Jo's DreamA bike. A tent. A year.

Von Milton nach Holstein, Ontario

27. Juli 2024

Sharon und David sind bereits auf, als ich aus meinem Separee komme. Großzügig laden sie mich zum Frühstück ein. Und bevor ich aufbreche, schließen sie mich in ihr Gebet ein.

Da ist so viel Frieden in ihrem Herzen. So viel Gastfreundschaft. Und die Bereitschaft, all das für diesen Augenblick zu teilen. Mich überwältigt das immer wieder. Eine letzte herzliche Umarmung. Dann bin ich wieder auf der Straße.

Straße, das heißt auf asphaltierten Wegen mit und ohne asphaltierten Schultern, auf Schotterstraßen, viele Meter breit und endlos lang, auf schmalen, sandigen Pfaden. Vorbei an Farmland, an Wetlands, durch Wälder und über Felder. Ein ständiger Wechsel der Landschaften. Manchmal zivilisiert in Form und Farbe gepresst. Dann wieder wild und sich selbst überlassen. Fast unberührt. Der ganze Tag ein purer Genuss. Alles ein Höhepunkt.

Glücklich strampelnd ziehe ich über das Land und freue mich, ein Teil dieser Geschichte zu sein. Und selbst die zahlreichen blühenden Wegmalven finden mein Interesse. Da ist so viel Schönheit. Und über allem ein blauer Himmel an diesem sonnigen Tag.

Auf den Getreidefeldern hat die Ernte eingesetzt. Und unaufhörlich ziehen in diesen Tagen die Mähdrescher über die Felder, um die reiche Ernte einzufahren.

Probleme bereitet mir persönlich die Hitze nicht. Es sind 36,1 °C in der Sonne. Die Luft insgesamt feuchtschwül aufgeheizt. Die gestern Abend gekaufte Milch ist bereits sauer und das Brot schimmelt. Da ich keine Kühlmöglichkeiten habe, bleibt mir nur, frische Lebensmittel für den sofortigen Verzehr einzukaufen.

Das Problem dabei ist, dass ich meistens zu große Packungen kaufen muss. Joghurt wird in der Regel in 1 Liter Packungen angeboten oder im 10er Pack. Eier im 12er Pack. Kleinere Gebinde finde ich nicht. Käse im kleineren Block muss ich sofort verzehren. In dieser Hitze schmilzt er in der Plastiktüte und sieht schließlich unansehnlich aus. Ob so ein Käse nach drei Tagen noch schmeckt, habe ich nicht ausprobiert.

Paprika, Broccoli, Staudensellerie, Blumenkohl, Karotten usw. kaufe ich nur einzeln. Die Gebinde sind in der Regel zu groß. Und Gehacktes hab ich bisher nur in Packungen über 450 gr. gefunden.

Manchmal kaufe ich Würstchen ein, die geräuchert und ohne Kühlung haltbar sind, so lange sie eingeschweißt sind. Brot zu finden, das unserem Brot in Deutschland entspricht, ist fast aussichtslos. Trotzdem versuche ich so zu wirtschaften, dass nichts weggeworfen werden muss.

Die Farmen entlang des Weges sehen allesamt gesund aus. Milch- und Weidewirtschaft wechseln mit Getreide und anderen Feldfrüchten. So geht das den ganzen Tag.

Bis der Abend kommt, und ich mich zur Abwechslung auf die Suche nach einem Schlafplatz mache. In Holstein, Ontario verlasse ich die Straße und fahre die lange Auffahrt eines Grundstückes hinauf. Ich klingel an der Haustür. Ein älterer Mann tritt vor die Tür. Nachdem ich mich vorgestellt und erzählt habe, woher ich komme, und dass ich mir gerade meinen Traum erfülle, hält er kurz Rücksprache mit seine Frau.

Ich warte 1 min. Dann kommen beide vor die Tür und heißen mich herzlich willkommen. Selbstverständlich darf ich mein Zelt am hauseigenen Teich aufstellen. Zusätzlich gibt es frisch gepflückte Cucumber und dazu Budweiser Lite. Während ich mein Zelt aufbaue und meine Not mit den stechenden Moskitos habe, schenkt mir Darwin eine Dose Moskito Abwehrspray. Seine Frau bringt mir Handtuch, Waschlappen, Shampoo und Seife. Und ich darf im hauseigenen Teich baden gehen.

Mein Gastgeber heißt Darwin. Er wird nächste Woche 80 Jahre alt und ist sehr vital. Voller Freude erzählt er mir aus seinem Leben. Dann führt er mich durch den Garten und anschließend zeigt er mir, was er zu verkaufen hat. Und das sage ich einmal: Alles, was sich verkaufen lässt. Dabei hat er immer noch große Freude am Verkaufen.

Sie haben die Mutter seiner Frau ins Haus aufgenommen. Und Darvins Frau pflegt sie mit großer Hingabe, auch wenn das viel Kraft kostet. Und dann noch einen Fremden wie mich mit so viel Großzügigkeit zu bedenken. Das ist faszinierend und verdient meine allergrößte Anerkennung.

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