Jo's DreamA bike. A tent. A year.

Vom Mather Campground zum Grand Canyon Oasis High Desert Camp

8. Oktober 2024

Ich bin früh auf. Einige Throuhiker sind schon vor Stunden aufgebrochen. Die meisten wandern auf dem Arizona-Trail, der den Grand Canyon von der North-Rim zur South-Rim quert.

Die offizielle Wegführung verläuft weiter östlich über den Yaki-Point. Man kann aber auch von Nord nach Süd über den Bright Angel Creek vom Bright Angel Canyon aufsteigen. Das kürzt den Weg zum Mather Campground ein wenig ab.

Ich bin erstaunt, wie viele Wanderer unterwegs sind. Und den Gesprächen gestern Abend am Lagerfeuer ist zu entnehmen, daß hier erfahrene Durchwanderer zusammengekommen sind und sich in jeder Hinsicht austauschen. Colorado Trail, Continental Divide Trail, Pacific Crest Trail und viele weitere Wege werden erwähnt und beschrieben.

Es wird über Ausrüstung gefachsimpelt. Und überlegt, was die beste Ernährung auf solch einer Wanderung sei. Und ganz wichtig: Wo findet man die Trinkwasserresourcen entlang der Wege. Ich höre aufmerksam zu und erlebe großes Interesse auch an meiner Geschichte. Es war ein rundum gelungener Abend.

Heute morgen stehe ich erst allein auf weiter Flur und fange an, in aller Ruhe meine Sachen zu packen. Und dann treffe ich doch noch auf zwei Männer vom gestrigen Abend. Unter anderem Sven, mit dem ich gestern Abend ein sehr schönes persönliches Gespräch geführt hatte.

Sven kommt aus Deutschland. Und so gibt es keinerlei Kommunikationsprobleme. Zum Abschied gebe ich ihm noch meine Webadresse und erhalte seine Visitenkarte. Sven arbeitet als Pilot für eine große Deutsche Fluggesellschaft.

Er bittet mich ihm mitzuteilen, wann ich heimfliege. Und vielleicht sehen wir uns dann wieder. Natürlich freue ich mich riesig über diese Möglichkeit. Aber noch bin ich ein paar Monate unterwegs …

Ich verlasse bis Cameron auf derselben Straße den Grand Canyon National Park, auf der ich hereingekommen bin. Nur einmal halte ich am Desert View Campground an und treffe auf Shira.

Schon vor Tagen hatten wir ein außerordentlich intensives Gespräch geführt. Shira wollte mich zum Essen einladen, und ich hatte abgelehnt, weil ich noch vor Einbruch der Dunkelheit den Mather Campground erreichen wollte.

Nun war es mir ein Herzensanliegen, mich von ihr zu verabschieden. Ich finde sie im Desert View Trading Post. Und wieder spüre ich dieselbe Herzlichkeit. Biggi hätte ihre große Freude daran, sie kennenzulernen. Sie hätte sie gemocht.

Und auch diesmal bietet mir Shira etwas zu essen an. Diesmal nehme ich das Angebot an. Dann verabschieden wir uns voneinander und ich verlasse endgültig diesen wunderbaren Nationalpark.

Bis Cameron geht es im Wesentlichen über das Kaibab – Plateau und durch den gleichnamigen Kaibab National Forest bergab. Über das Plateau breitet sich ein schütterer Wald aus Ponderosa Pines und Wacholderbäumen aus.

Hauptsächliches gemeinsames Merkmal aller Bäume ist ihre begrenzte, niedrige Wuchshöhe, die auf dem Plateau geschätzte 7-8 Meter nicht überschreitet.

Kaibab-Plateau und Forest

Am Rand des Kaibab-Plateau und Forest

In Cameron kündigt sich Regen an. Und nun treffe ich endgültig meine Entscheidung. In bin auf einer Höhe von ca 5.000 Fuß. Bryce Canyon liegt zwischen 8.000 und bis über 9.000 Fuß hoch.

Bisher war das Wetter stabil und es war für die Jahreszeit außergewöhnlich warm. In den nächsten 10 Tagen sollen die Temperaturen ordentlich fallen. Ich brauche wenigstens 4 Tage, um zum Bryce Canyon zu kommen. 2 Tage hatte ich für den Nationalpark veranschlagt und hatte anschließend auch noch Zion National Park auf dem Plan.

Und das ist mir zu riskant. Wenn der Winter kommt, dann kommt er mit Wucht und ich schaffe es nicht mehr über die Rockys, die ich zu überqueren habe. Das könnte für mich sogar gefährlich werden, wenn ich irgendwo festsitze.

Und so schlage ich nun den Weg gen Süden Richtung Flagstaff ein. Daniel aus der Bibliothek im Grand Canyon Village hatte mir einige Empfehlungen mitgegeben, die auf meinem neuen Weg liegen. Und so fahre ich nun voller Freude neuen Abenteuern und Begegnungen entgegen.

Doch irgendwann werde ich unruhig. Wo soll ich mein Zelt aufbauen? Ich komme an Hank’s Trading Post, einer ehemaligen Tankstelle vorbei. Die steht offensichtlich zum Verkauf, wie Schilder anzeigen. Also weiter…

Das Wupatki National Monument liegt im Hinterland. Bis ich dort bin ist alles Licht entschwunden. Die Karte zeigt mir das Wupatki Spirit Totem. Ich kann es vom Straßenrand aus nicht entdecken. Weiter…

Grand Canyon Oasis High Desert Camp. Es ist fast dunkel. Ich steige vom Rad um die Straße sicher zu Überqueren und fahre auf das Gelände. Dort kommt mir Adam entgegen und spricht mich freundlich an. Ich schildere ihm meine Situation, und Adam gewährt mir spontan großzügig eine Parzelle in seinem Wohnpark.

Er warnt mich, einen bestimmten Bereich nicht zu befahren, da dort Pflanzen wachsen, die die Reifen zerstören würden. Dann versorgt er mich mit Getränken und öffnet mir ein Tini-House, so dass ich Zugang zum kleinen, feinen Bad habe.

Ich gebe ihm meine Visitenkarte und erzähle in Kurzform von meiner Traumtour und meiner Familie, die mich so wunderbar begleitet. So findet dieser Tag ein gutes Ende.

Hier an diesem Ort zu sein, gibt mir das gute Gefühl von Sicherheit. Ich danke Adam und seiner Familie für ihre großzügige Gastfreundschaft.

Thruhiker (Durchwanderer) sind Wanderer, die einen Weit- oder Fernwanderweg zusammenhängend vom Anfang bis zum Ende durchwandern.

Die 3 großen und bekannten Trails der USA sind

  1. Pacific Crest Trail – PCT (4.277 km von der mexikanischen bis zur kanadischen Grenze durch CA, OR, WA; 149.000 Höhenmeter)
  2. Continental Devide Trail – CDT (ca. 5.000 km von der mexikanischen bis zur kanadischen Grenze durch NM, CO, WY, MT/ID; 124.000 Höhenmeter)
  3. Appalachian Trail – AT (3.508 km von Georgia bis Maine durch GA, NC, TN, VA, WV, MD, PA, NJ, NY, CT, MA, VT, NH, ME; 142.000 Höhenmeter)

Das beschränkte Zeitfenster dieser Trails (außerhalb dieser Zeit können Passagen lebensgefährlich oder unpassierbar sein) erfordert eine tägliche Strecke von über 30 km.

Ein gutes Wasser- und Lebensmittelmanagement ist notwendig, da die Trails durch die Wildness führen, oft tagelang fern der Zivilisation. Durch extremes Wüstenklima. Durch Schnee und Eis. Über hohe Berge. Durch Flüsse und Wälder.

Wer alle 3 großen Trails gelaufen ist, bekommt die Triple Crown verliehen.

Thruhiker sprechen sich nicht mit Vornamen sondern mit Trailnamen an, die ihnen von anderen Thruhikern für immer verliehen werden. Es sind sprechende Namen wie Wildflower, Pretty Legs oder Packman. Thruhiker sind eine eingeschworene Gemeinschaft.

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