Jo's DreamA bike. A tent. A year.

Von Madeleine-Centre nach Matane

Was für eine Nacht! Ein wunderschöner Platz. Wieder ein toller Sonnenuntergang. Und ein bezaubernder Gastgeber.

Doch die Nacht hat es in sich. Bald nach Sonnenuntergang lege ich mich schlafen. Und schon kurze Zeit später weckt mich lautes Geschrei. Die Nachbarn sind heimgekommen und streiten lautstark und munter. Erst zwischen meinem Lager und ihrem Haus. Dann verschwinden sie im Haus und streiten bei geöffneten Fenstern weiter.

Irgendwann bellt ein Hund vor meinem Zelt herum. Mein Zelt, meine Anwesenheit, scheinen ihn zu irritieren. Letztlich ruft der Nachbar seinen Hund und das Bellen erlischt. Dafür nimmt die Intensität des Streits zwischen den Beiden zu. So geht das bis zwei Uhr morgens. An Schlaf ist nicht zu denken.

Als ich dann endlich eingeschlafen bin, weckt mich mein Wecker. Zeit zum Aufstehen. Albino, mein Gastgeber, hat mich zum Frühstück eingeladen. Wir haben 5.00 Uhr vereinbart. Und so klopfe ich sanft an seine Haustür und sitze Augenblicke später gemeinsam mit ihm am gedeckten Frühstückstisch. Albino bereitet mir ein leckeres Butter-Toast mit Spiegeleiern, Speck, Tomaten bedeckt und einen richtig leckeren, starken Kaffee. Den kann ich auch gebrauchen. Ich darf sein Bad benutzen. Die Kommuikation klappt dank Google Sprachübersetzer sehr gut. Wir Beide haben unsere Freude an dieser neuen Technik.

Albino ist ein sehr höflicher, freundlicher Herr, 76 Jahre alt und strahlt über das ganze Gesicht. Es tut ihm leid, dass meine Nacht so unruhig verlief. Um 6.00 Uhr verlasse ich sein Haus, packe meine Sachen und starte in den neuen Tag.

Der gestrige Tag steckt mir ein wenig in den Knochen. Und so freue ich mich auf die Erleichterungen, die mir der heutige Tag bringen wird. Es geht die Küste entlang in östliche Richtung. Und mit Madeleine-Centre lasse ich die Rollercoast hinter mir.

Fast auf Meeresniveau geht es 70 km die Küste entlang. Lediglich in den wenigen Dörfern, die entlang der Route liegen, geht es ein wenig auf und ab.

Rechts das weite Mündungsgebiet des St. Lorenz Stroms. Soweit, dass sich das gegenüber liegende Ufer hinter dem Horizont verbirgt. Und links die steil herabfallenden Berghänge der Gaspesie. Sattgrün und, wenn die Straße nicht wäre, herabreichend bis ans Ufer.

Eingezwängt zwischen Straße und Strom ein Denkmal, geschmückt mit Fahnenschmuck der Provinz Québec.

Gestern feierte Québec seinen Nationalfeiertag. Und daher waren viele öffentliche und private Häuser, Vorgärten und Denkmäler mit Fahnen in den Nationalfarben geschmückt. Und auch an manchem Auto, das vorbeifuhr, flatterten knatternd die Fahnen im Wind.

Der Küste vorgelagert ragt an vielen Stellen der vom Meer abgetrage Festlandssockel flach aus dem Meer.

Nur an wenigen Stellen weicht die Straße vom Küstenstreifen und ich erlebe die Küste in all ihrer Ursprünglichkeit.

Die kleinen Dörfer schmiegen sich harmonisch in die Flusstäler, deren Flüsse sich genauso unspektakulär ins Meer ergießen.

In großen Abständen stehen noch Leuchttürme, die heute zum Teil ihre Funktion verloren haben. Auf einem Friedhof entdecke ich auffallend schönen Grabschmuck.

Winzige Hafenanlagen schmiegen sich an die Küste. Meist bestehen sie aus zwei, drei sich gegenüber liegenden Molen, die ein kleines Becken umfassen. Ausreichend für die lokale Fischerei und das ein oder andere Segelboot.

So erreiche ich gegen 13.30 Uhr Sainte-Anne-des-Monts mit seiner auffallenden, zweitürmigen Kirche, die der Schiffahrt sicherlich als Landmark dienen können. Ich mache Pause. Und da ich mich fit fühle, werde ich den nächsten Streckenabschnitt abradeln.

Gelegentlich sehe ich Menschen, die auf dem von Wasser überspülten, flachen Festlandssockel herumlaufen. Sie suchen nach Muscheln für ein leckeres Mal. Ich suche nach Motiven für meinen Blog – und für meine Seele. Und was ich sehe, ist das pralle Meeresleben. Seerobben, viele Wasservögel und jede Menge Vegetation, die ihr Zuhause in der Gezeitenzone hat.

Die Strecke nach Matane führt durch eine leicht hügelige Landschaft. Weiterhin der Küste entlang.

Sie wirkt abwechslungsreicher und bietet einige wunderschöne Ausblicke aufs Meer. UM 20.30 Uhr erreiche ich Matane. Mein Gastgeber Michel kommt mir ein paar Kilometer entgegengeradelt und führt mich über einen kleinen Umweg zu seiner Wohnung. Ich bin froh, bei ihm zu sein.

Zuerst einmal fülle ich meinen Flüssigkeitsbedarf auf. Und während unseres Gesprächs fallen mir die Augen zu. Michel bemerkt meine Müdigkeit und wir brechen unsere Unterhaltung ab. Nach dem Duschen bereite ich mein Nachtlager in seinem Wohnraum, den er mir großzügig zur Verfügung stellt.

Bereits nach wenigen Minuten schlafe ich ein und wache erst gegen 9.30 Uhr am folgenden Morgen auf. Michel gestattet mir, auch die kommend Nacht bei ihm zu verbringen. So kann ich mich heute ausruhen und ein wenig in Matane umschauen …

… und auch ein Telefonat mit Biggi führen, während vor mir ein Murmeltier zwischen den Felsen herumklettert. Seht Ihr es?

Biggi ist in Gedanken stets bei mir und im Hintergrund immer für mich da. Macht sie es doch erst möglich, meine Reise mit euch zu teilen. All das, was da gerade geschieht gehört zu meinem Traum. Danke allen, die daran teilhaben …

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