Ich bin heute Morgen erschrocken um 8.40 Uhr aufgewacht. Ich hatte meinem Gastgeber Thomas und seiner Ehefrau Linda am Abend zuvor gesagt, dass ich um 8 Uhr da sein werde. Wenige Minuten später stehe ich an ihrer Tür und klopfe an. Sie erwarten mich bereits und bieten mir sofort ein Frühstück an. Es gibt 3 Eier wie gewünscht und jede Menge Wecken. Und es gibt einige Scheiben Toastbrot mit Huckleberries aus Montana.
In der Folgenden Stunde haben wir noch ein sehr anregendes Gespräch. Thomas ist Hobbyfunker mit Funkkontakten in alle Teile der Welt und zeigt mir einige der Kontakte, die ihm postalisch geantwortet haben. Er hat davon Hunderte in einem großen Karton aufbewahrt und ich bin beeindruckt von der großen Anzahl an Kontakten.
Als ich erzähle, dass ich in früheren Jahren Paläontologie studiert habe, leuchten seine Augen. Er eilt aus dem Zimmer und kommt mit einigen faszinierenden Versteinerungen zurück. Aufgeschlagene Konkretionen, deren Inhalt wunderschöne Farnblätter sind. Er und seine Frau Linda haben diese Objekte in der Landschaft hier North Dakota selber gefunden.
Dann zeigt er mir noch zwei archäologische Funde: Eine Pfeilspitze aus dunkelrotem Feuerstein, sowie einen Granitstein mit einer umlaufenden Brille. Dieser Stein wurde von den Natives wie ein Hammer verwendet.
Tom und Linda zeigen sich mehr als großzügig. Tom stellt selber Beef Jerky her. Ich teste ein Stück und bin begeistert. Daraufhin schenkt mir Tom eine ganze Tüte voll von dieser Delikatesse. Und Linda überrascht mich mit 40 US-Dollar, die sie mir gemeinsam schenken, damit ich mir ein oder zwei ordentliche Frühstücke leisten kann, wenn ich wieder auf der Straße bin.
Und zuguterletzt haben sie auch noch die Adresse des Fahrradladens In Minot herausgesucht. Soviel Gastfreundschaft. Soviel Herzlichkeit. Soviel Warmherzigkeit. An einem einzigen Morgen. All das beeindruckt mich einmal mehr.
Eine kleine Überraschung liegt gleich zu Anfang auf meinem Weg: Ich erreiche den geografischen Mittelpunkt Nordamerikas in Rugby. Ein kleines errichtetes Denkmal weist auf diese Besonderheit hin.
Anschließend packe ich meine Sachen und mache mich auf den Weg. Etwa fünfundsechzig Meilen muss ich mit der beschädigten Gangschaltung zurücklegen. Vorsichtig trete ich in die Pedalen und erhöhe langsam die Geschwindigkeit. Im fünften, sechsten und siebten Gang, (die kleinen Gänge kann ich nicht nutzen), komme ich in diesem flachen Gelände sehr gut voran.
Und wenige Meter weiter steht der Northern Lights Tower. Er ist einem der eindrucksvollsten Naturphänomene in der Prärie, der Aurora Borealis, gewidmet.
Ansonsten hatte es sich an diesem Tag auch schon mit den Highlights. Mehrere Stunden durchquere ich auf der Route 2 von Ost nach West die Prärie. Farmland breitet sich vor meinen Augen aus. Der Weizen ist bereits geerntet. Das Gras gemäht. In den letzten zwanzig Jahren sind Sojabohnen hinzugekommen. Und gelegentlich radle ich auch noch an Sonnenblumenfeldern vorbei. Das ist auch schon alles.
Um 17:00 Uhr erreiche ich Minot. In einer städtischen Parkanlage spreche ich einen Pickup Fahrer an und frage ihn, ob ich mein Zelt in dem Park aufschlagen kann. Es entsteht ein nettes Gespräch und im weiteren Verlauf dieses Gespräches erfahre ich, dass sich in dem Picknick Areal noch eine weitere Person namens Mark aufhält.
Er weist mich darauf hin, dass dieser Mark zwar eine „gestrandete Seele“ sei, dass er aber gleichzeitig auch ein herzensguter Mensch ist. Und als ich ihn auf einen Fahrradladen im Ort anspreche, empfiehlt er mir denselben, den mir bereits Thomas und seine Frau Linda empfohlen haben. Dabei stellt sich heraus, dass er den Inhaber dieses Ladens persönlich kennt.
Am Ende überreicht er mir noch seine Visitenkarte, vermerkt seine persönliche Telefonnummer auf der Rückseite und sagt mir, dass er einen der Polizisten, die diesen Park gelegentlich kontrollieren, persönlich kennt. Und wenn ich Probleme habe, soll ich ihn kontaktieren.
MIt all diesen guten Gaben ausgestattet, schlage ich mein Zelt auf. Im Laufe der nächsten Stunden habe ich längere Gespräche mit Mark. Mark hatte sich sehr häuslich unter der überdachten Picknickfläche eingerichtet. Fertiger Kaffee, Zucker und Kaffeecreamer stehen bereit. Ich darf mich bedienen.
Mark hat ein Radio dabei, einen Fernseher, der nicht richtig funktioniert. Mark kennt sich an diesem Ort bestens aus. Er weiß, wo die Steckdosen sind, wo es fließendes Wasser gibt und wo sich die Toiletten befinden. Vorsichtshalber fragt er mich, ob ich Drogen nehme, was ich verneine. Mark freut sich darüber sehr.
Dann erzählt er aus seinem Leben, das eben nicht gerade verlaufen ist. Er glaubt an Gott und sieht seine Aufgabe darin, andere Menschen glücklich zu machen. Er möchte sie beschenken. Und so beschenkt er auch mich und legt mir einen von den Natives gefertigten Steinschaber vor, den er mir schenkt. Ihm ist es ein Herzensanliegen, das ich das Geschenk annehme. Außerdem möchte er mich morgen früh zum Fahrradladen führen. So bin ich dankbar, dass mich der Pickup Fahrer Mark vorgestellt hat und dieser den Abend mit mir teilt.
Einziger Wermuthstopfen ist das Bahngleis, welches in circa 30 Metern an meinem Lagerplatz vorbeiführt. Vor einer Stunde fuhren laut hupend zwei Lokomotiven, die über 140 Waggons hinter sicher herzogen, an mir vorbei. Mal sehen, was die Nacht bringt.
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