Jo's DreamA bike. A tent. A year.

Von Matane nach Rimouski

Mir hat die gestrige Auszeit gut getan und ich fühle mich gut erholt. Mein Gastgeber Michel sorgt wunderbar für mich. Das gestrige Abendessen, zwei große Burger mit Lammfleisch auf Redish und weiteren Zutaten und entsprechenden Beilagen machten mich supersatt. Und unsere Unterhaltung währte bis Mitternacht.

Da Michel viel mit dem Fahrrad auf Reisen geht, konnte er mir einige wertvolle Reisetipps geben, die mir in den nächsten Tagen und darüber hinaus mit Sicherheit weiterhelfen werden. Draußen regnet es noch und wir lassen den Tag langsam angehen. Michel stellt mir die Zutaten für ein leckeres Frühstück bereit. Cereals, Mandeln, Walnüsse, Erdnüsse, Sonnenblumenkerne, Cashewnüsse, Banane, Sojamilch und Joghurt. Daraus bereite ich mir ein fürstliches Mahl. Anschließend wird gepackt. Ich hoffe, ich habe nichts vergessen.

Der Abschied ist kurz aber herzlich. Und obwohl Michel bereits auf dem Sprung zu seiner eigenen Tour ist, hat er sich die Zeit genommen, mir für zwei Tage eine Unterkunft zu gewähren. Was für eine große Gastfreundschaft! So konnte ich einen Tag ausruhen. Außer einer kleinen Erkundungstour durch den städtischen Park und einen kurzen Blick an den Strand habe ich nichts weiter unternommen. Die Gespräche mit Michel haben mir viel Freude bereitet. Und ich höre mich langsam in das mit französischem Akzent gesprochene Englisch ein.

Es wird ein schöner Tag werden, da ich den ganzen Tag Rückenwind haben werde. Der treibt mich gut voran.

Den ganzen Tag wird es durch kleine Ortschaften entlang des Sankt Lorenz River gehen. Sie sind alle mit der aktuellen Route 132 verbunden. Früher verlief diese Straße durch die Dörfer. Und so ist es auf den alten Abschnitten der Route 132 wesentlich ruhiger.

In den Gärten sieht man immer wieder Miniatur Leuchttürme oder auch Windmühlen, wie diese, die durchaus erfolgreich Strom erzeugen.

Über mir kreisen gelegentlich Adler und lenken für Augenblicke meinen Blicke gen Himmel.

Es ist Farmersland. Und manch eine Farm steht am Rand des Sankt Lorenz Rivers. Durch die turmhohen Silos fallen sie in der Landschaft besonders auf. In regelmäßigen Abständen werden sie mich von nun an begleiten.

Den Kirchen, deren Türme fast immer dem großen Strom zugewandt sind, stehen große Heiligenfiguren gegenüber. Mitunter führt die Straße zwischen beiden Objekten durch.

Manches Haus am Wegesrand wirkt idyllisch.

Ich mache Halt am Pointe Mitis Lighthaus. Diese Leuchttürme werden mich nun ebenfalls in regelmäßigen Abständen begleiten. Entlang der Nordseite des Sankt Lorenz River gelegen, geben sie sich nachts durch ihre regelmäßigen Blinkzeichen, die sie aussenden, wunderbar zu erkennen.

Die Küste wirkt lieblich, Die Landschaft nur leicht hügelig und die Straße führt meist eben hindurch. Dabei wechselt die Szenerie ständig. Mal eine aufs Land gebrachte, stillgelegte Fähre …

… an anderer Stelle ein auffälliges Segelboot, dessen Rumpf und Dekoration überraschenderweise aus Beton besteht.

Immer wieder die auffallenden Silos der großen Farmen.

Und vereinzelt werden alte Autos in den Vorgarten gestellt. Dieses Modell stammt aus dem Jahre 1936 der Modellname ist mir unbekannt, ist noch mit den sogenannten Suizid-Türen ausgestattet. Sein Besitzer, Guy Gosselin, kommt aus dem Haus und wir führen ein nettes Gespräch. Er restauriert alte Autos und hat davon über 40 Stück an einem anderen Ort stehen. Am Ende unseres kurzen, interessanten Gespräches stattet er mich noch mit Apfel und einer Packung Müsliriegeln aus. So beschenkt geht es weiter zum nächsten interessanten Stopp.

Ich erreiche das Centre d’Art M. Gagnon, dessen auffällige Fassadengestaltung mich länger verweilen lässt.

Hinter dem Haus dann die nächste Überraschung …

Der Blick durch den Torbogen offenbart eine ganz andere Szenerie. Hier hat der Künstler zahllose Beton-Stelen, die an Menschen erinnern, ins Watt gestellt und sie dem Spiel der Gezeiten ausgesetzt, was einen ganz eigenen Reiz hat.

Hier darf sich jeder ersinnen, was der Künstler ausdrücken will. Oder seine eigene Geschichte erdenken …

Weiter geht’s, die Küste entlang. Der Himmel verdunkelt sich mehr und mehr. Regen scheint im Anmarsch. Noch weit genug weg, um trocken ans heutige Ziel zu gelangen.

Immer wieder kleine Chalets, die man als Quartier mieten kann. Von denen stehen hier so viele in der Landschaft, das der Verdacht, an einem touristischen Hotspot zu sein, nicht abwegig erscheint.

Und auch in dem nächsten Dorf zieren Große Holzskulpteren meinen Weg entlang der Küste., …

… bis ich schließlich westlich von Rimouski am Pointe-au-Père Lighthouse Lande. Es ist bereits spät, Die Temperaturen sind auf 12°C gefallen. Es fühlt sich kälter an und ich fange an zu frieren. Da bemerke ich, dass sich die oberen Verschraubungen meines Gepäckträgers gelöst haben und mein Gepäckträger mit sammt Gepäck nach hinten weggekippt ist. Erschrocken halte ich an.

Die Hände sind klamm und steif für diese filigrane Fummelei. Ich klopfe an die Tür des nächsten Hauses. Ein Mann erscheint, der mir hilft, den Gepäckträger zu richten und die oberen Verschraubungen wieder festzuziehen. Dadurch verliere ich so viel Zeit, dass ich in die Dämmerung gerate. Auf mein Fragen gibt er mir einen Tipp, wo ich eventuell wild campen könnte. Ich danke ihm für seine Hilfe, kann aber den empfohlenen Platz nicht finden.

So wende ich mich an zwei Männer, die gerade ein Kajak auf ihr Auto verstauen. Ich stelle mich kurz vor. Erneut frage ich nach einem Platz. Und nach kurzer Überlegung wissen beide, mir zu helfen. Denis, der Jüngere, läd mich zum Dinner ein. So schlage ich mein Zelt in einem mit hohen Gräsern bewachsenen Gelände zwischen Straße und Meer auf. Anschließend kehre ich bei Daniel ein. Und was ich erlebe, ist Gastfreundschaft pur.

Ich treffe auf die ganze Familie. Denis ist Hausherr und kocht leidenschaftlich gern. Dann ist da Jean Pierre, sein Schwiegervater, der in Begleitung seiner Partnerin Daniela beim Sohn zu Besuch ist. Und dann kommt noch Denis Sohn Fermin hinzu, ein sportbegeisterter junger Mann. Später wird sich noch Denis Frau Valerie hinzugesellen.

Gemeinsam speisen wir Schweinemedaillons mit Ahornsirup glasiert. Als Beilage gibt es Pastinaken und orangerote Kürbisscheiben. Alles leicht süßlich. Und alles unglaublich lecker. Dazu ein französischer Rotwein vom Feinsten. Und während wir Speisen, unterhalten wir uns angeregt über all das, was uns gerade in den Sinn kommt.

Als dann Valerie hinzukommt, wird es sehr konstruktiv und gemeinsam beraten sie, was mir die beste Ausbeute für den nächsten Tag und darüber hinaus bringen könnte. Dabei sind die Meinungen durchaus unterschiedlich. Aber es ist so viel Wohlwollen, soviel Empathie dabei. Es wird gescherzt und gelacht. Ich erhalte eine ganz kleine Einweisung in ein für die Region typisches Schimpfwort, dass sich von dem alten Wort Tabernakel herleitet. Sie sprechen mir vor, wie ich es aussprechen muss. Erklären mir dessen Sinn und wann ich es anwenden darf und wann nicht.

Es ist ei besonderer, wunderschöner Abend im Kreise einer tollen Familie. Das ich das Bad benutzen durfte, war für die Familie selbstverständlich. Am Ende des Abends, der lange währt, verabschiede ich mich von allen und danke ihnen für ihre Gastfreundschaft und all die guten Vorschläge für die kommenden Tage. Dann krabble ich in meinen Schlafsack und bin nach wenigen Minuten eingeschlafen. Ein wunderschöner Tag voller überraschender Momente geht zu Ende.

Meine wunderbaren Gastgeber v.l.: Valerie, Daniela, Jean-Pierre und Denis.

Leave a reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

2 comments