Stellen läuft man zwischen den Felsen. Und nur der Blick nach oben gibt die Sicht frei. Ansonsten ist man von steilen Felswänden umgeben …

In der Bildmitte ist der Weg zum Plateaupoint zu sehen. Wegen einer gebrochenen Wasserleitung war er leider ab dem Havasupai Campground gesperrt.

Die Temperatur auf dem Havasupai Campground liegt um 13.00 Uhr bereits bei 38°C und dürfte nachmittags die 40°C locker überschreiten.

925 Meter unterhalb der South Rim liegt der Havasupai Campground versteckt und geschützt in einem kleinen Wald mit einigen riesigen, in die Tage gekommenen Pappeln.

Mitunter türmt sich die senkrechte Mauer hunderte von Metern über einem auf. Am Fuße dieser Wände fühlt man sich dann winzig klein.

Der Bright Angel Trail führt am Havasupai Campground vorbei. In den Felsen am Wegesrand wachsen neben vielen anderen, dem Mikroklima angepassten Pflanzen auch verschiedene Kakteenarten.

Gleich zu Beginn führt der Weg durch einen, komfortablen Felsdurchbruch.

In diesem Bild ist sehr schön zu erkennen, wie steil das Gelände ist, durch das der Weg in etlichen Serpentinen führt.

Ich weiß nicht, wie viele Menschen heute gleichzeitig mit mir auf dem Weg waren. Ein paar Hundert mögen es gewesen sein. Und für mich war das schon außergewöhnlich. Wie schön muss es zu Zeiten sein, in denen man mehr oder weniger allein auf diesem Pfad unterwegs ist.

Ein Ruhetag am Grand Canyon

4. Oktober 2024

Um 7.00 Uhr bin ich umgezogen zum Hiker-Biker-Camp, habe mein Zelt aufgeschlagen und alle Formalitäten erledigt. Den heutigen Tag will ich erst einmal ausruhen. Ich möchte nur die South Rim entlang spazieren gehen. Und das auch erst zum Sonnenuntergang.

So wird es ein ruhiger Tag. Die Erholung tut mir gut. Und die mürben Pobacken können endlich anfangen, zu heilen. Trotz Polster und Fett-Creme zeigte sich die Haut an den Druckstellen zunehmend irritiert und weist Schäden auf. So ist es gut, zu rasten.

Um 16.00 Uhr mache ich mich auf den Weg zum Südrand des Canyons. Ich lasse mich treiben und genieße den Blick in den gewaltigen Canyon. Genieße das Licht, das auf die Felsen trifft und fortwährend die Farben des Canyons ändert. Es genügt nicht, einen Blick in den Canyon zu werfen. Dafür ist er viel zu vielfältig.

Die folgenden 2 Stunden bis zum Einbruch der Dunkelheit verlaufen wie ein Film. Ein ganz großes Theather. Und ich brauche nur zu schauen und zu genießen. Ich vergesse die vielen Menschen um mich herum, vergesse die Zeit und wünsche mir Biggi an meiner Seite. Der Genuss ist unendlich an diesem Ort, in diesem Augenblick.

Und natürlich hab ich das Smartphone dabei, um zu teilen, was ich sehe … wortlos, von ganzem Herzen, für euch.

Von Tuba City zum Grand Canyon Matherpoint Campground, Arizona

3. Oktober 2024

Mit Tagesanbruch mache ich mich auf meinen heutigen Weg. Über 80 Meilen sind zu bewältigen. Ich nutze den kühlen Morgen, denn wir werden heute wieder 39 Grad haben und es gibt kräftige Steigungen zu bewältigen.

Eigentlich wollte ich auf dem Desert View Campground übernachten und hatte online versucht, eine Übernachtung zu buchen. Das war mir nicht vergönnt, da der Campingplatz restlos ausgebucht ist.

So hab ich mich für den Matherpoint Campground entschieden, der 31 Meilen weiter nahe Grand Canyon Village liegt.

Rechter Hand im Hintergrund fließt der Little Colorado River in seinem im tiefen Canyon liegenden Bett. In der Ebene des Kaibab Plateaus ist der Canyon fast nicht zu erkennen.

Nur an wenigen Stellen hat man von der Straße aus einen Blick auf darauf. Um ihn wirklich sehen zu können, muss ich an den Canyonrand treten, was ich mir nicht gönne.

Von Tuba City nach Cameron habe ich leichtes Spiel, führt doch die Straße ständig ganz leicht bergab. Das kehrt sich mit dem Passieren des kleinen Ortes Cameron um. Von nun an geht’s stetig bergauf. Hinauf aufs Kaibab-Plateau.

Der Südrand des Grand Canyon weist eine durchschnittliche Höhe von etwas über 2.100 m auf. Cameron liegt 1.280 Meter über dem Meeresspiegel. Diese 900 Meter müssen überwunden werden.

Ich fahre durch Navaho Land. Leere Verkaufsstände säumen hier und da den Straßenrand.

Little Colorado River

Am Parkeingang gratuliert man mir zu meiner Leistung. Autofahrer, die mich überholt hatten, haben mich bereits angekündigt. Und obwohl ich am liebsten für heute Schluss machen würde, liegen noch 31 Meilen vor mir, die ich bewältigen muss.

Da der Matherpoint Campground etwas tiefer liegt als der östliche Parkeingang, verliere ich auf der Strecke sogar einige Höhenmeter. Ansonsten ist es ein ständiges Auf und Ab. Immer wieder geht es kleine Anstiege hinauf und auf der anderen Seite flott hinab.

Am Desert View Campground erreiche ich zum ersten mal den Canyonrand. Da ich hier aber keinen Zeitplatz buchen konnte, fahre ich gleich weiter. Entlang der nächsten 30 Meilen weisen kleine Hinweisschilder immer wieder auf attraktive Aussichtspunkte hin, die ich einen nach dem anderen besuche.

Für mich ein ganz besonderes Erlebnis, war ich doch das letzte Mal vor 41 Jahren hier. Und was ich sehe, ist neu für mich. Die ganze Landschaft, die Weite, der Raum. Alles ist so riesig, dass ich, wenn ich hineinschaue, jeden Tag etwas Neues entdecken kann.

Ich mach mir nicht die Mühe, die im Bild gezeigten Lokalitäten namentlich zu benennen. Die Literatur über den Canyon füllt ganze Bibliotheken. Ich beschränke mich auf das Wunder, welches ich sehe. Dabei hilft mir mein Verständnis für die Geologie und mein großes Interesse an der Natur.

Gegen 18.00 Uhr erreiche ich Matherpoint Campground. Schnell sind alle Formalitäten geklärt. Und hier wird mir einmal richtig erklärt, wie das mit den Hiker-Biker-Campsites funktioniert. Diese werden auf der Online-Plattform nicht angeboten.

So hätte ich durchaus auf dem Desert View Campground einchecken können. Für solche Throughhiker oder Long-Distance-Hiker/Biker wie mich, wird man immer einen Platz haben. Dieser Hinweis ist eine enorme Erleichterung für mich, fällt doch damit in Zukunft das Bemühen um eine Online Buchung weg. Zumal es immer noch weite Gebiete gibt, in denen kein Internet verfügbar ist und ich somit überhaupt nicht buchen kann.

Für den Mather Campground habe ich eine Buchung für eine Nacht, die mich 18 Dollar gekostet hat. So verbringe ich die erste Nacht noch auf einem Caravan-Stellplatz. Und morgen früh werde ich in das Hiker-Biker-Camp umziehen. Dort kostet mich die Übernachtung nur 6 Dollar.

Nachdem ich mein Zelt aufgebaut und eingerichtet habe, mache ich mich auf die Suche nach Sara. Ich hatte sie östlich des Grand Canyon Village an der South Rim getroffen und wir waren ins Gespräch gekommen.

Sara, die mit ihrem Trailer auf demselben Campingplatz steht, hatte mich zu sich eingeladen. Erkennungszeichen: Roter Pickup-Truck mit weißem Aufbau im Oak Loop. Es dauert eine Weile, bis ich sie gefunden habe.

Sarah ist gerade am Bereiten des Abendessens und läd mich ein, mit ihr zu speisen. Es gibt Canneloni mit Bison-Ragout. Und davon reichlich. Dazu ein nettes Gespräch über das Reisen selbst, sowie die Ernährung auf Reisen. Und auch hier bekomme ich Tipps, mich gut zu ernähren.

Da auch Sara den Tag für eine Wanderung genutzt hat, sind wir beide müde und um 21.30 Uhr verabschiede ich mich und begebe ich mich zu meinem Zelt. Ich beschließe den Tag mit dem Fazit: Müde, satt und glücklich.

Einmal mehr konnte ich die großartige Gastfreundschaft in diesem Land genießen. Mit ihrer Gastfreundschaft, ihrem überaus lebhaften und freundlichen Wesen bestätigte Sara mir, was ich bei so vielen Amerikanern erlebt habe. Und ich bin dankbar, sie getroffen zu haben.

South Rim, east of Grand Canyon Village. Ich bin sprachlos und staune.

Zum Tagesausklang und zu eurer Mit-Freude noch einige Impressionen von der South-Rim.

Ein Tag in Tuba City, Arizona

2. Oktober 2024

Um 6:30 Uhr bin ich hoch. Ich will den Tag für meinen Blog nutzen. Es fehlen mittlerweile fünf Tage. Und so setze ich mich hin und fange an zu schreiben. Aber es gibt Schwierigkeiten.

Immer wenn ich ein Bild hochladen will, bricht der Prozess nach fünf bis sechs Minuten ab und die startet von Neuem. Dieser Vorgang wiederholt sich einige Male. Zuerst habe ich keine Erklärung. Doch dann fällt mir auf, dass mein Gastgeber in seinem Homeoffice arbeitet. Und da ich an sein WiFi gekoppelt bin, reichen die Kapazitäten nicht aus, mich zu versorgen.

So entschließe ich mich am späten Vormittag, mein Glück bei McDonald zu versuchen. Gegen Mittag treffe ich dort ein, suche mir ein Plätzchen und fange an zu schreiben. Bereits nach wenigen Minuten spricht mich eine Dame an. Sie erklärt sie sei eine Hopi und ihr Freund ein Navaho. Und da Hopi und Navaho miteinander nicht so gut können, hätte ihr Freund erst einen Streit auszutragen.

Ich erkläre ihr kurz, dass ich gerade einen Brief schreibe und mich konzentrieren müsse. Darauf setzt sie sich zu mir an den Tisch und läßt mit ihren Fragen nicht locker. Woher kommst Du? Warum bist du hier? Wo willst du hin? Bist du verheiratet? Warum ist deine Frau nicht dabei? … So geht das in einem fort.

Schließlich bittet sie mich um einen Hamburger. Ich denke, wenn ich ihr einen Burger kaufe, wird sie sich an einen anderen Tisch setzten und dort speisen. Weit gefehlt. Aus dem Cheeseburger wird ein Double Quart Pounder, den sie an meinem Tisch verspeisen möchte.

Es gelingt mir nicht, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. Ihr gelingt es um so besser, mich von meiner Arbeit abzuhalten. So geht das über Stunden. Schließlich kommt ihr Vater herein, nimmt sie schweigend und liebevoll an die Hand und führt sie heim. Es ist 17.30 Uhr, als auch ich mich auf den Weg zu meinem Quartier mache.

Dort bereite ich mir mein Abendessen: Spaghetti mit Fleischsoße. Gemeinsam mit meinen Gastgebern speisen wir auf der Terrasse im Garten. Dann ziehe ich mich in das Büro meines Gastgebers zurück. Das Schlafzimmer, in dem ich vergangene Nacht geruht habe, musste ich auf bitten meiner Gastgeber zu Gunsten eines guten Freundes der Familie räumen.

Da ich Schlafsack und Isomatte habe, ist es mir ein Leichtes, ihrem Wunsch nachzukommen. Der Vorteil für mich liegt darin, dass ich nachts nicht von lautem Hundegebell geweckt werde.

In der vergangenen Nacht war ich unzählige Male vom Gebell der Hunde des Nachbarn geweckt worden, die direkt unter dem offenen Fenster die Nacht draußen verbrachten. Da das Zimmer über keine Klimaanlage verfügt und während des Tages durch die brennende Sonne sehr aufgeheizt worden war, ließ ich das Fenster offen, um die Kühle der Nacht zu empfangen. Aber das hatte eben seinen Preis.

Die heutige Nacht wird ruhiger. Und ich brauche sie für meine Erholung und mein Wohlgefühl. Ich freu mich schon auf den nächsten Tag und fange an zu träumen…

Vom Monument Valley nach Tuba City, Arizona

1. Oktober 2024

Vor Tagesanbruch bin ich wach. Im hereinbrechenden Tag packe ich meine Sachen und verlasse noch vor Sonnenaufgang meinen Lagerplatz. Nach 4 Meilen erreiche ich den Eingang zum Monument Valley. Es soll 9 Dollar kosten.

Der Mann im Office erklärt mir, dass ich mit dem Fahrrad nur bis zum Besucherzentrum fahren kann, welches weniger als eine Meile vom Parkeingang entfernt liegt. So verzichte ich auf den Besuch, setze mich aufs Rad und verlasse diese Region über das Oljato-Monument Valley, das ebenfalls einige Highlights aufzuweisen hat.

Die nächsten Stunden Reihen sich die Juwelen wie Perlen einer Kette. Jedes Juwel begleitet mich für einige Meilen und wird von einem anderen abgelöst. Und jedes dieser Highlights prägt sich tief in meine Sinne. Während meine Beine fortwährend kurbeln verharrt mein Blick in der Landschaft und ich füttere meinen Traum.

Ich frage nicht. Wie die einzelnen Türme, Nadeln oder Mauern heißen. Für mein Empfinden ist das nicht so wichtig. Ich genieße in vollen Zügen diesen Tag.

Eine letzte, gewaltige Felsnadel macht auf sich aufmerksam, bevor ich Kayenta, Arizona erreiche.

Irgendwo am Straßenrand entdecke ich diesen kleinen Stand. Er scheint im Augenblick keine Funktion zu erfüllen und wirkt wie eine verlorene Kulisse in dieser Landschaft.

Ein paar Meilen weiter entdecke ich ein Navaho-Lehmhaus. Die hölzerne Konstruktion links daneben gibt mir Rätsel auf. Vielleicht ist es das Gerüst, das anschließend mit Lehm verputzt und dann zu einem fertigen Navaho Haus wird. Fragen kann ich niemanden. Und so fahre ich weiter nach Kayenta.

In Kayenta entscheide ich mich, bis Tuba City durchzufahren. In Tuba City habe ich einen Gastgeber gefunden, der mir Quartier bietet. Ursprünglich wollte ich erst morgen dort eintreffen, da es 119 Meilen Tagesstrecke bedeutet.

Aber mir scheint, dass ich das Ziel auch heute erreichen kann. Und so trete ich in die Pedalen. Was tut man nicht alles für eine erfrischende Dusche.

Auch hier stelle ich fest, dass die Straßenränder stark verschmutzt sind. Mir wird einmal mehr der Sinn und Zweck des Programms ‚Adopt a Highway‘ klar.

Oftmals sind die Streckenabschnitte, die von irgend jemandem adoptiert wurden, viel sauberer. Und ich frage mich, warum es für diese Abschnitte, die durch so wunderbare Landschaften führen, keine „Adoptiveltern“ gibt. Auch sie hätten es verdient, sauber gehalten zu werden.

In einigem Abstand zur Straße begleitet mich weiterhin der San Juan River.

Ansonsten wirkt die Landschaft recht aufgeräumt. Wenige Bäume, im Unterholz Buschwerk und der restliche Boden schütter mit Gräsern bedeckt. Alles fügt sich harmonisch ineinander.

Mit dem Sonnenuntergang erreiche ich Tuba City. Und es wird Zeit, nochmals mit meinem Gastgeber Kontakt aufzunehmen. Er erwartet mich erst morgen. Und so rufe ich an und frage ob ich heute schon kommen kann. Spontan willigt er ein. Mir fällt ein Stein vom Herzen.

Es ist bereits dunkel, als ich bei ihm eintreffe. Die letzten Meilen in der Dunkelheit waren für mich anstrengend. Der starke Verkehr, die schmale Straßenschulter, die Dunkelheit, unbekanntes Terrain. Und so bin ich froh als ich endlich meinen Gastgeber erreiche.

Ich werde sehr freundlich von meinen Gastgebern Gustave und Katrina empfangen. Sofort zeigen sie mir mein Zimmer. Mein Fahrrad darf ich im Wohnzimmer an die Wand lehnen. Wir tauschen uns nur kurz aus. Ich bin hundemüde, nehme noch schnell ein Duschbad und lege mich anschließend zu Bett. So schön wie der Tag auch war, so bin ich doch sehr erschöpft und schlafe nach wenigen Minuten dankbar ein.

Es war wieder ein Tag, an dem ich um eure Begleitung wusste. Dieser Gedanke macht mir Freude. Euer Interesse, eure Teilnahme und Unterstützung durch Kommentare oder Coffees. Danke dafür!

Von Montezuma Creek, Utah ins Monument Valley, Arizona

30. September 2024

Früh werde ich wach. Der Straßenlärm lässt mich nicht schlafen. Und so packe ich noch vor Tagesanbruch meine Sachen und starte in einen neuen Tag.

Nachdem ich mich umgeschaut habe, weiß ich nun, wo ich gestern Abend gelandet bin. Es ist eine Freifläche inmitten eines Gewerbegebietes. Daher all der Lärm, der mich bis spät in die Nacht und seit 6.00 Uhr unablässig stört. Und so bin ich nun erleichtert, wieder unterwegs zu sein.

Obwohl die Landschaft eben scheint, ist sie doch von Canyons durchzogen, die immer wieder für Überraschungen sorgen. Mit 10 % Gefälle geht es bergab und bergauf.

Ich fahre am San Juan River entlang. Der grüne Uferstreifen ist in dieser staubigen Landschaft eine Wohltat für die Natur, bietet er doch ein erweitertes Zuhause für Fauna und Flora.

Nach 20 Meilen erreiche ich Bluff, an dessen Ortseingang zwei markante Felstürme grüßen. Eingebettet zwischen Sandsteinklippen und dem San Juan River am „Trail of the Ancients“, liegt der kleine Ort Bluff, Utah.

Ich unterbreche meine Fahrt und besuche ein kleines Freilichtmuseum, in dem das beschwerliche und genügsame Leben der ersten Sieder dargestellt wird. Es lohnt sich, einen Rundgang durch diese eindrucksvolle Stätte zu wagen. Dazu ist es kostenlos.

Canestoga Wagon

Nachbau eines Navaho-Hauses

Unterkunft eines Siedlers

Bei Fragen stehen Mitarbeiter zur Verfügung, die sich über mein Interesse freuen. Bereitwillig geben Sie Auskunft.

Natürlich darf auch das Tipi, die übliche Behausung der Hopi, nicht fehlen. Alle Objekte sind begehbar, war das Erleben einer vergangenen Epoche spürbar werden lässt.

Und dann radle ich weiter. Das Landschaftsbild ändert sich rapide. Die überwiegende Farbe ist ein Terrakotta-Rot. Dazwischen immer wieder gelbsandsteinfarbene Klippen. Die Vegetation verarmt immer mehr. Und eine wüstenartige Landschaft breitet sich vor mir aus.

Manches Landschaftsbild zeigt sich wie gemalt. So wunderschön, so vielfältig ich in den Farben. Und alles harmonisch zusammengefügt.

Erste Tempelberge tauchen auf. Fragmente einer ansonsten in Jahrmillionen wegerodierten Landschaft.

Steile Klippen, deren Top genauso flach ist wie der Talboden, auf dem ich dahinradle.

An manchen Stellen erinnert mich das Landschaftsbild an Painted Deserts.

Für die Straße wird dann auch schonmal ein Stück einer solchen Klippe weggesprengt.

Mächtige Felsformationen ragen steil in die Höhe. Ihr Fuß umgeben von gewaltigen Schuttkegeln aus verwittertem Gestein.

Durch dieses rote Land schlängelt sich lautlos der San Juan River. Ich würde ihn in dieser Landschft nicht finden. Aber das grüne Band beiderseits verrät seinen Verlauf durch das Tal. Es ist übrigens neben dem Colorado River der einzige wasserführende Fluss, an dem ich vorbeikommen. Alle anderen Flussbette sind trocken. Sie werden hier als Creek oder auch Wash bezeichnet.

Und dann taucht am Horizonz die Silhouette des Monument Valleys auf. Ein mich ergreifender Moment, den ich bei einem kurzen Zwischenstopp in vollen Zügen genieße. Noch bin ich einige Meilen entfernt. Aber bis zum Abend werde ich es schaffen, im Monument Valley zu sein.

Und dann tauchen plötzlich immer mehr Felsformationen in dieser „flachen“ Landschaft auf.

Stunden später erreiche ich das Monument Valley. Es ist bereits später Nachmittag und Zeit, nach einem Zeltplatz Ausschau zu halten.

Die Suche gestaltet sich schwierig. Entlang der Straße verläuft beiderseits ein Zaun. Auf dem Landstreifen zwischen der weißen Linie, die die Fahrbahn begrenzt und dem Zaun, ist es erlaubt, zu übernachten.

Am besten sind die Flächen, wo Wasser vergangener Regenfälle die Vegetationsdecke fortgespült hat. Aber auch das hat seine bekannten Tücken. Deswegen ist ein Blick in die Wetterkarte sinnvoll.

Und während ich die wunderschöne Landschaft genieße, halte ich gleichzeitig Ausschau nach einem Spot, wo ich mein Zelt aufbauen kann.

Bei genauem Hinschauen entpuppt sich dieser Streifen als Müllhalde. Übersät mit tausenden leerer, teils zerbrochener Glasflaschen und weiterem Müll. Außerdem ist man nur wenige Meter von der Fahrbahn entfernt, auf welcher der lärmemde Verkehr rollt.

Und um im Hinterland ein brauchbares Stückchen Erde zu finden, muss man lange suchen. Die Vegetation ist überwiegend stachelig und dornig, was weder den Reifen noch dem Zelt gut tut.

Und so geraten ich mit meiner Suche in den hereinbrechenden Abend. Letzte Sonnenstrahlen lassen die Felsen glutrot aufleuchten.

Und bevor ich es gecheckt habe, bricht die Dunkelheit an.

In meiner Not fahre ich einen KOA-Campground an, gleich an der Straße gelegen. Aber 64 Dollar plus Tax sind dann doch zu viel. Die Dame an der Rezeption verweist auf einen anderen Campingplatz, 2 Meilen weiter. Dort kostet es immer noch 30 Dollar, was zu viel für mich ist.

So halte ich an einem kleinen Stand an, an dem Wahlregistrierungen vorgenommen werden können und frage die Dame, die wahlinterressierten Bürgern hilft, nach einer Möglichkeit. Und tatsächlich weiß sie Rat. Eine halbe Meile, an der Zufahrtsstraße zum Monument Valley Besucherzentrum befindet sich das Navaho Welcome Center.

Ihrem Rat folgend fahre ich dort hin und schlage im Restlicht des Tages auf einer kleinen, sauberen Freifläche und vor der Silhouette der Felsformationen mein Zelt auf. Den letzten Minuten des Tages schenke ich meine Aufmerksamkeit ganz dem verglühenden Horizont mit seinen in die Nacht entschwindenden Felsentürmen. Friedlicher kann der Tag für mich nicht zuende gehen.