9. Oktober 2024
Ich hatte keine ruhige Nacht, da der Highway in weniger als 50 Metern an meinem Lagerplatz vorbeiführte. Und trotzdem hab ich mich in meinem Zelt sicher und geborgen gefühlt.
Ohne mich von meinen Gastgebern zu verabschieden, mache ich mich um 8.00 Uhr auf den Weg Richtung Flagstaff. Ich hätte gerne noch ein paar Worte mit Adam gewechselt. Aber wir hatten es am Abend so vereinbart.
Er hatte mich am Abend noch kostenlos mit Getränken versorgt. Und die Milch konnte ich heute morgen sehr gut für mein Oatmeal gebrauchen. Einmal mehr bin ich über diese Gastfreundschaft hoch erfreut und dankbar zugleich.
Bereits gestern Abend war mir die Landschaft aufgefallen. Grassteppe mit einem losen Baumbestand, so weit das Auge reicht, leuchtet in der Morgenssonne, die das Coconino County an diesem Morgen in ein wunderschönes Licht taucht.
Diese Landschaft begleitet mich noch eine ganze Weile, während ich mich langsam auf der Highway-Schulter nach Süden bewege. Die nächsten 11 Meilen geht es stetig bergauf. Von zuerst knapp 5.000 Fuß auf ca. 7.400 Fuß.
Während ich mich dem Passübergang nähere, kommt der Sunset Crater auf der linken Seite der Straße in mein Blickfeld. Und auf der rechten Seite der Straßebegrenzen prägen die San Francisco Peaks, ein vulkanischer Gebirgszug, den Horizont.
Der San Francisco Mountain, ragt 3.850 Meter in den Himmel. Sein Hauptgipfel ist der Humphrey’s Peak. Als „Hausberg“ verleiht er der Stadt Flagstaff eine markante Naturkulisse und ist zugleich der höchste Punkt in Arizona. In demselben Vulkanfeld steht auch der Sunset Crater. Die heute von Fichtenwäldern bedeckten San Francisco Mountains sind den Navajo heilig und gelten als spiritueller Sitz ihrer Götter.
Die San Francisco Peaks gehören zum San Francisco Volcanic Field. Das Feld liegt über einem Hotspot und zählt mehr als 600 Vulkane. Sie alle sind weniger als 6 Millionen Jahre alt. Der letzte Ausbruch liegt ungefähr 800 Jahre zurück.
Der Sunset Crater gehört vermutlich zu dem selben Vulkanfeld. Mit 2.451 Metern ist er deutlich kleiner und ragt nur etwa 300 Meter über das Colorado Plateau. Sein Schlackenkegel weist eine andere Form auf als der Vulkan, der die San Francisco Peaks bildet. Seine Hänge sind überwiegend mit einer lockeren Vegetation aus Kiefern, insbesondere Gelb-Kiefern, und Wildblumen bedeckt.
Nachdem ich die Passhöhe zwischen diesen beiden Bergen nach 2 Stunden Strampelei überwunden habe, geht es gut 10 Meilen bergab nach Flagstaff.
Während meiner kleinen Rast plane ich meine weitere Reise. In Flagstaff hatte ich tagsüber zuvor alle Warm Showers Gastgeber angeschrieben. 5 davon hatten ihre Verfügbarkeit geblockt. Und von den restlichen möglichen Gastgebern hat nur einer geantwortet, der sich zur Zeit in Spanien aufhält. So entschließe ich mich, weiter zu fahren.
Und noch heute weisen die Schilder und Schriftzüge an vielen Gebäuden entlang der Straße auf den vergangenen Ruhm hin.
Und an einigen Stellen kann auch ich mich dieser Faszination nicht entziehen.
Überraschenderweise lande ich auf der legendären Route 66. Und noch vor wenigen Tagen traf ich einen Vater mit seinem 16 jährigen Sohn, der seinem Jungen, bevor er erwachsen wird, die Schönheit dieser Route zeigen wollte.
Besonders wegen des massiven, vierspurigen Verkehrs entlang der Route 66 innerhalb Flagstaffs, verlasse ich den Ort recht schnell. Über eine Nebenstrecke gelange ich schließlich auf eine Schotterstraße, die als Service Road entlang der Bahnstrecke dient. An einer Unterführung, die mich auf die andere Seite der Bahngleise bringt, kann ich das Fahrrad nicht mehr halten und stürze im groben Gleisschotter.
Obwohl mir nichts passiert, habe ich große Mühe, das Fahrrad durch die Untertunnelung auf der anderen Seite den steilen Schotterpfad hinauf zu schieben. Der Schotter rutscht unter meinen Füßen und bietet mir keinen Halt. Die Schwerkraft lässt das Fahrrad immer wieder zurückrollen.
Ich stemme mich keuchend dagegen. Und erst nach einigen Minuten habe ich dieses eigentlich kleine Hindernis überwunden. Dann geht es für einige Meilen an der Bahnlinie entlang.
Über eine ausgediente Betonstraße gelange ich schließlich wieder auf eine asphaltierte, gut befahrbare Straße. Ich atme auf und stelle fest, dass ich mein gesetzes Tagesziel heute nicht mehr erreichen kann. Da mich dieser Streckenabschnitt viel Kraft und Zeit gekostet hat, mache ich mich frühzeitig auf die Suche nach einem geeigneten Lagerplatz.
Die Straße, auf der ich fahre, hat schon vor langer Zeit ausgedient.
Heute wird sie offensichtlich und überwiegend von Campern benutzt, die auf der Suche nach einem geeigneten Campingplatz für ihr Wohnmobil oder Wohnwagen im Kaibab National Forest sind. Das Ganze wird Dispersed Camping genannt.
Der Term beschreibt das Campen außerhalb eines entwickelten Campingplatzes. Es gibt so gut wie keinen Service und nur ganz wenige Campingtische oder angelegte Feuerstellen. Es kostet nichts und man darf maximal 14 Tage auf diese Art und Weise am selben Ort campen.
Ich habe die Straße fast für mich allein. Der eigentliche Verkehr verläuft über die Interstate, die im Abstand von 100 Metern parallel zu meiner Stecke verläuft.
Bevor ich einen Lagerplatz für mich finde, komme ich noch an einigen Merkwürdigkeiten vorbei. So weiß ich nicht, ob dieser Baum echt ist oder nicht.
Und auch dieses Denkmal bringt mich zum Grübeln. Camp Navajo wurde ursprünglich 1942 in Bellemont (Arizona) eröffnet und wurde in erster Linie zur Lagerung von Munition genutzt, die im Zweiten Weltkrieg im Pazifik eingesetzt wurde.
Heute ist es ein Industriepark, ein Munitionslager und ein regionales, militärisches Ausbildungsgelände.
Kurz nachdem ich dieses Denkmal passiert habe, führt die Straße in den Kaibab National Forest. Mehrere Kilometer entlang der Straße stehen vereinzelt Wohnwagen oder Wohnmobile im Wald. Auf Nachfrage bestätigt man mir, dass es sich um ein Gebiet handelt, in dem Dispersed Camping erlaubt ist. Und auch ich darf mein Zelt aufschlagen hier aufschlagen.
Mir fällt es nicht schwer, in dieser schönen Umgebung einen geeigneten Platz zu finden. Schnell ist mein Zelt aufgebaut. Zum nächsten Nachbarn sind es gut 100 Meter. Die Trinkwasserstelle ist über eine Meile entfernt. Ein offenes Feuer werde ich bei diesem trockenen Wetter nicht machen. Und für den Toilettengang gibt’s den kleinen Spaten …
Bevor ich mich in mein Zelt zurückziehe, mache ich noch einen kleinen Spaziergang, um eine bessere Orientierung zu bekommen.
Während meiner kleinen Runde treffe ich niemandem an. Und so bin ich bereits um 18.30 in meinem kleinen Hotel verschwunden.
Für heute habe ich genug geleistet und will nur noch den heutigen Beitrag für meinen Blog verfassen. Anschließend noch Abendessen. Und dann werde ich mich wohlverdient zur Ruhe legen …
Hier in Arizona befinden wir uns übrigens in GMT-7. Das bedeutet, wir haben zu Deutschland mittlerweile 9 Stunden Zeitdifferenz. Während ihr Zuhause um 17 Uhr euer Feierabendbier trinkt, scheint bei mir die 8 Uhr Morgensonne.
Vielen Dank euch, die ihr mit mir reist. Danke für Eure Gedanken, eure Kommentare und die großzügigen Coffees. Alles das ist mir eine Freude und Wind in meinen Segeln.