Jo's DreamA bike. A tent. A year.

USA

The heart of the United States beats through towering forests, undulating fields, high-plain deserts, pulsating metropolises and offbeat oases.a.

Von McMillan nach Munising, Michigan

6. August 2024.

Ich bin früh auf. Gary und Jan warten bereits. Und nach einem herzhaften Frühstück geht es endlich wieder aufs Fahrrad. Der frische Morgen tut richtig gut. Die Sonne lacht und der kühlende Morgenwind bereitet mir große Freude.

Über breite Schotterpisten und Flickenasphalt geht es nach einigen Kilometern zurück auf die gut ausgebautem 10 Curves Road, die sich entlang dem kleinen, unscheinbaren Fox-River durch den Wald windet. Auf der Old Seney Road geht es weiter durch herrlichen Wald.

Licht und Schatten spielen miteinander und irritieren das Auge.

An wenigen Stellen wird die Schotterpiste von sandigen Wegabschnitten abgelöst. Hier muss ich das Fahrrad schieben. Trotzdem komme ich gut voran und erreiche schließlich den winzigen Ort Seney. Viel gibt es hier nicht zu sehen.

Ein paar Häuser und ein kleines Eisenbahnmuseum neben der Bahnstrecke, von der ich nicht weiß, ob sie überhaupt noch betrieben wird.

Weiter geht es auf guten Wegen nach Grand Marais, wo ich um die Mittagszeit eintreffe. Der Ort liegt am Ufer des Lake Superior und ist das östliche Tor zum Pictured Rocks National Lakeshore.

Die alte Poststation ist heute ein winziges Museum, welches gegen eine freiwillige Spende besucht werden kann. Garry hatte mir die Gegend empfohlen. Insbesondere die Strecke zwischen Grand Marais und Munising. Es ist eine seiner Lieblingsstrecken. Und so folge ich gerne seinem Rat.

Nach wenigen Kilometern weist ein Schild auf die Sable Falls hin. Ich lege einen kurzen Stopp ein, schließe mein Fahrrad ab und wandere auf gutem Weg und 165 Treppenstufen hinab zu den Sable-Wasserfällen.

Die Wasserfälle stürzen an diesem verwunschenen Ort inmitten des Waldes 75 Fuß über die Sandsteinformationen. Dabei liegt der Wasserfall nur ca. 800 m vom Lake Superior entfernt versteckt im Wald. Doch an diesem schönen Tag ist auch dieser Ort überlaufen. Und so ziehe ich mich schon nach wenigen Minuten zurück zum Fahrrad.

Diese kurze Zeit meiner Abwesenheit hat irgend jemandem ausgereicht, meine Lenkertasche zu durchwühlen und meinen kleinen Kilometerzähler an der Gabel zu beschädigen. In der Tasche scheint nichts zu fehlen. Geld und Papiere hatte ich zuvor entnommen. Der Taktgeber für meinen Kilometerzähler ist nach einigen Minuten repariert. Ich bin froh, dass keine weiteren Beschädigungen vorliegen und nichts fehlt. So fahre ich weiter.

Vorbei an kleinen Bächen, die in den Lake Superior münden. Durch lichtdurchflutete, grüne Wälder.

Vorbei an stillen Seen.

An kleinen Sandstränden entlang.

Und immer wieder vorbei an blühenden Wiesen und Straßenrändern: Gefleckte Sonnenblumen, das schmalblättrige Weidenröschen, der Wasserdost, das Bischofskraut, kleine Inseln voller Blutweiderich. Und hier und da Büschel des weißggelb blühenden, großblütrigen Perlkörbchen. Und zwischen dem massenhaft auftretenden Rainfarn, der sich immer wieder mit der Goldrute abwechselt, entdecke ich sogar die Wilde Bergamotte. Es ist eine wahre Pracht, die mich den ganzen Tag begleitet. Und ich genieße es …

Am späten Nachmittag erreiche ich Munising. Es ist bereits zu spät, um noch die Pictured Rocks zu erkunden. Und so verschiebe ich diese Absichten auf morgen. Viel wichtiger ist mir, ein Quartier zu finden.

Nach einiger Zeit entdecke ich ein geeignetes Gelände. Eine große, weite Wiese. So weit, dass die ersten Sonnenstrahlen am kommenden Morgen das Zelt berühren können. So ist das Zelt in der Regel gegen 9:00 Uhr trocken und kann sorglos eingepackt werden.

Und nach telefonischer Anfrage erlaubt mir eine Dame am anderen Ende der Leitung, mein Zelt auf dem Gelände aufzuschlagen. Fernab der Straße finde ich heute mein Zuhause. Schnell ist das Zelt aufgebaut. Eben so schnell alle Sachen darin verstaut.

Es ist noch keine 9 Uhr am Abend, da fallen mir bereits die Augen zu. Irgendwann in der Nacht weckt mich das vielstimmige Geheul der Coyoten im angrenzenden Wald. Und es bleibt dabei. Die Tiere lassen mich ansonsten in Ruhe.

Mein letzter Tag in McMillan, Michigan

5. August 2024

Es ist mein letzter Tag in McMillan, den ich ausschließlich dafür verwende, meinen Blog zu füllen. Seit meinem letzten Eintrag sind ein paar Tage vergangen. Und da ich jeden Tag Neues erleben, jeden Tag neue Eindrücke aufnehme, gerät das Gestrige, wenn ich nicht aufpasse, schon nach wenigen Tagen in Vergessenheit. Nicht die Schätze gehen mir verloren, sondern die Chronologie.

Die Arbeit am Smartphone ist ein wenig umständlich. Aber mit Notizzettel und Kugelschreiber hab ich einen einigermaßen zufriedenstellenden Weg gefunden, kleine Textbeiträge zu verfassen. Der Aufwand ist jedoch durch die sich für jedes Bild und jeden Absatz ständig wiederholenden Arbeitsschritte recht groß. Und so braucht es pro Blog im Durchschnitt 2,5 Stunden, ihn fertigzustellen.

Neben dem Schreiben nutzen wir die Zeit für weitere interessante Gespräche. An Themen mangelt es wahrlich nicht. Und weiterhin zu erwähnen ist das leckere mexikanische Gericht zum Abend.

Zum Abschluss des Tages nimmt sich Gary noch viel Zeit, mit mir die folgenden Tage zu planen. Als begeisterter Radfahrer mit seiner weitreichenden Touren-Erfahrung, weiß er mir gute Ratschläge zu geben. Seine Erfahrung wird mir bis Duluth weiterhelfen. Seine umfangreiche, detaillierte Wegbeschreibung ist sehr präzise. Und all seine Beschreibungen werde ich in den darauffolgenden Tagen auf meinem Weg westwärts durch die Upper Peninsula Michigans wiederfinden.

Für mich waren die letzten Tage wunderschön und unvergesslich und ein Teil der Erfüllung meines Traumes.

Wenn ich Jan charakterisieren wollte, würde ich sagen, sie ist eine Botschafterin des Seney National Wildlife Refuge. Ausgestattet mit viel Erfahrung und der ständigen Bereitschaft ihr Wissen mit Anderen zu teilen.

Und auch Gary ist etwas ganz besonderes für mich. Seine ruhige, einfühlsame Art hat mich sehr beeindruckt. Seine wertvollen Tipps bei der Planung meines weiteren Weges werden mir in den kommenden Tagen noch sehr hilfreich sein.

Und auch heute wieder: Vielen Dank euch allen, die ihr mich online auf meiner Reise begleitet! Das gibt mir Mut und erfreut mein Herz. Und euch, die ihr mir einen Kaffee spendiert. Ihr bewegt mich und es hilft mir, weiter zu petten!

Ausschnitt einer handgearbeiteten Quilt-Decke … 270 x 220 cm und wunderschön …

A day at the Big Manistique Lake

Sonntag, 4. August 2024

Ich bin erst um 9.30 Uhr aufgewacht. Erschrocken springe ich aus dem Bett, husche eiligst ins Bad und komme wenige Minuten später in den Wohnbereich, wo Jan und Gary sich aufhalten. Im ersten Augenblick ist es mir unangenehm, so lange geschlafen zu haben. Aber Jan nimmt mir sofort den Wind aus den Segeln. Es ist ihre Grundeinstellung, den Gast schlafen zu lassen, so lange er will.

Nach zwei großen Bechern leckerem Morgenkaffee bin ich wach. Jan und Gary bereiten gemeinsam das Frühstück. Es ist schön mitzuerleben, wie achtsam und liebevoll beide miteinander umgehen. Großzügig lassen sie mich teilhaben an ihrem Leben.

Am Nachmittag unternehmen wir gemeinsam eine Bootsfahrt auf dem Manistique Lake. Jan und Gary sind sehr gute Beobachter und höchst interessierte Naturliebhaber. Da sie von Frühling bis zum späten Herbst am Seeufer leben und täglich draußen sind, kennen sie die Besonderheiten des Sees. Sie wissen, wo sich welche Tiere zu welcher Zeit aufhalten.

Da ist es für mich ein ganz besonderes Erlebnis, unter ihrer Führung mit dem Boot entlang der Uferlinie zu fahren und nach Weißkopf-Seeadlern Ausschau zu halten. Gary kennt ihre Brutplätze. Und so dauert es nicht lange, bis wir die ersten Weißkopf-Seeadler hoch oben im Geäst der Bäume entdecken.

Respektvoll hält Gary Abstand zu den Tieren und nähert sich nur vorsichtig und ganz langsam. Es bleibt genügend Zeit, diese Tiere, zwei Erwachsene und zwei Jungtiere, aus der Distanz zu beobachten. Ich bin zutiefst beeindruckt.

Dann nehmen wir wieder Fahrt auf und es geht über den See zu den Inseln. Auch sie sind voll von Tierleben. Insbesondere die Vögel haben sich diesen Lebensraum erobert. Hier in dieser Abgeschiedenheit können sie sich entfalten.

Im Ufersaum der ersten Insel entdecken wir einen ganzen Schwarm Merganser (Mittel-Säger). Und oben im Geäst ist ganz kurz ein fliegender Seetaucher zu sehen. Ein Weißkopf-Seeadler präsentiert sich leuchtend in der späten Nachmittagssonne. Jan hat ihre kleine Kamera dabei und macht mehrere Aufnahmen. Die schönsten Aufnahmen veröffentlicht sie auf Postkarten und verkauft sie im Vierer-Set an interessierte Gäste.

Die nächste Insel haben sich die Kormorane auserkoren. Schon von weitem erkennt man die Vögel im kahlen Geäst sterbender Bäume. In den Baumwipfeln sind ihre Nester gut zu erkennen.

Die wenigen Blätter in den unteren Etagen der Bäume ächzen unter der erstickenden Last des allgegenwärtigen Vogelkots. Was die schlapp herabhängenden Blätter nicht mehr halten können tropft zu Boden und bildet unübersehbar am Boden eine weiße, intensiv riechende Kotschicht.

Als wir näher an die Insel heranfahren, entdeckt Jan einen weißen Pelikan. Dieser scheint als Ausnahmegast schon ein paar Wochen hier zu sein und fühlt sich offensichtlich zwischen Kormoranen und Möwen wohl.

Wir lassen uns viel Zeit, die Szenerie zu bewundern. Und ich bin verwundert, wie wenig aufgeregt es unter der Vogelschar zugeht. Obwohl wir doch in ihrem Revier herumschippern.

Schließlich machen wir uns auf die Heimfahrt. Vorbei an einer weiteren Insel, die einst bewohnt, nun aber verlassen ist. Das verlassene Gebäude über und über mit weißem Vogelkot besprenkelt. Vielleicht haben die Bewohner es irgend wann aufgegeben, sich gegen diese Vogelinvasion zu stemmen. Vielleicht war es auch die Abgeschiedenheit vom Ufer der Sees, was sie zur Aufgabe zwang. Was bleibt ist ein idyllischer Ort, den sich die Natur zurückerobert.

Wieder daheim ist es Zeit für das Abendessen. Nebenbei bereitet Gary japanische Reiskuchen aus Klebreis mit leckerer, süßer Bohnen-Füllung und lässt mich teilhaben an der Herstellung dieser Kuchen. Bei meinen Kochkenntnissen eine interessante, neue Erfahrung. Später und am folgenden Tag werden wir diese Reiskuchen als kleine Zwischenmahlzeiten verspeisen.

Nach dem Abendesen verbringen wir noch eine gemeinsame Zeit im Wohnbereich. Unsere Gespräche drehen sich unter vielen anderen Themen auch um Politik. Und hier insbesondere um die anstehenden Wahlen im November. Und ich stelle fest, dass unsere politischen Ansichten über das aktuelle Geschehen sich weitestgehend decken. In dieser Atmosphäre ist es äußerst angenehm auch über kontroverse Themen zu diskutieren.

Ich erfahre ein wenig aus dem Leben der Beiden. Dabei sticht eine kleine Besonderheit hervor. Gary war einst einer der Fackelträger der olympischen Flamme auf ihrem langen Weg nach Montreal. Diese schöne Fackel ziert noch heute ihr Wohnzimmer…

Und am Ende des Tages kommen sie mir mit dem Angebot entgegen, noch einen weiteren Tag dranzuhängen. Erstens kann ich an meinem Blog weiterarbeiten. Und zweitens wird Jan zum Abendessen ein mexikanisches Gericht bereiten. Für mich ein großartiges Geschenk, das ich nur all zu gerne annehme.

Und immer wieder vielen Dank euch, die ihr mich auf meiner Reise begleitet! Das gibt mir Mut und erfreut mein Herz. Und danke euch, die ihr mir einen Kaffee spendiert. Ihr bewegt mich und es hilft mir, weiter zu petten!

Vom Soldier Lake Campground, Chippewa County nach McMillan, Michigan

Ich bin früh auf. Mike hat mich zum Morgenkaffee mit Frühstück eingeladen. Und so haben wir beide noch ein paar schöne Minuten, um zu plaudern. Anschließend geht es weiter.

Nach ein paar Meilen ein erster Stopp. Vor dem Strongs Motel stehen unzählige Motorräder. Da passe ich mit meinem Fahrrad bestimmt dazwischen. Leider kommt kein intensiver Kontakt zustande. Die Männer machen dasselbe, wie ich – sie wollen einfach ihren Spaß haben.

Ein Biker spricht mich an und ich erzähle kurz woher – wohin. Er gibt mir seine Visitenkarte: Mike ‚Otto‘ Deutsch/Owner mit Telefonnummer und Webadresse. Er sagt, wenn ich in seine Gegend komme, soll ich anklopfen. Er bietet mir eine Dusche und eine Übernachtung an. Ich bin überrascht. Einfach so. Ohne viele Worte.

Und dann ist er auch schon wieder fort. Rüber zu seinen Freunden. Vor Monterey werde ich Kontakt zu ihm aufnehmen. Wie wertvoll solche Momente doch sind …

Die nächste Meile reihen sich vor fast jedem Motel die Motorräder. Es müssen wohl an die 200 Maschinen sein.

Dann wird es wieder still. Wetlands und Wälder nebeneinander. Und gleich neben der Straße überrascht mich ein Kanadakranich im Schilfgürtel. Gut getarnt. Es ist seine Bewegung, die meine Aufmerksamkeit auf ihn lenkt. Für ein Foto verharrt er in Stille. Dann hebt er trompetend ab und verschwindet im angrenzenden Wald.

Nur wenige Minuten später passieren ich eine Kreuzung. Hier werden die Reste einst blühender Tierleben angeboten. Wolf, Kojote und viele andere Felle hängen fein säuberlich und friedlich nebeneinander. Es stimmt mich nachdenklich. Zuhause wäre das kaum mehr möglich. Gleichzeitig verrät das nächtliche Geheul der Kojoten, dass sie zumindest in großer Anzahl durch die hiesigen Wälder streichen. Es gibt also genug „Futter“ für sie.

Je näher ich meinem heutigen Ziel komme, um so mehr verändert sich die Straße. Zuerst geht es auf breiter Schulter voran. Dann weiter über asphaltierte, sanierungsbedürftige Straßen. Und zuletzt über die geliebten Schotterstraßen.

Sie führen durch die weniger besiedelte, landwirtschaftlich genutzte oder auch ungenutzte Naturräume in diesem riesigen Land. Immerhin führen sie mich auch irgendwie immer zu einer menschlichen Behausung. So auch heute. Meine Gastgeber für die nächsten drei Tage sind Jan und Gary. Und ich erlebe ein weiteres Mal eine großartige Gastfreundschaft.

Jan war Lehrerin aus Leidenschaft. Gary Computerspizialist. Und beide haben ein wunderbares Zuhause am Big Manistique Lake, einem 4.100 ha großen See auf der oberen Halbinsel des US-Bundesstaates Michigan.

Mit einer Länge von etwa 10,5 km und einer Breite von 6,4 km ist er einer der größten Seen der oberen Halbinsel. Big Manistique Lake entwässert durch einen sumpfigen Auslauf am Westende des Sees, der eine Quelle des Manistique River bildet.

Der See ist relativ flach. Seine tiefste Stelle liegt nur ca 6 m unter der Wasseroberfläche und die durchschnittliche Tiefe beträgt 3,0 m. Und so kann ich 100 Meter in den See hineingehen und das Wasser reicht mir noch immer nicht bis zum Hals.

Jan und Gary heißen mich herzlich willkommen. Sie zeigen mir mein Zimmer. Alles ist vorbereitet. Ich lade ab. Und mein erster Gang führt geradewegs in den See, um ein erfrischendes Bad zu nehmen.

Später Speisen wir gemeinsam. Gary ist 12 Jahre lang in Japan aufgewachsen. Er liebt das Kochen und ich darf zwischen mexikanischer und japanischer Speise wählen. Ich entscheide mich für das japanische Gericht, da es für mich ganz neue kulinarische Eindrücke bietet. Zusammenfassend lässt sich sagen: Ein Genuss!

Nach dem Abendessen haben beide noch eine Überraschung für mich vorbereitet. Sie laden mich zu einer kleinen Rundreise auf einen einspurigen, mit dem Auto befahrbaren Trail durch das Seney National Wildlife Refuge ein. Der Rundweg führt über 7 Meilen durch das Feuchtgebiet. In Schritttempo fahren wir durch diese Labdschaft und wann immer ich Stopp rufe, hält Gary an, damit ich ein Foto von dieser herrlichen Welt machen kann.

Das Seney National Wildlife Refuge ist ein auf einer Fläche von 385 km² bewirtschaftetes Feuchtgebiet im US-Bundesstaat Michigan. Es ist darauf ausgerichtet, Lebensraum für Vögel zu erhalten. Innerhalb des Schutzgebiets befinden sich die Seney Wilderness Area und das Strangmoor Bog.

In dem angrenzenden Schutzbebiet leben unter anderem Fischotter, Biber, Elche, Schwarzbären und Wölfe. In Seney wurden 211 verschiedene Vogelarten registriert, darunter Enten, Weißkopfseeadler, Trompeterschwäne, Fischadler, Kanadakraniche und Eistaucher. Auf der Westseite des National Wildlife Refuge ist ein Grundstück mit einer Fläche von 102 km² offiziell als Wildnisgebiet ausgewiesen.

Dieser Park ist ein Paradies für alle Vogelbeobachter. Hier können große Populationen von Trompeterschwänen, Eistauchern, Fischadlern, Weißkopfseeadlern und Hunderten anderer Vogelarten beobachtet werden. Wir sind am Abend mit nicht ganz so mit Viefalt gesegnet. Aber neben Kanadagänsen, Sägern und Seetauchern bekomme ich auch noch eine Schildkröte zu Gesicht, die die schmale Fahrspur kreuzt.

Jan und Gary wissen eine Menge über das Tierleben im Seney National Wildlife Refuge zu berichten. Und ich höre ihnen nur zu gerne zu. Gegen 21.30 Uhr sind wir wieder daheim. Ein wunderschöner Tag geht zuende.

Vielen Dank euch, die ihr mich auf meiner Reise begleitet! Das gibt mir Mut und erfreut mein Herz. Und danke euch, die ihr mir einen Kaffee spendiert. Auch wenn ich euch nicht einzeln danken kann: es bewegt mich und hilft mir, weiter zu petten!

Bell’s Point Beach Campground, Echo Bay, Ontario, Kanada nach Soldier Lake Campground, Chippewa County, Michigan, USA

Was für ein Tag …
Ich habe bis 8 Uhr geschlafen. Meine Nachbarn Jordan, Keyla und Adeline (8 Monate alt und voller Lebensfreude) kommen um dieselbe Zeit aus ihrem Zelt.

Jordan und Keyla hatten mich zum Frühstück eingeladen. Es gibt 3 Spiegeleier, Toastbrot und reichlich kross gebratenen Speck. Eine gute Grundlage für den heutigen Tag. Gegen 10.00 Uhr bedanke und verabschiede ich mich von den Dreien, packe die letzten Sachen zusammen und um 10.30 Uhr verlasse ich den Campingplatz.

Da die Powerbanks fast entleert und mein Smartphone nur noch 7% Energiereserven hat, halte ich an einem Tim Horton Shop. Bevor ich hineingehe, verzehre ich noch 4 getrocknete Würstchen. Ich hatte davon ca 25 Stück. Laut Anweisung brauchen sie nach Öffnung der Packung nicht in den Kühlschrank.

Im Restaurant kann ich mein Smartphone aufladen. Währenddessen schreibe ich an meinem Blog. Unwohlsein macht sich in mir bemerkbar. Ich werde unruhig, laufe zwischen Toilette und Tisch hin und her. Der Bauch fängt an in Wellen zu schmerzen. Dazwischen hab ich Ruhe.

Als das Smartphone 100% des Ladezustands erreicht hat, fahre ich weiter. Die Bauchschmerzen kommen zurück und plagen mich plötzlich so sehr, dass ich fast vom Fahrrad falle. Krumm vor Leibschmerzen stolpere ich in das mir nächstgelegene Haus: The Real Estate Stop Inc in SAULT Ste. Marie, wie ich erst später mitbekomme.

Krampfhaft halte ich mich am Empfangstresen fest. Die höfliche Frage, wie es mir geht, kann ich nur mit „Nicht gut“ beantworten. Ich frage nach dem Waschraum. Und eine Minute später sitze ich schon auf der Brille und krümme mich vor Schmerzen. Übelkeit steigt schlagartig in mir auf. Ich hyperventiliere und versuche, die Situation in den Griff zu bekommen.

Ein besorgter Mitarbeiter fragt, wie er helfen kann und reicht mir Wasser unter der Toilettentür hindurch. Man gibt mir Zeit, mich zu erholen. Und als ich nach gefühlt 1/2 Stunde wieder in den Empfangsbereich komme, zeigt man sich sehr besorgt. Auf liebevolle Art werde ich die nächsten zwei Stunden aufgepäppelt. Nun erst stellen wir einander vor.

Zu meiner Überraschung bietet man mir ein bestens zubereitetes, in Cognac gebratenes, leckeres Steak an und frische Erbsen. Ich kann nicht widerstehen. Dazu gibt es eine kleine Menge Rotwein und während meines Aufenthaltes leere ich auch noch zwei Flaschen Trinkwasser. Langsam stabilisiere ich mich. Die Lebensgeister kommen zurück und ich erzähle von meiner Reise und ihrer Vorgeschichte mit meiner Frau.

Aufmerksam und interessiert hören Danny und seine Kolleginnen zu. Danny ist Mortgage Broker und mit einer wunderbaren Crew ausgestattet. Gäste kommen hinzu und Danny’s Frau kommt mit einem Käsekuchen herein. Also esse ich auch noch ein Stückchen unglaublich leckeren Käsekuchen. Das Besondere an ihm war, dass er nicht süß war.

Und als ob das nicht schon genug war, legt man mir noch ein paar Müsliriegel und Süßigkeiten für die Weiterreise auf den Tisch. Man gibt mir großzügig viel Zeit. So kann ich mich gut erholen.

Und als ich endlich losfahre, ist es bereits 15.30 Uhr. Es sind nur wenige Meter, dann fahre ich bereits die Rampe zur Sault Ste. Marie International Bridge hinauf. Auf der Südseite der Brücke komme ich an den Grenzkontrollpunk. Ich bin aufgeregt, denn ich bin von der Gnade des Immigration Officers abhängig. Er hat die Entscheidungsgewalt.

Nach kurzem Gespräch wird meine Einreise für 6 Monate genehmigt. Außerdem erfahre ich, dass ich bei meiner nächsten Visumverlängerung nur ausreisen und sofort wieder einreisen darf. Ich bin glücklich. Alles gut gegangen.

Nun gilt es, einen Telefonladen zu finden, um eine SIM-KARTE für die USA zu kaufen. Verizon ist der Anbieter. Die Dame ist sehr freundlich und hilfsbereit bei der Einrichtung der neuen SIM-Karte.


Es ist bereits 17 Uhr als ich endlich starte und mit 29°C im Schatten noch immer drückend heiß. Das Thermometer zeigte kurz vor meinem unfreiwilligen Stopp 44, 1°C und im Schatten noch 34 °C.

Die Entfernungen in Google werden wieder in Meilen angezeigt. Mein Gastgeber in McMillan hat mir eine Wegbeschreibung zugesandt. Er ist informiert, dass ich heute nicht bei ihm eintreffen werde. Aber ich komme seinem Wohnsitz immer näher.

Und je näher ich komme, um so mehr merke ich eine bleierne Schwere in den Beinen. Meine Konzentration lässt nach und plötzlich überfällt mich Müdigkeit. Die Straße verliert ihren Reiz.

Am Soldier Lake Campground im Hiawatha National Forest mache ich Halt. Der Eingang ist nicht besetzt und so fahre ich auf dem Campingplatz um einem Ansprechpartner zu finden. Wenige Minuten später treffe ich Mike, der den Platz betreut. Ich frage, was es kostet und erfahre, dass es 22 Dollar und für Senioren 11 Dollar sind.

Da ich etwas Sicherheit brauche für den Fall, dass sich meine gesundheitliche Situation wieder verschlechtert, willige ich ein. Als es ans Bezahlen geht, dasselbe Problem. Ich muss Cash bezahlen. Plastik geht nicht. Ich habe jedoch nur zwei US-Dollar. Mike zwinkert mir zu und deutet an, dass wir das hinkriegen. Und 5 Minuten später habe ich einen kostenlosen Platz, wo ich die Nacht bleiben kann.

Das Zelt ist schnell aufgebaut. Und als ich zur Wasserstelle gehe, spricht Mike mich an und fragt, ob ich hungrig sei. Natürlich bin ich hungrig.

So läd er mich kurzerhand zu sich ein, packt Gehacktes, Kartoffeln, Zwiebeln und Karotten und etwas Öl in Alufolie, verschließt das Ganze und gart es im offenen Lagerfeuer. Und nur 25 Minuten später sitzen wir beide zusammen, plaudern und verspeisen ein leckeres, reichhaltiges Mahl. Anschließend führen wir unsere Unterhaltung fort bis gegen 22 Uhr.

Dann verabschiede ich mich von Mike, der mir noch auf den Weg mitgibt, dass es am nächsten Morgen noch einen leckeren Kaffee gibt. Er will mir Bescheid geben. So endet dieser Tag mit einem letzten Sahnehäubchen. Ich bin dankbar für alle Begegnungen des heutigen Tages. Für all die Hilfe, die ich durch so viele Menschen erfahren habe und für die Liebe meiner Frau.

Von Lincoln, Maine nach Whiting, Maine

Die Nacht war ruhig. Kein Feuerwehr-Alarm, der mich weckte. Ich hatte bei der Feuerwehr in Lincoln angefragt und der Feuerwehrmann vor Ort stimmte meinem Wunsch zu. Das Erstaunliche war, dass er deutsch sprach. Er hat es von seinen Großeltern gelernt. Und als kleines Gastgeschenk gab es noch ein Abzeichen des Fire Departments Lincoln, Maine und wenige Minuten später kam ein anderer Herr aus dem Gebäude und erfreute mich mit einem leckeren Brownie. Ich lasse mir Zeit, während mein Zelt in der Morgensonne trocknet.

Gegen 9.00 Uhr fahre ich los, ostwärts. An einem Markt mache ich für einen leckeren heißen Kaffee halt. Eine ältere Dame spricht mich an. Sie hat von meinen Reiseabsichten erfahren und bereichert mich mit ihrem Interesse. So wird schon der Morgen schön.

Was sich auf meiner heutigen Fahrt geändert hat, sind die auffallend vielen Häuser entlang meines Weges, die leer stehen und teilweise, weil nicht mehr gehegt und gepflegt, heruntergekommen bis baufällig sind. Oftmals sind es ganze Häuserzeilen, die am Vergehen sind. Ich suche nach den Gründen … Im krassen Gegensatz dazu steht die Natur, die sich immer mehr vor mir ausbreitet. So viel so sattes Grün. Es ist unbeschreiblich. Und irgendwie verändern die Wälder ihr Aussehen. Nicht mehr so üppig und prall. Mehr locker und zerzaust. Und alles wunderschön.

Der Marktplatz in Cherryfield wirkt trostlos. Die Townhall bräuchte ein paar Reparaturen. Ihr gegenüber, auf der anderen Straßenseite und ein wenig abseits im Schatten eines Baumes entdecke ich einen Blumenstand. Verlassen hockt die Blumenfrau auf ihrem Hocker und wartet wohl auf Kundschaft. Ich sehe weit und breit niemanden. Das wirkt bedrückend.

Und so wechselt das Bild ständig. Aufgegebene und verlassene Häuser und eine wunderbare, abwechslungsreiche Landschaft.

Zeitweise fahre ich auf der Route 1. Sie ist stärker befahren. Aber oftmals sind die Anstiege nicht so steil.

Gegen 15.00 Uhr erreiche ich Machias, Maine. Zwei Dinge, die mir auffallen: die Kirche, deren schneeweißer Turm in den kräftig blauen Himmel ragt und der Wasserfall, der über einige Felsstufen munter zu Tale hüpft. In diesem Ort will ich eine Pause einlegen.

Zwischen Straße und einem größeren Gewässer liegt ein kleines, einladendend ausschauendes Picknickgelände. Hier steige ich ab. Einen Campingtisch weiter herrscht reges Treiben. Es wird ausgepackt, der Tisch gedeckt, Essen bereitet und ein laues Lüftchen mit leckerem Duft weht zu mir herüber. Keine zwei Minuten später kommt Matthew zu mir und läd mich gemeinsam mit seiner Frau Cheryl zum Dinner ein. Hocherfreut nehme ich die Einladung an. Sie nennen es Left Over Dinner. Bevor sie über die Grenze nach Kanada fahren, wollen sie die frischen Lebensmittel verbrauchen.

Jo im Glück.

Es gibt Spaghettis mit Gemüsetopf und Hackfleischwürsten. Und da es ja ein Left Over Dinner ist, lasse ich auch nichts über. Drei Portionen – ich weiß nicht, wie lange es her ist, dass ich so viel verspeist habe. Wir führen ein tolles Gespräch und die Szenerie hat auch Einiges zu bieten. Fischadler kreisen über dem Gewässer, sausen zur Wasserfläche hinab und fliegen anschließend mit ihrem Fang in den Klauen zum Nest. Es ist faszinierend zu sehen, mit welcher Treffsicherheit die Jagd gelingt. So vergeht wohl eine Stunde. Und am Ende würde ich gerne einen Verdauungsschlaf machen. Aber ich will weiter.

Cheryl verät mit noch, dass die örtliche Bibliothek kostenloses WiFi anbietet. Also auf zur Bibliothek. Um 17.00 treffe ich dort ein. Internet ist kostenlos und ich kann bis 19.00 bleiben um zu schreiben. Gleichzeitig kann ich mein Smartphone aufladen. Nur wenige Minuten später kommen auch meine beiden Gastgeber vom Nachmittag vorbei. So arbeitet ein jeder still und leise an seinem Projekt. Kurz vorher schon war Matthew mir mit dem Auto hinterhergefahren und hatte mir mein kleines Stativ gebracht, welches ich am Mittagstisch hatte liegenlassen. Erneut verabschieden wir uns voneinander und ich biege in die Route 191 ein. Schon nach kurzer Zeit merke ich, dass sie einige steilere Passagen aufweist. Meine Beine sind müde.

Also zurück zur Route 1 und auf nach Whiting, Maine. Ein wunderschöner Sonnenuntergang mit doppelter Halo lässt mich für ein paar Minuten verweilen. Um 20.15 Uhr frage ich bei einer Kirche, ob ich mein Zelt auf dem Gelände der Kirchengemeinde aufstellen darf und bekomme ein OK. So verstecke ich mich hinter dem Kirchenbau und sage dankbar gute Nacht.

Acadia 26 Miles Park Loop

Heute habe ich mich auf den Weg gemacht, den Ostteil des Nationalparks entlang der Küste zu erkunden. Meine Nachbarn auf dem Campingplatz haben mich liebevoll mit allem versorgt, was das Herz begehrt: mit heißem Kaffee, Sandwiches und vielen Informationen. Der Loop beginnt einige Meilen nördlich des Nationalpark Hauptquartiers.

Auf exellent ausgebauter Straße mit moderaten Steigungen geht es die Küste entlang. Richtung Süden als zweispurige Einbahnstraße. Richtung Norden dann zweispurig mit Gegenverkehr. Heute, bei strahlendem Wetter sind viele unterwegs. In den Felsen entlang der Küste tummeln sich die Menschen. An empfohlenen Aussichtspunkten wird es mir zu viel.

Und so versuche ich mein Bestes, Blickwinkel zu erhaschen, die mehr von der Natur als den Aktivitäten der vielen Menschen zeigen, die fröhlich am Strand oder auf und zwischen den Felsen herumklettern.

Und trotzdem ist es immer wieder eine Freude, ihnen zuzuschauen.

Sandy Beach, ein Hotspot an solch einem wunderschönen Tag…

An anderen Streckenabschnitten ist es ruhiger. Die Felsen der Küste bestehen aus Granit, der mit seinem Zartrosa einen schönen Kontrast zum Grün der ans Meer reichenden Wälder bietet. Die Luft, eine würzige Mischung aus Salz und Aromen, die den Pinien entströmen. Augen zu und träumen!

An manchen Stellen versperren Mauern aus Granit den Blick aufs Meer.

Und überall hämmert, mahlt schleift und poliert das Meer den Fels, und zerlegt ihn unaufhörlich in seine Einzelteile.

Und überall sehe ich Menschen, die mit Faszination den fortwährend nagenden Kräften des Meeres zuschauen …

… während über ihnen Pinien braungebrannt in der Sonne strahlen.

Weiter im Süden flacht die Felsküste ab und der herrliche Wald reicht bis ans Meer.

Wie dünn muss die Krume sein, die dem Wald Stand und Nahrung gibt, um zu gedeihen.

An manchen Stellen erkenne ich Wasserstrudel, die sich mit jedem Wellenschlag neu formieren.

Üppige Tang-Matten hängen im Gezeitenbereich des atlantischen Wassers von den Felsen herab.

Und auch in den kleinen Wasserbecken zwischen den Felsen findet man Natur pur. Auch wenn ich nicht weiß, was ich da sehe, so fasziniert es mich trotzdem.

Auf der Rückfahrt durch den Wald treffe ich Kerry und Jimmy. Wir hatten uns auf Hadley’s Point Campground kennengelernt und treffen uns auf dem Loop wieder. Zeit für ein kleines gemeinsames Picknick am Wegesrand.

Anschließend geht es zurück zum Campingplatz. Ich packe meine Sachen, verabschiede mich und mache mich um 16.30 Uhr auf den Weg …

From Orland to Acadia National Park

Ich habe mich über Nacht gut erholt. Packe meine Sachen und will eigentlich auf die Straße. Zuvor möchte ich noch einen Kaffee trinken. Daraus entwickelt sich eine eigene kleine Geschichte. Eine Mitarbeiterin zeigt mir, wo ich frischen Kaffee bekommen kann. In dem Raum warten schon mehr als ein Dutzend Personen. Und noch vor 9.00 Uhr öffnet sich die Pforte und in 4-er Gruppen können wir den Raum betreten, wo frisches Gemüse, Obst und all das, was irgend einem Mindesthaltbarkeitsdatum unterliegt, eine zweite Chance bekommt. Die Not vieler Menschen ist groß und hier dürfen sie ins Regal greifen und nehmen, was sie für den Tag benötigen. Und so darf auch ich zugreifen. Eine Paprika, Karotten, frischer Salat mit Gurken und Zwiebeln, Brot, Brötchen und Obst.

Anschließend führt man mich noch in die Kunsthandwerkwerkstatt für Glasarbeiten. Die Künstlerin ist anwesend.

Nach kurzer Zeit versammeln sich in der kleinen Werkstatt 5 Frauen und hören meinem kleinen Reisebericht gespannt zu. Und erzählen, wie ihre kleine Community funktioniert. Und wenige Minuten später bin ich schon wieder auf dem Rad unterwegs.

Die Landschaft ändert sich zusehends. Mehr Wälder, mehr Seen, mehr Granitfelsen am Wegesrand und Ufersaum.

Aufbreiten Schotterwegen geht es durch den Park.

Die Aussichten wechseln ständig, ich radle durch ein Bilderbuch.

Biberwerk

Biberburg

Das Wasser des Sees ist so klar und rein, dass es ungefiltert in das Leitungsnetz der Stadt Bar Harbor eingespeist werden kann.

Der Abend kommt und es wird Zeit für ein Quartier. Ich hatte mehrere Anfragen rausgeschickt und allesamt wurden sie negativ beantwortet. Mein Versuch, auf privatem Grund zu campieren scheiterte ebenfalls. Also rauf auf einen Campingplatz nördlich von Bar Harbor. Und wieder runter. Für 1 Person mit einem Zelt für eine Nacht soll ich 73 Dollar inklusive Tax und allem drum und dran bezahlen. Ich sage der Dame am Empfangsschalter, dass ich dabei bin, mir meinen Traum zu erfüllen und ich nicht bereit bin, den Traum eines Investors zu erfüllen, der diesen Campingplatz betreibt.

Ich suche weiter und finde einen Platz am Rande des Acadia National Parks für 37 Dollar die Nacht. Immer noch sehr teuer. Aber ich bin müde und der Tag geht zuende. So nehme ich an, zahle und gehe zu dem mir zugewiesenen Platz. Der ist mit mittelgroßem Schotter ausgefüllt. Nicht gut für meinen Rücken, nicht gut für mein Zelt. Nach kurzer Rücksprache erhalte ich einen anderen Lagerplatz mit viel Grün. Gemütlich baue ich das Zelt auf. Nebenbei esse ich Abendbrot. Und als alles fertig ist, kommt ein „Nachbar“ vorbei und wir kommen ins Gespräch. Und nur 10 Minuten später sitze ich bei Rick und seiner reizenden Frau Janell am Lagerfeuer. Im Laufe des Abends versorgen mich beide mit leckerem Bier, gebraut in Maine, Obst und Granola Bars und auch der wertvollen Information, auf welcher Route ich in kurzer Zeit einige schöne Highlights im Acadia National Park entdecken kann.

Wegen des hohen Preises überlege ich, wie ich den Tag morgen gestalten kann. Rick empfiehlt, früh aufzustehen. Und damit es für mich leichter wird, kann ich mein Gepäck bei Ihnen deponieren. Ich bin glücklich, gemeinsam mit Rick und Janell einen guten Weg gefunden zu haben. Und zuguterletzt gaben sie mir noch einen Stapel Quarter Coins mit auf den Weg, damit ich die Duschen benutzen kann. Die funktionieren nämlich nur, wenn man sie mit diesen Coins füttert. Und ich habe bisher kein Kleingeld genutzt.

Danke für den wunderbaren Morgen, einen wunderschönen Tag und diese besondere Begegnung mit Rick und Janell.

Auf nach Orland

Ich habe wenig geschlafen. Den ganzen Abend zehrte ich von der Hoffnung, einen Gastgeber zu finden. Aber es kam keine Nachricht herein. Erst im Laufe des heutigen Tages hatte ich den erhofften Posteingang, und der kam zu spät. Die Warmshower App friert immer wieder ein. Und dann muss ich das Gerät neustarten, um wieder eine Internetverbindung zu haben. Aber so ist es nun gelaufen.

Im Regen habe ich alles eingepackt und bin bereits um 9.00 Uhr auf der Straße. Es wird den ganzen Tag regnen. Zeitweise habe ich die Regenjacke an. Sie schützt vor der nassen Kälte von außen. Da ich in der Jacke sehr schwitze, kühle ich sehr schnell aus, als ich in Belfast am Supermarkt vom Rad steige, um ein paar Lebensmittel zu kaufen.

Die Landschaft ändert sich. Sie bietet immer mehr grüne Abschnitte. Die hügelige Landschaft fordert ihren Tribut.

Die großen Brücken sind gut passierbar…

… und bieten spannende Aussichten. Wenn das schlechte Wetter nicht wäre. Ich habe das Smartphone in der Jacke verstaut, und der andauernde Regen läd nicht zum Fotografieren ein. Nass und frierend verlasse ich Belfast. Der letzte Teil der Etappe strengt an. Ich werde müde und der Hunger kneift den Magen.

Wenige Kilometer später sehe ich eine Anzeigetafel. „Shelter for homeless“. Mir kommt es wie ein Geschenk des Himmels vor. Ich frage, triefnass, wie ich bin, in einem Geschenkeladen an, ob ich für eine Nacht ein trockenes Plätzchen bekommen kann. Und sofort wird Leslie Wombacher aktiv. Während Leslie auf eine telefonische Antwort seitens ihrer Vorgesetzten wartet, haben wir 15 Minuten Zeit für ein nettes Gespräch. Und so erfahre ich von dieser Einrichtung, die in den 60er Jahren gegründet wurde und heute diverse Möglichkeiten anbietet, Werkstätten zu nutzen und die Produkte in einem Geschenkeladen zu verkaufen. Darüber hinaus wird ein Trödelladen unterhalten. Und soweit ich erkennen kann, gibt es auch eine Ausgabestelle für gespendete Lebensmittel, bzw. eine Suppenküche. Nach einigen Minuten erscheint Julie und nimmt mich mit zum Quartier. Ich bin dankbar für diese großzügige Geste.

Hier ist es trocken, warm, und sicher. Ich kann meine Sachen trocknen. Mir selber aus den in Belfast erstandenen Lebensmitteln eine leckere, warme Mahlzeit bereiten und warm duschen. Müde und dankbar liege ich im Bett und plane doch schon den kommenden Tag.

Von Brunswick nach Rockland, Maine

Ich habe bestens geschlafen. Meine Gastgeber hatten mir einen komfortablen Schlafplatz bereitet. Nach einem großen Pott Kaffee ging es gemeinsam zum nahegelegenen Bauernmarkt, auf dem mir Josh ein frisch gepackenes Sauerteigbrot kaufte, dessen Geschmack mich an unser selbstgebackenes Brot erinnerte. Anschließend schaute sich Josh noch mein Fahrrad an und reparierte, was nicht einwandfrei war. Die Beleuchtung funktioniert wieder, das Spiel im Steuersatz ist eliminiert, die Gangschaltung neu justiert und der Riemen gespannt. Meine Freude war riesengroß und ich habe mich herzlich für diese großzügige Geste bedankt. Anschließend wurde alles verpackt und die Reise ging los. Das Wetter trocken, der Himmel wolkenverhangen.

Ich starte wieder auf dem ECG, dem East Coast Greenbelt. Ich komme gut voran. Der Untergrund des Radweges wechselt. Mal Asphalt, mal Schotter, mal reiner Radweg, dann wieder Straße. Die Beschilderung ist nicht immer übersichtlich. Und so verliere ich später den Anschluss und radle auf normalen Straßen weiter.

Die Steigerungen sind meist moderat bis stark, aber nicht sehr lang. Trotzdem nehmen sie mich in Anspruch. Die Landschaft wechselt ständig. Seen, Flüsse, Wälder, Marschland. Eindrücke, die mich beglücken und die ich tief in mich aufnehme.

In Bath überquere ich den Kennebec River auf der Cariton Bridge. Mitten auf der Brücke erwischt mich der erste Regenschauer. Und von nun an wechseln Sonne und Regen in immer kürzer werdenden Zeitabständen einander ab.

Dieses gut gemeinte Angebot lasse ich aus …

Und auch dieser Lobster inspiriert mich nicht zur Einkehr in das Reataurant.

Zwischendurch gibt es immer wieder üppige kraftvoll leuchtende, grüne Lanschaften zu sehen.

Ein Thunderstorm kündigt sich an. Und im dem Augenblick, wo er richtig heftig wird und Hagelkörner in Haselnussgröße auf mich herablässt, öffnet sich eine Tür: Matt und seine Frau bieten mir Schutz vor diesem Gewitter und ganz nebenbei gibt es auch noch ein leckeres Mahl, mein erstes Steak, dazu Salat, Eier, Pommes. Was für eine Gastfreundschaft. Wir Speisen gemeinsam und unterhalten uns dabei über die politische Situation im Land. Und ich erzähle, wie es zur Erfüllung meines Traumes kam.

Gut eine Stunde sitzen wir zusammen und diskutieren. Der Thunderstorm ist vorüber und als ich die beiden verlasse, liegen die Hagelkörner noch immer dicht an dicht auf den Rasenflächen.

Ich hatte seit gestern erfolglos versucht, einen Gastgeber über die Warmshower-App zu finden. So fahre ich bei meiner Ankunft in Rockland, Maine bei der Feuerwehr vorbei und frage an, wo ich für eine Nacht mein Zelt legal aufschlagen kann. Nach 5 Minuten ist das geklärt. In der Nähe eines öffentlichen Badehauses, in einem kleinen Park, finde ich für eine Nacht eine Bleibe. Die Polizei ist gleichfalls über meinen Aufenthalt im Park informiert.

Ich habe noch ein wenig Zeit und sitze am Hafen. Dort werde ich von Kyle und Julee, einem interessierten Pärchen, angesprochen und es entwickelt sich wieder ein angenehmes 10 Minuten währendes Gespräch. Sie zeigen sich sehr interessiert und am Ende gebe ich Ihnen noch meine Webadresse.

Ich räume gerade das Zelt ein, da ruft draußen jemand meinen Namen. Verdutzt krabbele ich aus dem Zelt und Kyle steht mit einer Riesenüberraschung vor mir und überreicht mir 40 Dollar und eine DUNKIN Card, die ich für Essen verwenden kann. Verblüfft strahlend schaue ich ihn an. Und er bedankt sich für die Freude, die ich ihm und seiner Frau mit unserem Gespräch und meiner Webseite gemacht habe.

So geht dieser regennasse erlebnisreiche Tag mit einer weiteren schönen Überraschung zuende.