Jo's Dream

A bike. A tent. A year.

Blog

Auf der Route 66 von Camp Verde nach Kingman, Arizona

11. Oktober 2024

Ich habe schlecht geschlafen. Die Ursache dafür liegt an der schlechten Wahl meines Schlafplatzes. Ich war erst nach Einbruch der Dunkelheit an dem gewählten Platz angekommen.

Schnell hatte ich mein Zelt aufgebaut und alle meine Sachen darin verstaut. Dann streckte ich mich auf meiner Matte aus und wollte nur noch schlafen. Bereits wenige Minuten später weckte mich dröhnender Lärm. Und sofort war mir klar, woher dieser Lärm kam.

Um dem Straßenlärm zu entgehen, hatte ich mein Zelt weit entfernt von der Straße aufgeschlagen. Und dabei nicht an die parallel verlaufenden Bahngleise gedacht. Und so wurde ich jede Stunde zwei bis drei Mal von einem vorbeifahrenden Güterzug geweckt. Vorne vorweg 4 gewaltige Lokomotiven, die über 100 Waggons vorbeischleppten – gefühlt mitten durch mein Zelt.

Und am Ende wurde es erneut laut, weil ein bis zwei Lokomotiven an das Zugende angehängt worden sind, die besonders am Berg aber auch in den Kurven zusätzliche Schubkraft verleihen sollen.

Die Lokomotiven sind nicht nur laut, ihr Dröhnen und Vibrieren überträgt sich auch auf meinen Körper. Da ich in diesem dornigen Gelände überhaupt froh bin, einen sauberen Platz gefunden zu haben, entscheide ich mich gegen einen Umzug. Leider zu einem extrem hohen Preis. Und so bin ich heute morgen nicht der Fitteste.

Trotzdem freue ich mich auf den heutigen Tag, der mich mit blauem Himmel begrüßt. Ich bin weiterhin auf der historischen Route 66 unterwegs und bin gespannt, was mich heute erwartet und wer mir begegnet.

Zu allererst fallen mir die Burma Shave Werbesschilder entlang der Route 66 auf, die in unregelmäßigen Abständen auftauchen und witzige Werbespots vermitteln.

Wer will, kann darüber einiges im World Wide Web finden. Ein Dutzend dieser Werbespots sind mir entlang meiner Route aufgefallen. In der Regel sind es jedesmal 5 Werbeschilder, die im Abstand von jeweils ca. 100 Metern entlang der Fahrbahn aufgestellt sind, die gemeinsam eine Werbebotschaft vermitteln.

Die Abstände der Schilder sind so gewählt, dass ein Autofahrer bei einer Geschwindigkeit von 35 Meilen/h dieser Satzbausteine noch erfassen und verarbeiten kann. Nachfolgend nur ein Beispiel (das obere Bild zeigt das 1. Schild):

Als 5. Schild ist immer das Burma Shave Logo aufgeführt. Durch die einheitliche Farbgestaltung und stets gleiche Typo wird die Wirkung noch gesteigert.

Als Fernsehwerbung populär wurde, verblasste der Glanz dieser Werbeidee. Hier an der Route 66 hat sie sich als historischer Bestandteil erhalten und schmückt auf dem längsten, durchgängigen Teilstück der noch heute vorhandenen Streckenabschnitte den Straßenrand.

Die Schilder fallen auch deshalb auf, weil die Landschaft so gleichmäßig ist und dem Betrachter scheinbar leer vorkommt.

Ein weiteres Highlight befindet sich zwischen Seligman im Osten und Kingman im Westen, in Peach Spring: Das Cavern Inn sowie die Grand Canyon Trockenhöhlen. Einen Besuch hatte ich eingeplant. Leider war der Besuch der Höhle nicht möglich. Lediglich den Geschenkeladen …

… sowie der Aufenthalt im historisch gehaltenen Café waren mir möglich.

Vor dem Cavern Inn grüßt ein großer Brontosaurus die vorbeifahrenden Gäste. Auch er ist mittlerweile in die Jahre gekommen. Der Lack ist ab.

Betty Boop ist eine Comic-Figur der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts, die noch heute entlang der Route 66 zu finden ist. Vielleicht hat sich diese Comic-Figur bis in die heutige Zeit erhalten, weil sie schon früh mit einer weiblichen Sexualität dargestellt wurde – im Gegensatz zu Mini Maus, die ja stets geschlechtsneutral dargestellt wurde.

Betty Boop ist jedenfalls in nahezu jedem Souvenir Shop entlang der Route 66 zu finden.

Während meines Stops im Cavern Inn, den ich benutze, um mein Handy aufzuladen, komme ich mit Mark ins Gespräch. Er zeigt sich ganz interessiert an meiner Geschichte, hört mir aufmerksam zu und gibt mir auch noch einige Ratschläge mit auf den Weg.

Mark erzählt mir, dass er beruflich als Parkranger gearbeitet hat. Und dann überrascht er mich mit einer großzügigen Geste und schenkt mir eine 20 Dollar Note. Voller Freude nehme ich dieses Geschenk an, sichert es mir doch für einen Tag meine Grundversorgung mit Nahrungsmitteln.

Außerdem verspricht er mir, auf meiner Webseite vorbeizuschauen. Und in einem dort abgegeben Kommentar hat er noch eine Einladung an mich ausgesprochen, ihn zuhause zu besuchen, wenn ich in seiner Gegend bin. Was für ein großzügiges Geschenk.

Was für eine Gastfreundschaft, die sich hinter diesen Gesten verbirgt. Und wer weiß, vielleicht liegt sein Wohnort ja auf meinem Weg durch Californien.

Überall entlang der Route finde ich Hinweise auf längst vergangene Zeiten. Eine Besonderheit stellt für mich dieses kleine Hualapai Denkmal dar, das an die verlorenen, vermissten und ermordeten Stammesmitglieder erinnert.

Während ich weiterfahre, ändert sich die Landschaft nach und nach. Die Vegetation passt sich langsam dem Wüstenklima an.

Irgendwo entlang der Wegstrecke weist ein kleines beleuchtetes „Open“ im Fenster auf einen Getränkeausschank hin. Eigentlich ist es eine Kfz-Werkstatt, die nicht mehr genutzt wird. Nun dient sie als Kulisse für eine in die Werkstatt integrierte kleine Bar.

Zur Werbeunterstützung rosten draußen Autos des vorigen Jahrhunderts vor sich hin.

Eingebettet in diese Landschaft finde ich vereinzelt Tankstellen, die heute keinen Autofahrer mehr bedienen.

Auch diese Zapfsäulen haben längst ausgedient, erfreuen jedoch manchen Nostalgiker.

Einige Immobilien sehen aus, als wenn an ihnen seit dem vorigen Jahrhundert keine Hand mehr angelegt worden ist.

Die Sticker und Aufkleber an den Wänden jedoch haben in den letzten Jahrzehnten eher zugenommen. Sehr zur Freude der Touristen und des Eigentümers, der darin durchaus eine Wertsteigerung sieht.

In diesem Giftshop zieren Dollarnoten die Wände. Und wer noch einen Geldschein übrig hat, darf ihn gerne mit einer persönlichen Notiz versehen dazu heften. Auch das hat seinen Charme.

Es füllt zwar nicht direkt die Kasse des Eigentümers. Die Werbewirgsamkeit für den Geschenkeladen ist aber unbestritten.

Und so geht es weiter. Alle paar Meilen taucht ein neues Objekt auf, an dem sich ein kurzer Stop lohnt. So wird für mich der ganze Tag zu einer Erlebnistour.

Heute will ich nicht wieder in die Dunkelheit kommen. Um 16.30 fange ich an, nach einem Quartier zu suchen. Mein erster Versuch schlägt fehl. Mein zweiter Versuch ebenfalls. Jedoch verweist man mich auf die nahegelegene Kirche.

Ich klopfe bei der Kirche an. Niemand öffnet. Das komplette Gelände um die Kirche herum ist asphaltiert. Kein guter Platz zum Übernachten. Dazu nur 30 Meter von der Straße entfernt. Ich suche und fahre in eine weitere Nebenstraße.

Dort treffe ich Marybeth und Dave. Nachdem ich mich vorgestellt und ein wenig über mich erzählt habe, laden sie mich in ihr Haus ein. Zu allererst darf ich das Bad benutzen und den Staub und Schweiß der vergangenen Tage von meinem Körper schrubben.

Dann bereitet mir Beth ein leckeres Abendmahl: Sandwiches mit Fleisch, Tomaten, Ketchup, dazu Bohnen, Honigmelonen. Und zum Nachtisch gibt es Kekse, gebacken nach einem 150 Jahre alten Rezept. Diese sind so lecker, dass Marybeth sie verstecken muss. Dave würde sonst 10 Kekse auf einmal verspeisen. Ich kann das verstehen.

Die Sonne ist gerade untergegangen. Beide bitten mich auf die verglaste Terrasse, von wo aus ich einen wunderbaren Blick auf die High Sierra und die den Horizont begrenzende Bergkette habe.

Im Tal davor wachsen Pistazien- und Mandelbäume. Und gestern Nacht, so verrät mir Marybeth, streifte der Puma durch ihren Garten.

Über unser Gespräch ist es dunkel geworden. Und so bietet mir Dave ein Quartier auf der verglasten Terrasse an. Ich freute mich riesig, hat mich die Erwähnung des Pumas doch nachdenklich werden lassen.

Mit seinem Charme und seinem großartigen Humor bereichert Dave den ganzen Abend. Da die Tage sehr heiß und auch die Abende noch übermäßig warm sind, gehen wir alle frühzeitig zu Bett, um dafür morgens früher aufzustehen und die Kühle des Morgens genießen zu können.

Um 20.00 Uhr lösche ich das Licht und versinke schon nach kurzer Zeit in meinen wohlverdienten Schlaf. Es war ein wunderschöner Tag voller Ereignisse, voller kleiner Eroberungen und tollen Begegnungen.

Und wieder weiß ich euch dabei. Ihr begleitet meine Reise.

Von Bellemont nach Camp Verde, Arizona

10. Oktober 2024

Ich bin früh auf. Meine Nachbarn waren noch früher auf. Sie sind bereits mit dem Auto abgefahren. Ich begebe mich mit meinem Zweirad wieder auf die legendäre, historische Route 66. Seit Flagstaff bin ich mehr oder weniger ständig auf dieser Straße unterwegs. Die erste Route 66 wurde bereits in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts angelegt.

Von dieser ersten Route 66 ist nicht mehr viel zu sehen. Ohne den Geschichtsunterricht, den mir Herr Hess, ein Anwohner erteilte, hätte ich diesen vergrasten Damm, der parallel zur Historischen Route 66 verläuft, nicht als ursprüngliche Route 66 erkennen können.

Man kann diesen Damm über etliche Kilometer folgen. Allerdings führt in der Regel über privates Land.

Und auch die Historische Route 66 führt an wenigen Stellen über privates Land. Das klärt, warum wenige Minuten nachdem ich meine Fahrt aufgenommen habe, die Asphaltfahrbahn in eine breite Schotterpiste übergeht. Ein Hinweisschild am Straßenrand weist darauf hin, dass man sich auf privatem Grund befindet.

Die erste Meile lässt es sich gut auf diesem Schotterweg fahren. Dann plötzlich ein Wechsel. Aus der festgefahrenen Schotterbahn wird plötzlich für mich eine Rutschbahn. Aus selbst für Anwohnern unerklärlichen Gründen ist auf einem Abschnitt von mehreren 100 m Gleisschotter auf dem Weg ausgeschüttet worden.

Ich schaffe es vielleicht 4 – 5 Meter auf diese groben Schotterpiste. Dann rutscht auch schon das Fahrrad weg und ich stürze zu Boden. Die Folge: Prellungen und Schürfwunden linksseitig an Ellenbogen Hüfte und Knie. Eine Weiterfahrt auf diesem Untergrund ist für mich nicht möglich.

So kehre ich zum Ausgangspunkt der Schotterpiste zurück und weiche über eine Nebenstraße in nördliche Richtung aus.

Ein Anwohner an dieser Straße klärt mich auf. Dieses Schotterstück sei nur wenige 100 m lang und er bietet mir an, mich mit meinem Fahrrad über diese Schlüsselstelle mit dem Auto hinwegzubringen.

Das Angebot nehme ich gerne an. Die nassen Schürfwunden werden im Laufe des Tages in der trockenen, warmen Luft abtrocknen.

Herr Hess bringt mich mit seinem Pickup nicht nur über die Schlüsselstelle, sondern fährt mich etwa zehn Meilen weiter zu einem sicheren Startpunkt. Nachdem ich mich bedankt und verabschiedet habe, lade ich mein Gepäck wieder aufs Rad und setze meine Reise fort.

So kann ich auf der Historischen Route 66 bleiben und muss keine Umwege in Kauf nehmen. In den nächsten Stunden radle ich durch den größten Pinienwald der USA. Je weiter ich nach Westen fahre umso schütterer mit der Wald.

Zwischen die Pinien mischen sich zunehmend Wachholderbäume. Und am Abend geht der Pinienwald endgültig in einen Wacholderwald über. Der Wacholder liebt die Sonne. Im Schatten würde es ihm nicht gut gehen. Und so hat die Natur auch für diesen Waldtyp eine Lösung gefunden: Die Wacholderbäume halten untereinander Abstand, so dass sie sich nicht gegenseitig beschatten.

Das dunkle Grün der Bäume steht im herrlichen Kontrast zum hellen, strohfarbenem Gelb des flächendeckenden, niedrigen Bewuchses.

Das der Herbst Einzug hält, ist auch an den Kürbissen zu erkennen, die viele Hauseingänge schmücken.

Und Windräder sind auch heute noch ein ständiger Begleiter in den Landschaften der USA. In der Regel fördern sie Grundwasser zutage.

Ich hatte schon einmal darüber berichtet, dass es vereinzelt künstliche Bäume in der Landschaft gibt. Jedoch konnte selbst ich das zu Anfang nicht glauben. Mittlerweile ist mir klar, das es davon viele gibt. Eigentlich fallen Sie gar nicht auf. Erst bei genauem Hinschauen entdeckt man im Geäst in den oberen Stockwerken Antennenanlagen.

Von Kunst- und Seidenblumen hatte ich bereits gehört. Mittlerweile gibt es eine ganze Fülle künstlicher Grünpflanzen. So gut hergestellt, dass man schon sehr genau schauen muss, um zu erkennen, ob sie nicht doch echt sind. Aber solche 20 m hohen künstlichen Bäume, das ist mir neu …

Ponderosa Pinienwald links und rechts der Route 66.

Kleine Lock an der Bahnstation in Williams.

Und wer kennt ihn nicht. Den Polarexpress, der von Williams aus Richtung Grand Canyon startet.

Kulisse für Cowboy-Spiele …

Ohne Worte

Vom Winde verwehtes, trockenes Buschwerk.

Es geht hinaus in die High Desert.

Der Wachholderwald.

Und hier sieht man noch Erinnerungen an die glorreichen Zeiten der Route 66.

Vieles ist schon verschwunden. Aber man findet immer noch Kleinode, die liebevoll gepflegt werden und auch heute noch vom Charme dieser vergangenen Zeiten berichten.

Oftmals kräftig in den Farben. Und überwiegend phantasievoll und witzig. Ganz im Stil des vergangenen Jahrhunderts.

Und einige Shops bieten noch heute wie vor 80 Jahren das gleiche Eis an. Die meisten haben sich den neuen Zeiten angepasst, und retten sich wirtschaftlich mit dem Verkauf von Souvenierartikeln in die heutige Zeit.

Besonders Liebhaber alter Autos werden diese Route genießen. Aber auch alle, die diese legendäre Strecke einmal abfahren möchten, werden voll auf ihre Kosten kommen.

Es ist ein Stück liebevoll gepfleger Geschichte. Nicht nur für Amerikaner.

Für mich endet dieser Tag mit einem wunderschönen Sonnenuntergang. Und vielleicht begleitet mich Herr Hess, dem ich heute so viel zu verdanken habe, noch eine Weile. Es würde mich sehr, sehr freuen.

Vom Grand Canyon Oasis High Desert Camp nach Bellemont, Arizona

9. Oktober 2024

Ich hatte keine ruhige Nacht, da der Highway in weniger als 50 Metern an meinem Lagerplatz vorbeiführte. Und trotzdem hab ich mich in meinem Zelt sicher und geborgen gefühlt.

Ohne mich von meinen Gastgebern zu verabschieden, mache ich mich um 8.00 Uhr auf den Weg Richtung Flagstaff. Ich hätte gerne noch ein paar Worte mit Adam gewechselt. Aber wir hatten es am Abend so vereinbart.

Er hatte mich am Abend noch kostenlos mit Getränken versorgt. Und die Milch konnte ich heute morgen sehr gut für mein Oatmeal gebrauchen. Einmal mehr bin ich über diese Gastfreundschaft hoch erfreut und dankbar zugleich.

Bereits gestern Abend war mir die Landschaft aufgefallen. Grassteppe mit einem losen Baumbestand, so weit das Auge reicht, leuchtet in der Morgenssonne, die das Coconino County an diesem Morgen in ein wunderschönes Licht taucht.

Diese Landschaft begleitet mich noch eine ganze Weile, während ich mich langsam auf der Highway-Schulter nach Süden bewege. Die nächsten 11 Meilen geht es stetig bergauf. Von zuerst knapp 5.000 Fuß auf ca. 7.400 Fuß.

Während ich mich dem Passübergang nähere, kommt der Sunset Crater auf der linken Seite der Straße in mein Blickfeld. Und auf der rechten Seite der Straßebegrenzen prägen die San Francisco Peaks, ein vulkanischer Gebirgszug, den Horizont.

Der San Francisco Mountain, ragt 3.850 Meter in den Himmel. Sein Hauptgipfel ist der Humphrey’s Peak. Als „Hausberg“ verleiht er der Stadt Flagstaff eine markante Naturkulisse und ist zugleich der höchste Punkt in Arizona. In demselben Vulkanfeld steht auch der Sunset Crater. Die heute von Fichtenwäldern bedeckten San Francisco Mountains sind den Navajo heilig und gelten als spiritueller Sitz ihrer Götter.

Die San Francisco Peaks gehören zum San Francisco Volcanic Field. Das Feld liegt über einem Hotspot und zählt mehr als 600 Vulkane. Sie alle sind weniger als 6 Millionen Jahre alt. Der letzte Ausbruch liegt ungefähr 800 Jahre zurück.

Der Sunset Crater gehört vermutlich zu dem selben Vulkanfeld. Mit 2.451 Metern ist er deutlich kleiner und ragt nur etwa 300 Meter über das Colorado Plateau. Sein Schlackenkegel weist eine andere Form auf als der Vulkan, der die San Francisco Peaks bildet. Seine Hänge sind überwiegend mit einer lockeren Vegetation aus Kiefern, insbesondere Gelb-Kiefern, und Wildblumen bedeckt.

Nachdem ich die Passhöhe zwischen diesen beiden Bergen nach 2 Stunden Strampelei überwunden habe, geht es gut 10 Meilen bergab nach Flagstaff.

Während meiner kleinen Rast plane ich meine weitere Reise. In Flagstaff hatte ich tagsüber zuvor alle Warm Showers Gastgeber angeschrieben. 5 davon hatten ihre Verfügbarkeit geblockt. Und von den restlichen möglichen Gastgebern hat nur einer geantwortet, der sich zur Zeit in Spanien aufhält. So entschließe ich mich, weiter zu fahren.

Und noch heute weisen die Schilder und Schriftzüge an vielen Gebäuden entlang der Straße auf den vergangenen Ruhm hin.

Und an einigen Stellen kann auch ich mich dieser Faszination nicht entziehen.

Überraschenderweise lande ich auf der legendären Route 66. Und noch vor wenigen Tagen traf ich einen Vater mit seinem 16 jährigen Sohn, der seinem Jungen, bevor er erwachsen wird, die Schönheit dieser Route zeigen wollte.

Besonders wegen des massiven, vierspurigen Verkehrs entlang der Route 66 innerhalb Flagstaffs, verlasse ich den Ort recht schnell. Über eine Nebenstrecke gelange ich schließlich auf eine Schotterstraße, die als Service Road entlang der Bahnstrecke dient. An einer Unterführung, die mich auf die andere Seite der Bahngleise bringt, kann ich das Fahrrad nicht mehr halten und stürze im groben Gleisschotter.

Obwohl mir nichts passiert, habe ich große Mühe, das Fahrrad durch die Untertunnelung auf der anderen Seite den steilen Schotterpfad hinauf zu schieben. Der Schotter rutscht unter meinen Füßen und bietet mir keinen Halt. Die Schwerkraft lässt das Fahrrad immer wieder zurückrollen.

Ich stemme mich keuchend dagegen. Und erst nach einigen Minuten habe ich dieses eigentlich kleine Hindernis überwunden. Dann geht es für einige Meilen an der Bahnlinie entlang.

Über eine ausgediente Betonstraße gelange ich schließlich wieder auf eine asphaltierte, gut befahrbare Straße. Ich atme auf und stelle fest, dass ich mein gesetzes Tagesziel heute nicht mehr erreichen kann. Da mich dieser Streckenabschnitt viel Kraft und Zeit gekostet hat, mache ich mich frühzeitig auf die Suche nach einem geeigneten Lagerplatz.

Die Straße, auf der ich fahre, hat schon vor langer Zeit ausgedient.

Heute wird sie offensichtlich und überwiegend von Campern benutzt, die auf der Suche nach einem geeigneten Campingplatz für ihr Wohnmobil oder Wohnwagen im Kaibab National Forest sind. Das Ganze wird Dispersed Camping genannt.

Der Term beschreibt das Campen außerhalb eines entwickelten Campingplatzes. Es gibt so gut wie keinen Service und nur ganz wenige Campingtische oder angelegte Feuerstellen. Es kostet nichts und man darf maximal 14 Tage auf diese Art und Weise am selben Ort campen.

Ich habe die Straße fast für mich allein. Der eigentliche Verkehr verläuft über die Interstate, die im Abstand von 100 Metern parallel zu meiner Stecke verläuft.

Bevor ich einen Lagerplatz für mich finde, komme ich noch an einigen Merkwürdigkeiten vorbei. So weiß ich nicht, ob dieser Baum echt ist oder nicht.

Und auch dieses Denkmal bringt mich zum Grübeln. Camp Navajo wurde ursprünglich 1942 in Bellemont (Arizona) eröffnet und wurde in erster Linie zur Lagerung von Munition genutzt, die im Zweiten Weltkrieg im Pazifik eingesetzt wurde.

Heute ist es ein Industriepark, ein Munitionslager und ein regionales, militärisches Ausbildungsgelände.

Kurz nachdem ich dieses Denkmal passiert habe, führt die Straße in den Kaibab National Forest. Mehrere Kilometer entlang der Straße stehen vereinzelt Wohnwagen oder Wohnmobile im Wald. Auf Nachfrage bestätigt man mir, dass es sich um ein Gebiet handelt, in dem Dispersed Camping erlaubt ist. Und auch ich darf mein Zelt aufschlagen hier aufschlagen.

Mir fällt es nicht schwer, in dieser schönen Umgebung einen geeigneten Platz zu finden. Schnell ist mein Zelt aufgebaut. Zum nächsten Nachbarn sind es gut 100 Meter. Die Trinkwasserstelle ist über eine Meile entfernt. Ein offenes Feuer werde ich bei diesem trockenen Wetter nicht machen. Und für den Toilettengang gibt’s den kleinen Spaten …

Bevor ich mich in mein Zelt zurückziehe, mache ich noch einen kleinen Spaziergang, um eine bessere Orientierung zu bekommen.

Während meiner kleinen Runde treffe ich niemandem an. Und so bin ich bereits um 18.30 in meinem kleinen Hotel verschwunden.

Für heute habe ich genug geleistet und will nur noch den heutigen Beitrag für meinen Blog verfassen. Anschließend noch Abendessen. Und dann werde ich mich wohlverdient zur Ruhe legen …

Hier in Arizona befinden wir uns übrigens in GMT-7. Das bedeutet, wir haben zu Deutschland mittlerweile 9 Stunden Zeitdifferenz. Während ihr Zuhause um 17 Uhr euer Feierabendbier trinkt, scheint bei mir die 8 Uhr Morgensonne.

Vielen Dank euch, die ihr mit mir reist. Danke für Eure Gedanken, eure Kommentare und die großzügigen Coffees. Alles das ist mir eine Freude und Wind in meinen Segeln.

Vom Mather Campground zum Grand Canyon Oasis High Desert Camp

8. Oktober 2024

Ich bin früh auf. Einige Throuhiker sind schon vor Stunden aufgebrochen. Die meisten wandern auf dem Arizona-Trail, der den Grand Canyon von der North-Rim zur South-Rim quert.

Die offizielle Wegführung verläuft weiter östlich über den Yaki-Point. Man kann aber auch von Nord nach Süd über den Bright Angel Creek vom Bright Angel Canyon aufsteigen. Das kürzt den Weg zum Mather Campground ein wenig ab.

Ich bin erstaunt, wie viele Wanderer unterwegs sind. Und den Gesprächen gestern Abend am Lagerfeuer ist zu entnehmen, daß hier erfahrene Durchwanderer zusammengekommen sind und sich in jeder Hinsicht austauschen. Colorado Trail, Continental Divide Trail, Pacific Crest Trail und viele weitere Wege werden erwähnt und beschrieben.

Es wird über Ausrüstung gefachsimpelt. Und überlegt, was die beste Ernährung auf solch einer Wanderung sei. Und ganz wichtig: Wo findet man die Trinkwasserresourcen entlang der Wege. Ich höre aufmerksam zu und erlebe großes Interesse auch an meiner Geschichte. Es war ein rundum gelungener Abend.

Heute morgen stehe ich erst allein auf weiter Flur und fange an, in aller Ruhe meine Sachen zu packen. Und dann treffe ich doch noch auf zwei Männer vom gestrigen Abend. Unter anderem Sven, mit dem ich gestern Abend ein sehr schönes persönliches Gespräch geführt hatte.

Sven kommt aus Deutschland. Und so gibt es keinerlei Kommunikationsprobleme. Zum Abschied gebe ich ihm noch meine Webadresse und erhalte seine Visitenkarte. Sven arbeitet als Pilot für eine große Deutsche Fluggesellschaft.

Er bittet mich ihm mitzuteilen, wann ich heimfliege. Und vielleicht sehen wir uns dann wieder. Natürlich freue ich mich riesig über diese Möglichkeit. Aber noch bin ich ein paar Monate unterwegs …

Ich verlasse bis Cameron auf derselben Straße den Grand Canyon National Park, auf der ich hereingekommen bin. Nur einmal halte ich am Desert View Campground an und treffe auf Shira.

Schon vor Tagen hatten wir ein außerordentlich intensives Gespräch geführt. Shira wollte mich zum Essen einladen, und ich hatte abgelehnt, weil ich noch vor Einbruch der Dunkelheit den Mather Campground erreichen wollte.

Nun war es mir ein Herzensanliegen, mich von ihr zu verabschieden. Ich finde sie im Desert View Trading Post. Und wieder spüre ich dieselbe Herzlichkeit. Biggi hätte ihre große Freude daran, sie kennenzulernen. Sie hätte sie gemocht.

Und auch diesmal bietet mir Shira etwas zu essen an. Diesmal nehme ich das Angebot an. Dann verabschieden wir uns voneinander und ich verlasse endgültig diesen wunderbaren Nationalpark.

Bis Cameron geht es im Wesentlichen über das Kaibab – Plateau und durch den gleichnamigen Kaibab National Forest bergab. Über das Plateau breitet sich ein schütterer Wald aus Ponderosa Pines und Wacholderbäumen aus.

Hauptsächliches gemeinsames Merkmal aller Bäume ist ihre begrenzte, niedrige Wuchshöhe, die auf dem Plateau geschätzte 7-8 Meter nicht überschreitet.

Kaibab-Plateau und Forest

Am Rand des Kaibab-Plateau und Forest

In Cameron kündigt sich Regen an. Und nun treffe ich endgültig meine Entscheidung. In bin auf einer Höhe von ca 5.000 Fuß. Bryce Canyon liegt zwischen 8.000 und bis über 9.000 Fuß hoch.

Bisher war das Wetter stabil und es war für die Jahreszeit außergewöhnlich warm. In den nächsten 10 Tagen sollen die Temperaturen ordentlich fallen. Ich brauche wenigstens 4 Tage, um zum Bryce Canyon zu kommen. 2 Tage hatte ich für den Nationalpark veranschlagt und hatte anschließend auch noch Zion National Park auf dem Plan.

Und das ist mir zu riskant. Wenn der Winter kommt, dann kommt er mit Wucht und ich schaffe es nicht mehr über die Rockys, die ich zu überqueren habe. Das könnte für mich sogar gefährlich werden, wenn ich irgendwo festsitze.

Und so schlage ich nun den Weg gen Süden Richtung Flagstaff ein. Daniel aus der Bibliothek im Grand Canyon Village hatte mir einige Empfehlungen mitgegeben, die auf meinem neuen Weg liegen. Und so fahre ich nun voller Freude neuen Abenteuern und Begegnungen entgegen.

Doch irgendwann werde ich unruhig. Wo soll ich mein Zelt aufbauen? Ich komme an Hank’s Trading Post, einer ehemaligen Tankstelle vorbei. Die steht offensichtlich zum Verkauf, wie Schilder anzeigen. Also weiter…

Das Wupatki National Monument liegt im Hinterland. Bis ich dort bin ist alles Licht entschwunden. Die Karte zeigt mir das Wupatki Spirit Totem. Ich kann es vom Straßenrand aus nicht entdecken. Weiter…

Grand Canyon Oasis High Desert Camp. Es ist fast dunkel. Ich steige vom Rad um die Straße sicher zu Überqueren und fahre auf das Gelände. Dort kommt mir Adam entgegen und spricht mich freundlich an. Ich schildere ihm meine Situation, und Adam gewährt mir spontan großzügig eine Parzelle in seinem Wohnpark.

Er warnt mich, einen bestimmten Bereich nicht zu befahren, da dort Pflanzen wachsen, die die Reifen zerstören würden. Dann versorgt er mich mit Getränken und öffnet mir ein Tini-House, so dass ich Zugang zum kleinen, feinen Bad habe.

Ich gebe ihm meine Visitenkarte und erzähle in Kurzform von meiner Traumtour und meiner Familie, die mich so wunderbar begleitet. So findet dieser Tag ein gutes Ende.

Hier an diesem Ort zu sein, gibt mir das gute Gefühl von Sicherheit. Ich danke Adam und seiner Familie für ihre großzügige Gastfreundschaft.

Thruhiker (Durchwanderer) sind Wanderer, die einen Weit- oder Fernwanderweg zusammenhängend vom Anfang bis zum Ende durchwandern.

Die 3 großen und bekannten Trails der USA sind

  1. Pacific Crest Trail – PCT (4.277 km von der mexikanischen bis zur kanadischen Grenze durch CA, OR, WA; 149.000 Höhenmeter)
  2. Continental Devide Trail – CDT (ca. 5.000 km von der mexikanischen bis zur kanadischen Grenze durch NM, CO, WY, MT/ID; 124.000 Höhenmeter)
  3. Appalachian Trail – AT (3.508 km von Georgia bis Maine durch GA, NC, TN, VA, WV, MD, PA, NJ, NY, CT, MA, VT, NH, ME; 142.000 Höhenmeter)

Das beschränkte Zeitfenster dieser Trails (außerhalb dieser Zeit können Passagen lebensgefährlich oder unpassierbar sein) erfordert eine tägliche Strecke von über 30 km.

Ein gutes Wasser- und Lebensmittelmanagement ist notwendig, da die Trails durch die Wildness führen, oft tagelang fern der Zivilisation. Durch extremes Wüstenklima. Durch Schnee und Eis. Über hohe Berge. Durch Flüsse und Wälder.

Wer alle 3 großen Trails gelaufen ist, bekommt die Triple Crown verliehen.

Thruhiker sprechen sich nicht mit Vornamen sondern mit Trailnamen an, die ihnen von anderen Thruhikern für immer verliehen werden. Es sind sprechende Namen wie Wildflower, Pretty Legs oder Packman. Thruhiker sind eine eingeschworene Gemeinschaft.

Ruhetag am Grand Canyon – Blog oder Kladde

7. Oktober 2024

Heute arbeite ich an meinen Beiträgen, da es mir wichtig ist und um nicht zu sehr ins Hintertreffen zu geraten.

Ich habe bisher auf jeder Reise ein Reisetagebuch geführt. Das war meist in einer handlichen Kladde mit meiner krakeligen kleinen Handschrift ganz intim berichtet. Ich habe es nur für mich geschrieben.

Es nun auf diese Weise zu tun – als Reiseblog – weniger vertraulich, weil für euch alle bestimmt, mit denen ich verschiedene Tiefen und Arten der Freundschaft pflege, ist für mich sehr reizvoll.

Vielleicht ist es weniger intim, dafür umso bunter, immer von Herzen und in dem Wissen, dass ich euch auf diese Weise mitnehmen und teilhaben lassen kann. Was ich in meiner kleinen Kladde nicht kann.

Es ist auch ein Geschenk an euch und erfüllt mich mit einem Glücksgefühl. Ich bin nicht allein. Ich habe eine Familie. Und ihr seid Teil davon. Danke, dass ihr da seid!

Grand Canyon, vom Bright Angel Trailhead zum Hermits Rest

6. Oktober 2024

Heute unternehme ich einen Spaziergang auf dem Rim-Trail. Der gestrige Tag hat mir Muskelkater beschert. So lasse ich es heute ruhig angehen.

Der Rim Trail ist sehr gut ausgebaut, weist kaum Höhenunterschied auf und führt relativ dicht an der Canyonkante entlang. In unregelmäßigen Abständen gibt es gut ausgebaute Aussichtspunkte, die gleichzeitig vom Shuttlebus angefahren werden. Zwischen diesen einzelnen Busstationen gibt es weitere interessante Aussichtspunkte.

Nacheinander werde ich Maricopa Point, Powell Point, Hopi Point, Mohave Point, den Moument Creek Vista, den Puma Point und Hermits Rest besuchen.

Zwischen Hopi Point und Monument Creek Vista ist der Weg nicht asphaltiert, sondern führt als naturbelassener Weg an der Felskante entlang. Lediglich an den Busstationen sind die genannten Aussichtspunkte durch Geländer an der Canyonkante gesichert. Der Weg führt also größtenteils an der Canyonkante entlang. Und für die eigene Sicherheit ist man selbst verantwortlich.

Der Grad Canyon ist nicht ganz ungefährlich. Jedes Jahr sind etliche Todesfälle zu verzeichnen. Die meisten Besucher gehen sehr umsichtig und verantwortlich um. Doch ich habe in diesen Tagen viel bodenlosen Leichtsinn gesehen …

Ich stelle eine kleine Auswahl an Bildern ein. Mir ist dabei klar, das die Größe und die gewaltigen Ausmaße des Canyons mit diesen Bildern kaum ausgedrückt werden können.

Doch beim Anschauen der Bilder bekommt ihr vielleicht ein Gefühl für die Weite, die Tiefe und Schönheit des Canyons. Ich auf jeden Fall bin hin und weg.

Grand Canyon Tour: Bright Angel Trail zum Havasupai Garden

5. Oktober 2024

Den heutigen Tag möchte ich meinem Schwiegervater Lothar widmen, der mich von Anbeginn so verständnis- und liebevoll auf meiner Traum-Tour begleitet. Mit großem Interesse folgt er meinem Weg und spart nicht mit Komplimenten. Für all das danke ich ihm von ganzem Herzen.

Doch nun will ich mich auf den Weg machen. Es wird 925 Meter in den Canyon hinabgehen. Und natürlich muss ich auch wieder hinauf. Der Wetterdienst sagt für den heutigen Tag stabiles sonniges Wetter voraus mit Temperaturen bis 40 Grad Celsius. Also viel Flüssigkeit einpacken. Sonnencreme und Kopfbedeckung nicht vergessen. Und auch kalorienreiche Snacks mitnehmen.

Das mir die Hitze nicht zu schaffen macht, ist für mich ein Geschenk. Und so brauche ich für den Weg hinab 2 Stunden und 30 Minuten. Und was mich erstaunt, für den Weg hinauf 2 Stunden und 45 Minuten.

Schon auf dem Weg hinab kommen mir einige Wanderer entgegen, die schwer zu kämpfen haben und erschöpft am Wegesrand hocken. Es erstaunt mich immer wieder, solche Bilder zu sehen. Erklärungen, sich richtig vorzubereiten, wie Warnungen, solche Tour nicht zu unterschätzen, gibt es an den Trailheads genug. Aber es muss auch erwähnt werden, dass die große Mehrheit der Wanderer gut vorbereitet in den Weg einsteigt.

Etwa alle 300 m Höhenunterschied gibt es eine kleine Station, an der jedermann Trinkwasser auffüllen, sein Shirt oder die Kopfbedeckung nass machen und wer will, auch rasten kann. Der Weg ist gut ausgebaut. Markierungen allenfalls in den Serpentinen notwendig. So ist er bei trockenem Wetter gut begehbar. Anders sieht es bei Regenwetter aus. Aber darüber brauche ich heute nicht nachzudenken.

Gelegentlich werde ich erkannt und man spricht mich an. Die meiste Zeit jedoch bin ich ganz bei mir und genieße diese Wanderung in vollen Zügen. In der Folge füge ich ein paar Bilder ein, die den Charakter und die Schönheit dieses vielbegangenen Wanderweges zwischen der South-Rim und dem Havasupai-Garden beschreiben. Und vielleicht gelingt es mir, eure Neugier zu wecken und euch mitzunehmen auf diesen Hike.

Meine Wanderung beginnt am Campingplatz. Mit dem Fahrrad mache ich mich auf den Weg zum Bright-Angel-Trailhead. Schon dieses Stück birgt Überraschungen. Ein Hirschbulle kreuzt meinen Weg.

Und bevor ich den Trailhead erreiche, führe ich schon ein kleines Gespräch mit Besuchern an der South-Rim und genieße ansonsten den Blick in die Landschaft.

Bis zum Trailhead ist der Wanderweg (Rim-Trail) gut ausgebaut und asphaltiert. Somit auch gut begehbar für Rollstuhlfahrer.

Die hochaufragenden, senkrechten Felsmauern bilden einen starken Kontrast zum tiefen, weiten Canyon.

Und viele Abschnitte weisen keine weiteren Sicherungen auf.

Auf alle Fälle lohnt es sich immer wieder, stehen zu bleiben und die grandiose Aussicht zu genießen.

Mitunter hat sich ein richtiger Hohlweg ausgebildet.

Am Havasupai Campground fallen diese Galgen auf, an denen Hiker ihre Rucksäcke aufhängen können, um zu verhindern, dass kleine Nager sich an dem Inhalt zu schaffen machen.

Und Geländer gibt es so gut wie keine. Selbst an steilen Flanken wird darauf verzichtet.

Beargrass Tree Nolina mit einer Wuchshöhe von beeindruckenden 5 Metern.

Nur ganz wenige Wegabschnite weisen eine Pflasterung über ein paar Meter auf, die vor langer Zeit angelegt worden sein muss.

Viele Wegabschnitte sind durch Baumstämme stabilisiert, die dem Erodieren von Sand und Schotter entgegenwirken.

Und auch Reiter zu Pferde begegnen einem auf dem schmalen Pfad …

Und ständige Begleiter auf dem Weg in die Tiefe sind die kleinen Squirrels.

Hier sieht man schön, wie der Weg teils über kleine Felsstufen entlang der Bergflanke in die Tiefe führt.

Die Aussichten auf dem Weg sind immer wieder grandios. In der rechten unteren Bildecke sind einige Wanderer zu sehen.

An einigen Stellen läuft man zwischen den Felsen. Und nur der Blick nach oben gibt die Sicht frei. Ansonsten ist man von steilen Felswänden umgeben …

In der Bildmitte ist der Weg zum Plateaupoint zu sehen. Wegen einer gebrochenen Wasserleitung war er leider ab dem Havasupai Campground gesperrt.

Die Temperatur auf dem Havasupai Campground liegt um 13.00 Uhr bereits bei 38°C und dürfte nachmittags die 40°C locker überschreiten.

925 Meter unterhalb der South Rim liegt der Havasupai Campground versteckt und geschützt in einem kleinen Wald mit einigen riesigen, in die Tage gekommenen Pappeln.

Mitunter türmt sich die senkrechte Mauer hunderte von Metern über einem auf. Am Fuße dieser Wände fühlt man sich dann winzig klein.

Der Bright Angel Trail führt am Havasupai Campground vorbei. In den Felsen am Wegesrand wachsen neben vielen anderen, dem Mikroklima angepassten Pflanzen auch verschiedene Kakteenarten.

Gleich zu Beginn führt der Weg durch einen, komfortablen Felsdurchbruch.

In diesem Bild ist sehr schön zu erkennen, wie steil das Gelände ist, durch das der Weg in etlichen Serpentinen führt.

Ich weiß nicht, wie viele Menschen heute gleichzeitig mit mir auf dem Weg waren. Ein paar Hundert mögen es gewesen sein. Und für mich war das schon außergewöhnlich. Wie schön muss es zu Zeiten sein, in denen man mehr oder weniger allein auf diesem Pfad unterwegs ist.

Ein Ruhetag am Grand Canyon

4. Oktober 2024

Um 7.00 Uhr bin ich umgezogen zum Hiker-Biker-Camp, habe mein Zelt aufgeschlagen und alle Formalitäten erledigt. Den heutigen Tag will ich erst einmal ausruhen. Ich möchte nur die South Rim entlang spazieren gehen. Und das auch erst zum Sonnenuntergang.

So wird es ein ruhiger Tag. Die Erholung tut mir gut. Und die mürben Pobacken können endlich anfangen, zu heilen. Trotz Polster und Fett-Creme zeigte sich die Haut an den Druckstellen zunehmend irritiert und weist Schäden auf. So ist es gut, zu rasten.

Um 16.00 Uhr mache ich mich auf den Weg zum Südrand des Canyons. Ich lasse mich treiben und genieße den Blick in den gewaltigen Canyon. Genieße das Licht, das auf die Felsen trifft und fortwährend die Farben des Canyons ändert. Es genügt nicht, einen Blick in den Canyon zu werfen. Dafür ist er viel zu vielfältig.

Die folgenden 2 Stunden bis zum Einbruch der Dunkelheit verlaufen wie ein Film. Ein ganz großes Theather. Und ich brauche nur zu schauen und zu genießen. Ich vergesse die vielen Menschen um mich herum, vergesse die Zeit und wünsche mir Biggi an meiner Seite. Der Genuss ist unendlich an diesem Ort, in diesem Augenblick.

Und natürlich hab ich das Smartphone dabei, um zu teilen, was ich sehe … wortlos, von ganzem Herzen, für euch.

Von Tuba City zum Grand Canyon Matherpoint Campground, Arizona

3. Oktober 2024

Mit Tagesanbruch mache ich mich auf meinen heutigen Weg. Über 80 Meilen sind zu bewältigen. Ich nutze den kühlen Morgen, denn wir werden heute wieder 39 Grad haben und es gibt kräftige Steigungen zu bewältigen.

Eigentlich wollte ich auf dem Desert View Campground übernachten und hatte online versucht, eine Übernachtung zu buchen. Das war mir nicht vergönnt, da der Campingplatz restlos ausgebucht ist.

So hab ich mich für den Matherpoint Campground entschieden, der 31 Meilen weiter nahe Grand Canyon Village liegt.

Rechter Hand im Hintergrund fließt der Little Colorado River in seinem im tiefen Canyon liegenden Bett. In der Ebene des Kaibab Plateaus ist der Canyon fast nicht zu erkennen.

Nur an wenigen Stellen hat man von der Straße aus einen Blick auf darauf. Um ihn wirklich sehen zu können, muss ich an den Canyonrand treten, was ich mir nicht gönne.

Von Tuba City nach Cameron habe ich leichtes Spiel, führt doch die Straße ständig ganz leicht bergab. Das kehrt sich mit dem Passieren des kleinen Ortes Cameron um. Von nun an geht’s stetig bergauf. Hinauf aufs Kaibab-Plateau.

Der Südrand des Grand Canyon weist eine durchschnittliche Höhe von etwas über 2.100 m auf. Cameron liegt 1.280 Meter über dem Meeresspiegel. Diese 900 Meter müssen überwunden werden.

Ich fahre durch Navaho Land. Leere Verkaufsstände säumen hier und da den Straßenrand.

Little Colorado River

Am Parkeingang gratuliert man mir zu meiner Leistung. Autofahrer, die mich überholt hatten, haben mich bereits angekündigt. Und obwohl ich am liebsten für heute Schluss machen würde, liegen noch 31 Meilen vor mir, die ich bewältigen muss.

Da der Matherpoint Campground etwas tiefer liegt als der östliche Parkeingang, verliere ich auf der Strecke sogar einige Höhenmeter. Ansonsten ist es ein ständiges Auf und Ab. Immer wieder geht es kleine Anstiege hinauf und auf der anderen Seite flott hinab.

Am Desert View Campground erreiche ich zum ersten mal den Canyonrand. Da ich hier aber keinen Zeitplatz buchen konnte, fahre ich gleich weiter. Entlang der nächsten 30 Meilen weisen kleine Hinweisschilder immer wieder auf attraktive Aussichtspunkte hin, die ich einen nach dem anderen besuche.

Für mich ein ganz besonderes Erlebnis, war ich doch das letzte Mal vor 41 Jahren hier. Und was ich sehe, ist neu für mich. Die ganze Landschaft, die Weite, der Raum. Alles ist so riesig, dass ich, wenn ich hineinschaue, jeden Tag etwas Neues entdecken kann.

Ich mach mir nicht die Mühe, die im Bild gezeigten Lokalitäten namentlich zu benennen. Die Literatur über den Canyon füllt ganze Bibliotheken. Ich beschränke mich auf das Wunder, welches ich sehe. Dabei hilft mir mein Verständnis für die Geologie und mein großes Interesse an der Natur.

Gegen 18.00 Uhr erreiche ich Matherpoint Campground. Schnell sind alle Formalitäten geklärt. Und hier wird mir einmal richtig erklärt, wie das mit den Hiker-Biker-Campsites funktioniert. Diese werden auf der Online-Plattform nicht angeboten.

So hätte ich durchaus auf dem Desert View Campground einchecken können. Für solche Throughhiker oder Long-Distance-Hiker/Biker wie mich, wird man immer einen Platz haben. Dieser Hinweis ist eine enorme Erleichterung für mich, fällt doch damit in Zukunft das Bemühen um eine Online Buchung weg. Zumal es immer noch weite Gebiete gibt, in denen kein Internet verfügbar ist und ich somit überhaupt nicht buchen kann.

Für den Mather Campground habe ich eine Buchung für eine Nacht, die mich 18 Dollar gekostet hat. So verbringe ich die erste Nacht noch auf einem Caravan-Stellplatz. Und morgen früh werde ich in das Hiker-Biker-Camp umziehen. Dort kostet mich die Übernachtung nur 6 Dollar.

Nachdem ich mein Zelt aufgebaut und eingerichtet habe, mache ich mich auf die Suche nach Sara. Ich hatte sie östlich des Grand Canyon Village an der South Rim getroffen und wir waren ins Gespräch gekommen.

Sara, die mit ihrem Trailer auf demselben Campingplatz steht, hatte mich zu sich eingeladen. Erkennungszeichen: Roter Pickup-Truck mit weißem Aufbau im Oak Loop. Es dauert eine Weile, bis ich sie gefunden habe.

Sarah ist gerade am Bereiten des Abendessens und läd mich ein, mit ihr zu speisen. Es gibt Canneloni mit Bison-Ragout. Und davon reichlich. Dazu ein nettes Gespräch über das Reisen selbst, sowie die Ernährung auf Reisen. Und auch hier bekomme ich Tipps, mich gut zu ernähren.

Da auch Sara den Tag für eine Wanderung genutzt hat, sind wir beide müde und um 21.30 Uhr verabschiede ich mich und begebe ich mich zu meinem Zelt. Ich beschließe den Tag mit dem Fazit: Müde, satt und glücklich.

Einmal mehr konnte ich die großartige Gastfreundschaft in diesem Land genießen. Mit ihrer Gastfreundschaft, ihrem überaus lebhaften und freundlichen Wesen bestätigte Sara mir, was ich bei so vielen Amerikanern erlebt habe. Und ich bin dankbar, sie getroffen zu haben.

South Rim, east of Grand Canyon Village. Ich bin sprachlos und staune.

Zum Tagesausklang und zu eurer Mit-Freude noch einige Impressionen von der South-Rim.

Ein Tag in Tuba City, Arizona

2. Oktober 2024

Um 6:30 Uhr bin ich hoch. Ich will den Tag für meinen Blog nutzen. Es fehlen mittlerweile fünf Tage. Und so setze ich mich hin und fange an zu schreiben. Aber es gibt Schwierigkeiten.

Immer wenn ich ein Bild hochladen will, bricht der Prozess nach fünf bis sechs Minuten ab und die startet von Neuem. Dieser Vorgang wiederholt sich einige Male. Zuerst habe ich keine Erklärung. Doch dann fällt mir auf, dass mein Gastgeber in seinem Homeoffice arbeitet. Und da ich an sein WiFi gekoppelt bin, reichen die Kapazitäten nicht aus, mich zu versorgen.

So entschließe ich mich am späten Vormittag, mein Glück bei McDonald zu versuchen. Gegen Mittag treffe ich dort ein, suche mir ein Plätzchen und fange an zu schreiben. Bereits nach wenigen Minuten spricht mich eine Dame an. Sie erklärt sie sei eine Hopi und ihr Freund ein Navaho. Und da Hopi und Navaho miteinander nicht so gut können, hätte ihr Freund erst einen Streit auszutragen.

Ich erkläre ihr kurz, dass ich gerade einen Brief schreibe und mich konzentrieren müsse. Darauf setzt sie sich zu mir an den Tisch und läßt mit ihren Fragen nicht locker. Woher kommst Du? Warum bist du hier? Wo willst du hin? Bist du verheiratet? Warum ist deine Frau nicht dabei? … So geht das in einem fort.

Schließlich bittet sie mich um einen Hamburger. Ich denke, wenn ich ihr einen Burger kaufe, wird sie sich an einen anderen Tisch setzten und dort speisen. Weit gefehlt. Aus dem Cheeseburger wird ein Double Quart Pounder, den sie an meinem Tisch verspeisen möchte.

Es gelingt mir nicht, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. Ihr gelingt es um so besser, mich von meiner Arbeit abzuhalten. So geht das über Stunden. Schließlich kommt ihr Vater herein, nimmt sie schweigend und liebevoll an die Hand und führt sie heim. Es ist 17.30 Uhr, als auch ich mich auf den Weg zu meinem Quartier mache.

Dort bereite ich mir mein Abendessen: Spaghetti mit Fleischsoße. Gemeinsam mit meinen Gastgebern speisen wir auf der Terrasse im Garten. Dann ziehe ich mich in das Büro meines Gastgebers zurück. Das Schlafzimmer, in dem ich vergangene Nacht geruht habe, musste ich auf bitten meiner Gastgeber zu Gunsten eines guten Freundes der Familie räumen.

Da ich Schlafsack und Isomatte habe, ist es mir ein Leichtes, ihrem Wunsch nachzukommen. Der Vorteil für mich liegt darin, dass ich nachts nicht von lautem Hundegebell geweckt werde.

In der vergangenen Nacht war ich unzählige Male vom Gebell der Hunde des Nachbarn geweckt worden, die direkt unter dem offenen Fenster die Nacht draußen verbrachten. Da das Zimmer über keine Klimaanlage verfügt und während des Tages durch die brennende Sonne sehr aufgeheizt worden war, ließ ich das Fenster offen, um die Kühle der Nacht zu empfangen. Aber das hatte eben seinen Preis.

Die heutige Nacht wird ruhiger. Und ich brauche sie für meine Erholung und mein Wohlgefühl. Ich freu mich schon auf den nächsten Tag und fange an zu träumen…