Jo's DreamA bike. A tent. A year.

Vom Barstow-Dagget Airport nach Boron, California

Sonnenaufgang auf dem Airport

15. Oktober 2024

Ich habe auf dem Gelände des Airports Barstow-Dagget übernachtet. Gleich hinter dem kleinen Gebäude, das als „Pilot Briefing Room“ verwendet wird, habe ich eine freie, brauchbare Fläche gefunden.

Um 6.30 bin ich wach. Und während ich mein Zelt abbaue, kommt ein Sicherheitsbeamter mit dem Fahrzeug vorbei und fragt: „What’s up?“ Ich erkläre, dass ich die an dem Office angegebene Telefonnummer angerufen und von dort die Freigabe habe, außerhalb des umzäunten Geländes mein Zelt aufzuschlagen.

Außerdem habe mir der Mann den Sicherheitscode zu dem Briefing Room gegeben, damit ich den Restroom benutzen kann. „OK! Wenn der Mann das gesagt hat, dann ist das okay.“

Ich will gerade mein Zelt zusammenpacken, da kommt erneut ein Sicherheitsbeamter im Pickup vorbei, parkt neben mir und steigt aus. Er spricht mich an. Ich erkläre ihm, dass ich mir die Erlaubnis geholt habe, mein Zelt aufzuschlagen. Das interessiert ihn alles nicht. Ich habe hier nicht zu campen. Das sei alles staatliches Eigentum und ich habe sofort zu gehen.

Ich wiederhole, dass ich die Telefonnummer am Büro angerufen und eine Freigabe habe, außerhalb des umzäunten Geländes mein Zelt aufzuschlagen. Der Mann hört mir nicht zu und wiederholt, dass ich auf staatlichem Gelände nicht campen darf.

Diesen Satz wiederholt er wohl 8 oder 9 Mal. All meine Bemühung ihm zu erklären, wie es dazu gekommen ist, dass ich hier jetzt campe, schlagen fehl. Der Mann wiederholt immer nur den einen Satz, dass ich hier nicht campen darf.

Schließlich bitte ich ihn, mir zehn Minuten zu geben, dann sei ich verschwunden. Er sagt okay und wiederholt sein Verbot ein 10. Mal. Dann steigt er in sein Auto und fährt davon. Zehn Minuten später bin auch ich auf dem Fahrrad unterwegs.

Da ich Zugang zu dem Restroom hatte, konnte ich mich frisch machen und außerdem mein Handy laden. Während ich mein Handy im Briefing Room vom Netz nehme, sind schon einige Mitarbeiter da. Freundlich bedanke ich mich für die Möglichkeit, das Gebäude nutzen zu dürfen und erhalte eine freundliche Erwiederung. Dann bin ich auch schon weg.

Letzter Hinweis für das Flugpersonal. Dann bin ich wieder auf einer öffentlichen Straße.

Zurück auf der Straße muss ich mich erst ein wenig orientieren. Nach kaum 6 Meilen endet die Route 66 an einem militärischen Kontrollpunkt. Dieser Streckenabschnitt führt direkt durch ein militärisches Logistik Zentrum. Aber man erklärt mir sofort, dass ich auf dieser Strecke die Interstate 40 bis zur nächsten Ausfahrt benutzen darf.

Um 9.30 Uhr erreiche ich schließlich Barstow, wo ich erst einmal einen Kaffee, bei McDonalds trinke und Frühstücke. Irgendwie ist heute alles anders. Das Frühstück ist extrem teuer und beinhaltet überhaupt keinen Kaffee. So wende ich mich ans Personal und weise darauf hin … und habe Glück.

Wenigstens ist der Kaffee ist kostenlos. Von hier aus gehts zu Wallmart, um meine Lebensmittelreserven, die mittlerweile komplett aufgebraucht sind und auch neues Wasser einzukaufen.

Ja, das Thema Wasser ist tatsächlich ein Problem. Hatte ich in der Vergangenheit oftmals mein Trinkwasser am Wasserhahn aufgefüllt, unterlasse ich das seit Tagen, weil ich an jedem zweiten Wasserhahn das Schild „Non potable“ entdecke. So beiße ich im Augenblick auch in diesen sauren, teuren Apfel.

Heute war kein guter Tag. In Barstow mache ich erst einmal Halt, frühstücke und kaufe Lebensmittel bei Walmart ein. Dann verlasse ich die Stadt auf der empfohlenen Fahrradroute.

Ich bin noch nicht ganz raus aus der Stadt, da ertönt lautes Hundegebell. Erst Einer, dann ein Zweiter und gleich darauf ein Dritter. Jetzt beginnt die Hatz. Ich trete mit aller Kraft in die Pedalen. Die Hunde kommen näher.

Zwei der Hunde erinnern stark an das, was wir als Kampfhunde bezeichnen. Ihr Körpergewicht schätze ich auf 30 Kilogramm. Während sich einer der beiden in meine Fahrradtasche verbeißt, versucht der andere, mir auf der rechten Seite ins Bein zu beißen. Ich bin kein Hundekenner. Und ich zweifle keine Sekunde daran, dass das Tier mich beißen wird, ob ich in die Pedalen trete oder nicht.

In meiner Angst und Not schaffe ich es, diesem Hund einen kräftigen Tritt direkt auf die Schnauze zu verpassen. Ich muss wohl richtig zugetreten und getroffen haben, denn der Hund dreht ab und entfernt sich seitlich ein paar Meter von mir.

Einen kurzen Augenblick später lässt auch der zweite Hund meine Packtasche los. Er versucht zwar, mir ins Bein zu beißen. Aber entweder ist meine Geschwindigkeit schon zu hoch oder die Kondition der Hunde zu schwach. Und so lassen beide schließlich von mir ab.

Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich habe fast keine Puste mehr und es braucht wohl zehn Minuten, bis sich meine Atemfrequenz und mein Puls wieder normalisiert haben. Trotzdem trete ich weiter in die Pedalen. Und erst ca. 90 Minuten später halte ich an und ruhe mich ein wenig aus.

It’s Halloween-Time

Der kleine Ort Boron, in der Nähe einer Borax Mine gelegen.

Bevor diese gewaltigen LKW zum Einsatz kamen, übernahmen 20 Esel die Aufgabe, das boraxhaltige Gestein aus der Mine zu transportieren.

Frontage Road – noch ist sie eine Asphaltstraße …

… die schon bald in eine Schotterpiste übergeht.

In dieser Zeit führt mich mein Navi auf eine sogenannte Frontage Road, eine unbefestigte Schotterpiste durch die wüstenartige Landschaft. Zuerst 7 – 8 Meter breit und einigermaßen befahrbar wird die Straße zu einer einspurigen Piste durch die Wüste. Das verringert meine Geschwindigkeit erheblich. Und ich werde mein Ziel Mojabe heute wohl nicht mehr erreichen.

Vielleicht schaffe ich es noch bis zur Edwards Air Force Base, denke ich. Aber auch das will nicht mehr gelingen, denn plötzlich ist meine Piste zu Ende. Ohne jegliche Ankündigung versperrt ein verschlossenes Tor mir die Weiterfahrt. Mitten auf der Straße. Es gibt auch kein Hinweisschild, dass mir sagt wo ich lang soll.

Lediglich ein kleines Schild der Rio Tinto Minengesellschaft verweist darauf, dass das Gelände kameraüberwacht und das Betreten verboten ist. Ein aufwendiger Stacheldrahtzaun beidseitig des Tores verliert sich am Horizont.

Südlich in 2-3 Meilen Entfernung verläuft der Freeway, auf dem das Radfahren verboten ist. Nach Norden verliert sich die Sandpiste ebenfalls am Horizont. Ich entscheide mich zum Freeway zu fahren. Aber ein Fahren ist nicht möglich, da die Piste eher einer Sandkiste gleicht.

So schiebe ich keuchend das Fahrrad an dem Stacheldrahtzaun entlang, bis ich schließlich nach Sonnenuntergang ein kleines Stück Asphaltstraße erreiche, welches aber wiederum durch einen Stacheldrahtzaun vom Freeway getrennt ist.

Ich folge diesem Asphaltstück nach Westen, wo es gleichsam in eine Sandpiste übergeht, die ebenfalls nach einigen 100 Metern an einer Absperrung endet. Ich mache kehrt und fahre zurück zum Ausgangspunkt.

Sunset und noch immer kein Lagerplatz

Die Dunkelheit bricht herein. Nach vielleicht einer halben Meile finde ich einen kleine buschfreie Sandinsel, die sich augenscheinlich gut eignet, um mein Zelt aufzuschlagen. Der Weg zu dieser Sandinsel ist allerdings mit dornigem Gestrüpp übersäht. So lade ich mein Gepäck auf der Asphaltstraße ab und schleppe alles einzeln zur Sandinsel hinüber.

Die letzten Spuren des Tages versinken hinter dem Horizont. Trotzdem habe ich noch genügend Licht, denn schräg über mir steht ein silbrig leuchtender Mond am Himmel. Routiniert baue ich mein Zelt auf. Doch die Heringe fassen in diesem lockeren Boden nicht. So benutze ich meine Fahrradtaschen und mein Fahrrad, um meinem Zelt Form und Stabilität zu verleihen.

Es ist 18.45 Uhr als ich endlich in meinem Zelt auf meiner Matte liege. Ich bin müde und ausgelaugt. Der Schock der Hundeattacke steckt mir mächtig in den Knochen. Das Abendmahl nehme ich im Liegen ein. Und schon bald darauf versinke ich in einen tiefen Schlaf. Gegen Mitternacht werde ich einmal wach, nur um wenigen Minuten später wieder ein- und durchzuschlafen bis um 6.30 Uhr der nächste Tag beginnt.

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