Ich habe mich über Nacht gut erholt. Packe meine Sachen und will eigentlich auf die Straße. Zuvor möchte ich noch einen Kaffee trinken. Daraus entwickelt sich eine eigene kleine Geschichte. Eine Mitarbeiterin zeigt mir, wo ich frischen Kaffee bekommen kann. In dem Raum warten schon mehr als ein Dutzend Personen. Und noch vor 9.00 Uhr öffnet sich die Pforte und in 4-er Gruppen können wir den Raum betreten, wo frisches Gemüse, Obst und all das, was irgend einem Mindesthaltbarkeitsdatum unterliegt, eine zweite Chance bekommt. Die Not vieler Menschen ist groß und hier dürfen sie ins Regal greifen und nehmen, was sie für den Tag benötigen. Und so darf auch ich zugreifen. Eine Paprika, Karotten, frischer Salat mit Gurken und Zwiebeln, Brot, Brötchen und Obst.
Anschließend führt man mich noch in die Kunsthandwerkwerkstatt für Glasarbeiten. Die Künstlerin ist anwesend.
Nach kurzer Zeit versammeln sich in der kleinen Werkstatt 5 Frauen und hören meinem kleinen Reisebericht gespannt zu. Und erzählen, wie ihre kleine Community funktioniert. Und wenige Minuten später bin ich schon wieder auf dem Rad unterwegs.
Die Landschaft ändert sich zusehends. Mehr Wälder, mehr Seen, mehr Granitfelsen am Wegesrand und Ufersaum.
Aufbreiten Schotterwegen geht es durch den Park.
Die Aussichten wechseln ständig, ich radle durch ein Bilderbuch.
Biberwerk
Biberburg
Das Wasser des Sees ist so klar und rein, dass es ungefiltert in das Leitungsnetz der Stadt Bar Harbor eingespeist werden kann.
Der Abend kommt und es wird Zeit für ein Quartier. Ich hatte mehrere Anfragen rausgeschickt und allesamt wurden sie negativ beantwortet. Mein Versuch, auf privatem Grund zu campieren scheiterte ebenfalls. Also rauf auf einen Campingplatz nördlich von Bar Harbor. Und wieder runter. Für 1 Person mit einem Zelt für eine Nacht soll ich 73 Dollar inklusive Tax und allem drum und dran bezahlen. Ich sage der Dame am Empfangsschalter, dass ich dabei bin, mir meinen Traum zu erfüllen und ich nicht bereit bin, den Traum eines Investors zu erfüllen, der diesen Campingplatz betreibt.
Ich suche weiter und finde einen Platz am Rande des Acadia National Parks für 37 Dollar die Nacht. Immer noch sehr teuer. Aber ich bin müde und der Tag geht zuende. So nehme ich an, zahle und gehe zu dem mir zugewiesenen Platz. Der ist mit mittelgroßem Schotter ausgefüllt. Nicht gut für meinen Rücken, nicht gut für mein Zelt. Nach kurzer Rücksprache erhalte ich einen anderen Lagerplatz mit viel Grün. Gemütlich baue ich das Zelt auf. Nebenbei esse ich Abendbrot. Und als alles fertig ist, kommt ein „Nachbar“ vorbei und wir kommen ins Gespräch. Und nur 10 Minuten später sitze ich bei Rick und seiner reizenden Frau Janell am Lagerfeuer. Im Laufe des Abends versorgen mich beide mit leckerem Bier, gebraut in Maine, Obst und Granola Bars und auch der wertvollen Information, auf welcher Route ich in kurzer Zeit einige schöne Highlights im Acadia National Park entdecken kann.
Wegen des hohen Preises überlege ich, wie ich den Tag morgen gestalten kann. Rick empfiehlt, früh aufzustehen. Und damit es für mich leichter wird, kann ich mein Gepäck bei Ihnen deponieren. Ich bin glücklich, gemeinsam mit Rick und Janell einen guten Weg gefunden zu haben. Und zuguterletzt gaben sie mir noch einen Stapel Quarter Coins mit auf den Weg, damit ich die Duschen benutzen kann. Die funktionieren nämlich nur, wenn man sie mit diesen Coins füttert. Und ich habe bisher kein Kleingeld genutzt.
Danke für den wunderbaren Morgen, einen wunderschönen Tag und diese besondere Begegnung mit Rick und Janell.