Jo's DreamA bike. A tent. A year.

Von Devils Lake nach Rugby, North Dakota

17. August 2024

Route 2 am frühen Morgen

Weil ich heute schon früh auf bin, kann ich bereits um 7.45 Uhr auf der Straße sein und nach Devils Lake fahren. Dort gönne ich mir in einem McDonald Bagel und Kaffee und lade meine Powerbank. Dabei telefoniere ich mit Biggi, wir suchen nach einer Möglichkeit, die Veröffentlichung meines Blogs etwas zu vereinfachen.

Nach einem gefüllten Tag etliche Stunden mit meinen Fingern auf der Handytastatur herumzutippen, noch dazu, wenn das Hochladen eines Bildes Minuten dauert und die Verbindung immer wieder abbricht … das ist auf die Dauer keine Lösung. Wie können wir es also leichter gestalten?

Jetzt werde ich den Text einsprechen und Biggi lädt die Bilder hoch in den Blog. Mal schauen, wie wir damit zurechtkommen. Sonst suchen wir eine andere Lösung.

Um 11.45 Uhr ist der ganze Rückstand abgearbeitet und ich kann wieder auf die Piste. Das gibt mir ein gutes Gefühl. Außerdem bin ich durchgefroren wegen des Airconditions und will endlich raus, mich bewegen. Ich brauche noch Lebensmittel und stehe bei Walmart 40 Minuten an der Kasse, weil von 17 Kassen eine einzige geöffnet hat. Ich bin ungeduldig, in Schlangen stehen macht mich unruhig. Und so bin ich froh, als ich endlich auf dem Rad sitze und Devils Lake verlasse.

Ich fahre gen Westen und will heute die kleine Stadt Rugby erreichen. Da entdecke ich plötzlich eine Schlange, die sich auf dem warmen Asphalt rekelt. Ich bin ganz überrascht, doch leider macht sie sich blitzschnell auf und davon, noch bevor ich genau sagen kann, um welche Spezies es sich handelt.

Der Wasserknöterich blüht

Die Kathedralen des mittleren Westens …

… entpuppen sich letztlich als riesige Silos zum Speichern der produzierten landwirtschaftlichen Produkte.

Auf den meisten Feldern ist das Getreide bereits abgeerntet, sodass nur noch die gelben Stoppeln zurückbleiben. Nur auf wenigen Feldern ist überreifes Korn, welches darauf wartet, geschnitten zu werden. Wahrscheinlich hat der Regen dies verhindert.

Zuwegung zu einer Farm – mit Bahnübergang

Was hier in solcher Fülle wächst, muss ja irgendwie auch in die großen Standorte der Lebensmittelindustrie transportiert werden. Darum verläuft parallel zur Straße im Verborgenen die Bahnlinie, die das Getreide, die Bohnen und andere Gemüse, die die Farmer anbauen, in die großen Zentren zur Weiterverarbeitung bringen. Manche der Silos, in denen diese Produkte vorgelagert werden, ähneln großen Kathedralen mit einzelnen Kirchturmspitzen. Nur beim Näherkommen löst sich diese Silhouette auf in einzelne Gebäudeteile, die zum Teil gewaltige Ausmaße haben.

Ich höre immer wieder das Horn des Zuges und wundere mich erneut über seine Länge: 4 vorgelagerte Loks und um die 200 Waggons, ich habe so etwas in meinem Leben noch nicht gesehen. Über den Feldern sammeln sich die Schwalben für ihre Reise in den Süden.

Alte Schule am Wegesrand – Camping unerwünscht

Unbekannte Pflanze

Der Abend kommt näher, bald wird die Sonne den Horizont berühren und ich mache mich auf die Suche nach einem Quartier. 4-mal fahre ich auf einen Hof. 4-mal treffe ich entweder niemanden an oder werde vom Bauern abgelehnt. Mal freundlich, mal weniger. Ich akzeptiere es und verlasse den jeweiligen Hof.

Bei einem Farmer treffe ich einen angeketteten Schäferhund vor dem Haus, der dermaßen verängstigt ist, dass er sich auf dem Bauche kriechend vor mir aus dem Staube macht. Ich bin sehr erschüttert. Als ich gerade fahren will, kommt mir der Eigentümer entgegen und behandelt mich abweisend. Ich bin einfach froh, dass ich nicht bleiben muss. Hier hätte ich mich nicht wohl gefühlt.

Als ich den nächsten Hof auch verlassen will, lande ich unversehens in einem Schlammloch, dass von außen nicht erkennbar war, die Oberfläche war getrocknet. Um herauszukommen, musste ich im 1. Gang tüchtig in die Pedale treten. Es knirscht. Es kracht. Ich weiß nicht, was genau passiert ist, auf jeden Fall ist meine Alfine Gangschaltung im 1. und 2. Gang beschädigt.

Die Kurbeln vorne drehen jetzt andauernd mit, ich kann nicht mehr im Leerlauf fahren. Und ich kann diesen Schaden nicht selber beheben. Der nächste Fahrradladen ist weit entfernt. Das ist ärgerlich und vor allem teuer, die Alfine Schaltung kostet um die 600 – 700 Euro. Ich hoffe, dass ich mit dem Rad noch nach Minot kommen kann, welches ca. 100 Meilen entfernt liegt. Dort soll es einen Radladen geben.

Ich biege in eine Sackgasse ein und klopfe an ein Haus. Ein älterer Herr macht mir auf und stellt sich als Tom vor. Nach kurzer Vorstellung meinerseits freut er sich und bietet mir sein Grundstück zum Zelten an. Seine Frau Linda kommt hinzu, auch sie ganz freundlich. Und dann erfahre ich, dass er sehr erschöpft ist. Er hat Krebs. Er hat nicht mehr die Kraft, heute Abend noch zu kommunizieren, aber würde sich freuen, wenn ich morgen früh noch ein wenig ins Haus komme zum Plaudern.

Nachdem mein Zelt auf- und meine Fahrradtaschen abgebaut und im Zelt verstaut sind, klopfe ich bei Tom und Linda an die Tür. Ich darf auf der Terrasse sitzen, bekomme ein Stück Kuchen und einen Pfirsich herausgereicht, sowie ein Verlängerungskabel, damit ich mein Handy laden kann. Dann kommt Linda selbst noch hinaus auf die Terrasse, um sich mit mir zu unterhalten. Sie lauscht ganz aufmerksam und interessiert und lädt mich dann für den nächsten Morgen zum Frühstück ein.

Mein Wegbegleiter und Ratgeber in schwierigen Situationen: Ferki, der Leichtmatrose

Und Stille senkt sich übers Land

Froh und dankbar ziehe ich mich in mein Zelt zurück und lasse den Tag Revue passieren.

Danke, dass ihr mich wieder begleitet. Und dass auch ihr mir immer wieder einen Kaffee ausgebt. Ich hoffe, ich kann euch Freude bereiten mit den Erzählungen von meiner kleinen Reise. Ihr seid dabei!

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