Jo's DreamA bike. A tent. A year.

Archive - 2024

Vom Mojave Valley, Arizona, nach Essex, California

13. Oktober 2024

Früh bin ich auf, habe meine Sachen gepackt und mich auf die Weiterreise begeben. Die Kühle am Morgen tut mir gut. Aber schon bald kommt die Hitze und verdrängt alles Angenehme.

Der Herbst ist da. Die Sonne brennt unaufhörlich. Und trotzdem zeigen sich auch hier in der Wüste die ersten Herbstboten. Immer wieder ziehen heute große Schwärme von Vögeln an mir vorbei.

Mitunter wird es recht laut im Buschwerk neben der Straße, wo die kleinen gefiederten Gäste eine Rast einlegen. Es wirkt, als könnten sie sich noch nicht von dieser Landschaft verabschieden. Immer wieder fliegen sie auf und lassen sich ein Stück weiter wieder in den Büschen nieder.

Irgendwann ist es ihnen zu bunt. Mit lautem Vogelgeschrei hebt sich der Schwarm in die Lüfte und eilt gen Süden davon. Nun bin ich ganz allein auf der Straße unterwegs.

Alle paar Kilometer erinnert mich eine Straßenmarkierung daran, dass ich immer noch auf der Route 66 unterwegs bin. So geht das stundenlang bis zum hereinbrechenden Abend weiter. Es ist eine Wüstenlandschaft. Karg, still und mit Buschwerk bestanden.

Und so bin ich froh, als ich am Ende dieses Tages eine Tankstelle erreiche, deren Picknickareal mir die kommende Nacht als Schlafplatz dienen wird.

Nach Rücksprache baue ich dort mein Zelt auf. Der Tankstellenbetrieb kommt in der Nacht zum Erliegen. Lediglich das Licht wird die ganze Nacht meinen Lagerplatz beleuchten. Ich bin viel zu müde, um darüber nachzudenken, ob mich das stört.

In der Tankstelle habe ich die Möglichkeit, meine elektronischen Geräte aufzuladen. Ich bin nicht alleine. 2 junge Motorradfahrer suchen ebenfalls nach einem Rastplatz für die Nacht und schlagen in der Nähe geichfalls ihr Zelt auf.

Leider kommt ein Gespräch nicht zustande. So ziehe ich mich schon bald in mein kleines Heim zurück. Dankbar auch für diesen Tag, schlafe ich bereits nach wenigen Minuten ein.

Von Kingman zum Mojave Valley, Arizona

12. Oktober 2024

Ich habe wirklich außerordentlich liebenswerte Gastgeber. Kaum bin ich aufgestanden, bereitet mir Beth das Frühstück. Da Beth früher im medizinischen Bereich gearbeitet hat, weiß sie, was ich am meisten brauche. Und so gibt es eine große Portion Rührei, mit allem was dazugehört.

Dann weckt sie Dave, damit auch er sich von mir verabschieden kann. Bei Dave durfte ich noch einen letzten Blick in die kleine Marihuana-Zucht werfen. Hier wird für den Eigenbedarf produziert, was die Kosten deutlich senkt. Eine Kostprobe des „guten Stoffes“ habe ich jedoch abgelehnt.

Schon bald ist Kingman erreicht. Kingman feiert. Und so ist es nicht verwunderlich, dass das Festivalgelände direkt an der Route 66 aufgebaut ist. Hier mache ich erst einmal halt und schau mich um. Immer dazu gehören historische Autos.

Ich bin kein Autokenner. Muss aber zugeben, dass manch schönes Fahrzeug dabei ist.

Neben diesen historischen Fahrzeugen gibt es noch die vielbestaunten Dragster Cars. Ob diese hier allerdings tatsächlich an Rennen teilnehmen, vermag ich nicht zu beurteilen.

Auf kleinstem Raum sind Küche, Wohn- und Schlafbereich untergebracht. An Komfort mangelt es wirklich nicht …

… und bei einigen Wohnwagen denke ich: Da hat aber jemand eine Puppenstube in die heutige Zeit hinüber gerettet. Mit viel Liebe und auch Stolz werden diese Fahrzeuge gepflegt, gezeigt und auf Wunsch erklärt. Ich bin durchaus beeindruckt.

Wohnwagen, die raffiniert konstruiert sind, um seinem Besitzer die Vorzüge eines angenehmen Reiseerlebens zu ermöglichen.

Hinter den zur Schau gestellten Autos befinden sich auf dem Freigelände zahlreiche Buden und Verkaufsstände. Und mein Rundgang wird reichlich belohnt.

Ich treffe Martha, ein Mitglied der Bentenya-Gruppe. Das sind eine Art aufwendig kostümierter Straßenmusiker.

In Japan machen diese Musikanten auch heute noch Werbung für die Eröffnung neuer Geschäfte, anderer Veranstaltungsorte oder für besondere Ereignisse. Sie sind hier nach dem Motto: Bentenya meets Route 66.

Martha ist nicht allein. Susi (pink hair, Leader) Komako (blue hair) und Kimino (orange hair, nicht im Bild) begleiten sie.

Im Rahmen einer Route 66-Jahrfeier 2026 wollen sie hier ihre japanische Kultur vorstellen und sowohl japanische als auch amerikanische Musik als eine neue Art der Pflege von 150 Jahren Chindon-Kultur aufführen. Eine tolle Idee, die von einem Filmteam begleitet wird.

Die Fröhlichkeit der Frauen steckt auch mich an.

An anderer Stelle stehen phantasievolle Fahrzeuge. Mit viel Spaß und Liebe zum Detail wurden diese Fahrzeuge gestaltet und rollen über die Straßen Amerikas.

Es sind Projekte, an denen ständig gearbeitet und gebastelt wird. Projekte, die nie fertig werden.

Dabei kennt die Phantasie keine Grenzen. Und jeder findet, was er sucht …

… und auch diese Damen fühlen sich in der Garderobe vergangener Zeiten sichtlich wohl.

Der starke spanische Einfluss ist nicht zu überhören und zu übersehen.

Popcorn für den kleinen Snack. Ein Stück amerikanischer Esskultur ist selbstverständlich auch vertreten.

Weiter geht die Reise. Vorbei an unzähligen Objekten, die für den Ruhm der Route 66 herhalten müssen.

Überall prangt Route 66 von den Wänden …

… und auch die Eisenbahn wird nicht verschont und dient heute als interessantes Werbeobjekt der Stadt Kingman.

Mittlerweile ist es spät geworden. Ich muss mich sputen, um mein Etappenziel heute noch zu erreichen.

Die Berghänge zu beiden Seiten der Straße sind übersät mit Kakteen. Ich bin sehr darauf gedacht nicht von der Straße abzukommen.

Hinter einer Kurve entdecke ich einen kleinen Laubwald, der grellgrün in der braunen Landschaft leuchtet.

Es geht durch die Berge, 1.000 Meter hinauf zum Sitgreaves Pass und 800 wieder hinunter nach Oatman – über 8 Meilen und durch 191 Kurven!

Für mich ist dieser Abschnitt der schönste auf dem Teil der Route 66, den ich gefahren bin.

Es ist schon sehr spät, als sich Mohave Valley erreiche. Ich habe nicht mehr viel Zeit für die Suche nach einem geigneten Lagerplatz.

Und so nutze ich die nächste Gelegenheit, die sich mir bietet. Eine Lücke in einem Zaun öffnet mir den Zugang zu einem Golfplatz. Ein paar Bäume und Sträucher säumen eine kleine Mulde.

Hier an diesem Ort baue ich mein Zelt auf. Hier werde ich die Nacht verbringen. Vor unliebsamen Blicken geschützt fühle ich mich geborgen. Ein Picknick Table steigert noch den Komfort an diesem Ort. Und der letzte Blick auf die Landschaft, die mich umgibt ist auch nicht zu verachten.

Wie schön, dass ich diese schillernden Eindrücke mit euch teilen kann. Danke für eure Begleitung. Danke auch für eure Kommentare und eure Kaffees, damit gebt ihr mir viel zurück!

Auf der Route 66 von Camp Verde nach Kingman, Arizona

11. Oktober 2024

Ich habe schlecht geschlafen. Die Ursache dafür liegt an der schlechten Wahl meines Schlafplatzes. Ich war erst nach Einbruch der Dunkelheit an dem gewählten Platz angekommen.

Schnell hatte ich mein Zelt aufgebaut und alle meine Sachen darin verstaut. Dann streckte ich mich auf meiner Matte aus und wollte nur noch schlafen. Bereits wenige Minuten später weckte mich dröhnender Lärm. Und sofort war mir klar, woher dieser Lärm kam.

Um dem Straßenlärm zu entgehen, hatte ich mein Zelt weit entfernt von der Straße aufgeschlagen. Und dabei nicht an die parallel verlaufenden Bahngleise gedacht. Und so wurde ich jede Stunde zwei bis drei Mal von einem vorbeifahrenden Güterzug geweckt. Vorne vorweg 4 gewaltige Lokomotiven, die über 100 Waggons vorbeischleppten – gefühlt mitten durch mein Zelt.

Und am Ende wurde es erneut laut, weil ein bis zwei Lokomotiven an das Zugende angehängt worden sind, die besonders am Berg aber auch in den Kurven zusätzliche Schubkraft verleihen sollen.

Die Lokomotiven sind nicht nur laut, ihr Dröhnen und Vibrieren überträgt sich auch auf meinen Körper. Da ich in diesem dornigen Gelände überhaupt froh bin, einen sauberen Platz gefunden zu haben, entscheide ich mich gegen einen Umzug. Leider zu einem extrem hohen Preis. Und so bin ich heute morgen nicht der Fitteste.

Trotzdem freue ich mich auf den heutigen Tag, der mich mit blauem Himmel begrüßt. Ich bin weiterhin auf der historischen Route 66 unterwegs und bin gespannt, was mich heute erwartet und wer mir begegnet.

Zu allererst fallen mir die Burma Shave Werbesschilder entlang der Route 66 auf, die in unregelmäßigen Abständen auftauchen und witzige Werbespots vermitteln.

Wer will, kann darüber einiges im World Wide Web finden. Ein Dutzend dieser Werbespots sind mir entlang meiner Route aufgefallen. In der Regel sind es jedesmal 5 Werbeschilder, die im Abstand von jeweils ca. 100 Metern entlang der Fahrbahn aufgestellt sind, die gemeinsam eine Werbebotschaft vermitteln.

Die Abstände der Schilder sind so gewählt, dass ein Autofahrer bei einer Geschwindigkeit von 35 Meilen/h dieser Satzbausteine noch erfassen und verarbeiten kann. Nachfolgend nur ein Beispiel (das obere Bild zeigt das 1. Schild):

Als 5. Schild ist immer das Burma Shave Logo aufgeführt. Durch die einheitliche Farbgestaltung und stets gleiche Typo wird die Wirkung noch gesteigert.

Als Fernsehwerbung populär wurde, verblasste der Glanz dieser Werbeidee. Hier an der Route 66 hat sie sich als historischer Bestandteil erhalten und schmückt auf dem längsten, durchgängigen Teilstück der noch heute vorhandenen Streckenabschnitte den Straßenrand.

Die Schilder fallen auch deshalb auf, weil die Landschaft so gleichmäßig ist und dem Betrachter scheinbar leer vorkommt.

Ein weiteres Highlight befindet sich zwischen Seligman im Osten und Kingman im Westen, in Peach Spring: Das Cavern Inn sowie die Grand Canyon Trockenhöhlen. Einen Besuch hatte ich eingeplant. Leider war der Besuch der Höhle nicht möglich. Lediglich den Geschenkeladen …

… sowie der Aufenthalt im historisch gehaltenen Café waren mir möglich.

Vor dem Cavern Inn grüßt ein großer Brontosaurus die vorbeifahrenden Gäste. Auch er ist mittlerweile in die Jahre gekommen. Der Lack ist ab.

Betty Boop ist eine Comic-Figur der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts, die noch heute entlang der Route 66 zu finden ist. Vielleicht hat sich diese Comic-Figur bis in die heutige Zeit erhalten, weil sie schon früh mit einer weiblichen Sexualität dargestellt wurde – im Gegensatz zu Mini Maus, die ja stets geschlechtsneutral dargestellt wurde.

Betty Boop ist jedenfalls in nahezu jedem Souvenir Shop entlang der Route 66 zu finden.

Während meines Stops im Cavern Inn, den ich benutze, um mein Handy aufzuladen, komme ich mit Mark ins Gespräch. Er zeigt sich ganz interessiert an meiner Geschichte, hört mir aufmerksam zu und gibt mir auch noch einige Ratschläge mit auf den Weg.

Mark erzählt mir, dass er beruflich als Parkranger gearbeitet hat. Und dann überrascht er mich mit einer großzügigen Geste und schenkt mir eine 20 Dollar Note. Voller Freude nehme ich dieses Geschenk an, sichert es mir doch für einen Tag meine Grundversorgung mit Nahrungsmitteln.

Außerdem verspricht er mir, auf meiner Webseite vorbeizuschauen. Und in einem dort abgegeben Kommentar hat er noch eine Einladung an mich ausgesprochen, ihn zuhause zu besuchen, wenn ich in seiner Gegend bin. Was für ein großzügiges Geschenk.

Was für eine Gastfreundschaft, die sich hinter diesen Gesten verbirgt. Und wer weiß, vielleicht liegt sein Wohnort ja auf meinem Weg durch Californien.

Überall entlang der Route finde ich Hinweise auf längst vergangene Zeiten. Eine Besonderheit stellt für mich dieses kleine Hualapai Denkmal dar, das an die verlorenen, vermissten und ermordeten Stammesmitglieder erinnert.

Während ich weiterfahre, ändert sich die Landschaft nach und nach. Die Vegetation passt sich langsam dem Wüstenklima an.

Irgendwo entlang der Wegstrecke weist ein kleines beleuchtetes „Open“ im Fenster auf einen Getränkeausschank hin. Eigentlich ist es eine Kfz-Werkstatt, die nicht mehr genutzt wird. Nun dient sie als Kulisse für eine in die Werkstatt integrierte kleine Bar.

Zur Werbeunterstützung rosten draußen Autos des vorigen Jahrhunderts vor sich hin.

Eingebettet in diese Landschaft finde ich vereinzelt Tankstellen, die heute keinen Autofahrer mehr bedienen.

Auch diese Zapfsäulen haben längst ausgedient, erfreuen jedoch manchen Nostalgiker.

Einige Immobilien sehen aus, als wenn an ihnen seit dem vorigen Jahrhundert keine Hand mehr angelegt worden ist.

Die Sticker und Aufkleber an den Wänden jedoch haben in den letzten Jahrzehnten eher zugenommen. Sehr zur Freude der Touristen und des Eigentümers, der darin durchaus eine Wertsteigerung sieht.

In diesem Giftshop zieren Dollarnoten die Wände. Und wer noch einen Geldschein übrig hat, darf ihn gerne mit einer persönlichen Notiz versehen dazu heften. Auch das hat seinen Charme.

Es füllt zwar nicht direkt die Kasse des Eigentümers. Die Werbewirgsamkeit für den Geschenkeladen ist aber unbestritten.

Und so geht es weiter. Alle paar Meilen taucht ein neues Objekt auf, an dem sich ein kurzer Stop lohnt. So wird für mich der ganze Tag zu einer Erlebnistour.

Heute will ich nicht wieder in die Dunkelheit kommen. Um 16.30 fange ich an, nach einem Quartier zu suchen. Mein erster Versuch schlägt fehl. Mein zweiter Versuch ebenfalls. Jedoch verweist man mich auf die nahegelegene Kirche.

Ich klopfe bei der Kirche an. Niemand öffnet. Das komplette Gelände um die Kirche herum ist asphaltiert. Kein guter Platz zum Übernachten. Dazu nur 30 Meter von der Straße entfernt. Ich suche und fahre in eine weitere Nebenstraße.

Dort treffe ich Marybeth und Dave. Nachdem ich mich vorgestellt und ein wenig über mich erzählt habe, laden sie mich in ihr Haus ein. Zu allererst darf ich das Bad benutzen und den Staub und Schweiß der vergangenen Tage von meinem Körper schrubben.

Dann bereitet mir Beth ein leckeres Abendmahl: Sandwiches mit Fleisch, Tomaten, Ketchup, dazu Bohnen, Honigmelonen. Und zum Nachtisch gibt es Kekse, gebacken nach einem 150 Jahre alten Rezept. Diese sind so lecker, dass Marybeth sie verstecken muss. Dave würde sonst 10 Kekse auf einmal verspeisen. Ich kann das verstehen.

Die Sonne ist gerade untergegangen. Beide bitten mich auf die verglaste Terrasse, von wo aus ich einen wunderbaren Blick auf die High Sierra und die den Horizont begrenzende Bergkette habe.

Im Tal davor wachsen Pistazien- und Mandelbäume. Und gestern Nacht, so verrät mir Marybeth, streifte der Puma durch ihren Garten.

Über unser Gespräch ist es dunkel geworden. Und so bietet mir Dave ein Quartier auf der verglasten Terrasse an. Ich freute mich riesig, hat mich die Erwähnung des Pumas doch nachdenklich werden lassen.

Mit seinem Charme und seinem großartigen Humor bereichert Dave den ganzen Abend. Da die Tage sehr heiß und auch die Abende noch übermäßig warm sind, gehen wir alle frühzeitig zu Bett, um dafür morgens früher aufzustehen und die Kühle des Morgens genießen zu können.

Um 20.00 Uhr lösche ich das Licht und versinke schon nach kurzer Zeit in meinen wohlverdienten Schlaf. Es war ein wunderschöner Tag voller Ereignisse, voller kleiner Eroberungen und tollen Begegnungen.

Und wieder weiß ich euch dabei. Ihr begleitet meine Reise.

Von Bellemont nach Camp Verde, Arizona

10. Oktober 2024

Ich bin früh auf. Meine Nachbarn waren noch früher auf. Sie sind bereits mit dem Auto abgefahren. Ich begebe mich mit meinem Zweirad wieder auf die legendäre, historische Route 66. Seit Flagstaff bin ich mehr oder weniger ständig auf dieser Straße unterwegs. Die erste Route 66 wurde bereits in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts angelegt.

Von dieser ersten Route 66 ist nicht mehr viel zu sehen. Ohne den Geschichtsunterricht, den mir Herr Hess, ein Anwohner erteilte, hätte ich diesen vergrasten Damm, der parallel zur Historischen Route 66 verläuft, nicht als ursprüngliche Route 66 erkennen können.

Man kann diesen Damm über etliche Kilometer folgen. Allerdings führt in der Regel über privates Land.

Und auch die Historische Route 66 führt an wenigen Stellen über privates Land. Das klärt, warum wenige Minuten nachdem ich meine Fahrt aufgenommen habe, die Asphaltfahrbahn in eine breite Schotterpiste übergeht. Ein Hinweisschild am Straßenrand weist darauf hin, dass man sich auf privatem Grund befindet.

Die erste Meile lässt es sich gut auf diesem Schotterweg fahren. Dann plötzlich ein Wechsel. Aus der festgefahrenen Schotterbahn wird plötzlich für mich eine Rutschbahn. Aus selbst für Anwohnern unerklärlichen Gründen ist auf einem Abschnitt von mehreren 100 m Gleisschotter auf dem Weg ausgeschüttet worden.

Ich schaffe es vielleicht 4 – 5 Meter auf diese groben Schotterpiste. Dann rutscht auch schon das Fahrrad weg und ich stürze zu Boden. Die Folge: Prellungen und Schürfwunden linksseitig an Ellenbogen Hüfte und Knie. Eine Weiterfahrt auf diesem Untergrund ist für mich nicht möglich.

So kehre ich zum Ausgangspunkt der Schotterpiste zurück und weiche über eine Nebenstraße in nördliche Richtung aus.

Ein Anwohner an dieser Straße klärt mich auf. Dieses Schotterstück sei nur wenige 100 m lang und er bietet mir an, mich mit meinem Fahrrad über diese Schlüsselstelle mit dem Auto hinwegzubringen.

Das Angebot nehme ich gerne an. Die nassen Schürfwunden werden im Laufe des Tages in der trockenen, warmen Luft abtrocknen.

Herr Hess bringt mich mit seinem Pickup nicht nur über die Schlüsselstelle, sondern fährt mich etwa zehn Meilen weiter zu einem sicheren Startpunkt. Nachdem ich mich bedankt und verabschiedet habe, lade ich mein Gepäck wieder aufs Rad und setze meine Reise fort.

So kann ich auf der Historischen Route 66 bleiben und muss keine Umwege in Kauf nehmen. In den nächsten Stunden radle ich durch den größten Pinienwald der USA. Je weiter ich nach Westen fahre umso schütterer mit der Wald.

Zwischen die Pinien mischen sich zunehmend Wachholderbäume. Und am Abend geht der Pinienwald endgültig in einen Wacholderwald über. Der Wacholder liebt die Sonne. Im Schatten würde es ihm nicht gut gehen. Und so hat die Natur auch für diesen Waldtyp eine Lösung gefunden: Die Wacholderbäume halten untereinander Abstand, so dass sie sich nicht gegenseitig beschatten.

Das dunkle Grün der Bäume steht im herrlichen Kontrast zum hellen, strohfarbenem Gelb des flächendeckenden, niedrigen Bewuchses.

Das der Herbst Einzug hält, ist auch an den Kürbissen zu erkennen, die viele Hauseingänge schmücken.

Und Windräder sind auch heute noch ein ständiger Begleiter in den Landschaften der USA. In der Regel fördern sie Grundwasser zutage.

Ich hatte schon einmal darüber berichtet, dass es vereinzelt künstliche Bäume in der Landschaft gibt. Jedoch konnte selbst ich das zu Anfang nicht glauben. Mittlerweile ist mir klar, das es davon viele gibt. Eigentlich fallen Sie gar nicht auf. Erst bei genauem Hinschauen entdeckt man im Geäst in den oberen Stockwerken Antennenanlagen.

Von Kunst- und Seidenblumen hatte ich bereits gehört. Mittlerweile gibt es eine ganze Fülle künstlicher Grünpflanzen. So gut hergestellt, dass man schon sehr genau schauen muss, um zu erkennen, ob sie nicht doch echt sind. Aber solche 20 m hohen künstlichen Bäume, das ist mir neu …

Ponderosa Pinienwald links und rechts der Route 66.

Kleine Lock an der Bahnstation in Williams.

Und wer kennt ihn nicht. Den Polarexpress, der von Williams aus Richtung Grand Canyon startet.

Kulisse für Cowboy-Spiele …

Ohne Worte

Vom Winde verwehtes, trockenes Buschwerk.

Es geht hinaus in die High Desert.

Der Wachholderwald.

Und hier sieht man noch Erinnerungen an die glorreichen Zeiten der Route 66.

Vieles ist schon verschwunden. Aber man findet immer noch Kleinode, die liebevoll gepflegt werden und auch heute noch vom Charme dieser vergangenen Zeiten berichten.

Oftmals kräftig in den Farben. Und überwiegend phantasievoll und witzig. Ganz im Stil des vergangenen Jahrhunderts.

Und einige Shops bieten noch heute wie vor 80 Jahren das gleiche Eis an. Die meisten haben sich den neuen Zeiten angepasst, und retten sich wirtschaftlich mit dem Verkauf von Souvenierartikeln in die heutige Zeit.

Besonders Liebhaber alter Autos werden diese Route genießen. Aber auch alle, die diese legendäre Strecke einmal abfahren möchten, werden voll auf ihre Kosten kommen.

Es ist ein Stück liebevoll gepfleger Geschichte. Nicht nur für Amerikaner.

Für mich endet dieser Tag mit einem wunderschönen Sonnenuntergang. Und vielleicht begleitet mich Herr Hess, dem ich heute so viel zu verdanken habe, noch eine Weile. Es würde mich sehr, sehr freuen.