14. August 2024
Meine Gastgeberin Emily und ihr Ehemann haben mich herzlichst aufgenommen. Die Nacht war ruhig und ich konnte mich gut erholen. Ein guter Kaffee weckt die Lebensgeister. Spiegeleier und Toast sorgen für eine gute Grundlage für den Tag.
Während des Frühstücks erzählt mir Emily’s Ehemann aus seinem Leben und von seinen Träumen. Die Beiden sind, bevor die Kinder kamen, mit dem Segelboot von Australien über Papua Neuguinea bis nach Japan gesegelt. Diese einjährige Tour hat sie geprägt. Und ihre mittelfristige Planung läuft auf einen langen Segeltörn in ein bis zwei Jahren mit den 3 Kindern hinaus. Sie sind dabei, die Grundlagen dafür zu schaffen.
Auch sie haben Träume. Und was für welche. Und ich zweifle nicht daran, dass diese Familie sich ihre Träume erfüllen wird. Und trotz der vielen Arbeit, die noch vor ihnen liegt, wollen sie weiterhin Gästen für eine Nacht eine Bleibe anbieten. Ich bin von ihrer Lebenseinstellung begeistert. Gegen 9:00 Uhr verlasse ich das Haus. So herzlich, wie ich am Abend zuvor begrüßt worden bin, so herzlich ist auch die Verabschiedung.
Emily begleitet mich zum Postamt, wo ich Erkundigungen einholen will für eine Nachsendung. Doch sie konnten mir nicht helfen. Dann fuhr ich zum Fahrradladen, der keinen passenden Reifen für mich hatte. Und so war ich schon um Viertel vor 10 auf der Piste und konnte meine 97 Meilen – 156 km – abradeln.
Am Oberlauf des Mississippi.
In Grand Rapids vermutete ich naheliegender Weise Stromschnellen. Der Strom ist übrigens der Mississippi, der durch diese Stadt fließt. Doch diese Stromschnellen sind heute nicht mehr vorhanden. Sie sind in einem nahegelegenen Staudamm hinter der Staumauer in dem entstandenen See verschwunden, so dass nur noch der Name auf sie hinweist.
Wenn man in die Stadt hineinkommt, wird es insgesamt etwas hügeliger. Auch das ist etwas Menschengemachtes. Denn diese Hügel bestehen aus dem Auswurf der ganzen Minen, die hier in der Gegend existiert haben. Es wird jetzt noch Eisenerz abgebaut, doch ob das auch in Grand Rapid der Fall ist, bin ich mir nicht ganz sicher. Auf jeden Fall hat das das Landschaftsbild sehr verändert.
Die Mountainbiker in dieser Stadt freuen sich, denn sie haben tolles Terrain, wo sie mit ihren Rädern durch die Gegend fahren können. Es wirkt wie kleinhügelige Landschaft, doch am Ende sind es nur wiederbegrünte Gesteinshalden.
Um etwa 17 Uhr war ich dann bei meinen Gastgebern und musste lediglich die letzten 15 Minuten im Regen fahren. Ansonsten war es ein sonniger Morgen, der in einen zunehmend wolkigen Tag überging, bis sich die Wolkendecke schloss und am frühen Abend der Regen begann. Die Landschaft ist flach. Ich fahre den ganzen Tag auf der Route No 2. Die hat eine so breite Schulter, dass man sogar eine 4-spurige Straße aus der 2-spurigen Straße machen könnte. Das vermittelt euch einen Eindruck, wie bequem die Piste für mich zu befahren ist.
Die Landschaft überwiegend Marschland. Ein Teil Wetlands. Eine Mischung aus Marschland und Moor. Wenig Wald. Die Wälder, die ich sehe, sind nicht mehr ursprünglich, sondern Anpflanzungen. Der Staat Minnesota, durch den ich gerade radel, hatte für die Papier- und Eisenindustrie Wälder abgeholzt. Mittlerweile ist man hier aufgewacht und es wird etwa das Vierfache von dem angepflanzt, was der Natur an Holz entnommen wird.
Heute geht es vorbei an mehreren Indianer-Reservaten. Die Namen auf den Ortsschildern sprechen dazu ihre eigene Sprache.
Die Schreibweise und das Lesen der Texte der First Nations bereitet mir jedesmal Schwierigkeiten, da ich den Sinn der Worte nicht verstehe. Weder Betonung noch Silben kann ich in ein Sprachmuster einfügen. Die Sprache bleibt mir ein Rätsel.
Bei meinen Gastgebern Mary und Greg wurde ich ganz herzlich aufgenommen. Beide sind Rentner. Ich wurde überaus großzügig bewirtet. Es gab Hähnchenkeulen, ich habe 3 Stück gefuttert. Ein Viertel Backblech Kartoffeln sind in meinem Bauch verschwunden. Als Dessert gab es einen ganz leckeren Schokoladenkuchen, in dem auch Zucchini verarbeitet war. Das interessante war, dass er sehr saftig war und sehr schokoladig schmeckte, aber gar nicht nach Zucchini.
Sie waren mir zwei Stunden wunderbare Gesprächspartner und haben viel Interesse gezeigt an dem, was ich von meiner Reise zu berichten habe: Über den ersten Teil der Reise, nämlich die Vorgeschichte mit meiner Frau Biggi (eine ganz eigene „Reise“) und den zweiten Teil der Reise, als Biggi mich aufforderte, eine Bucket List zu schreiben und mich fragte: Welche Träume hast Du noch im Leben und welcher davon ist Dein größter? Das war der Auftakt – ein Jahr später ging es los.
Morgen habe ich 60 Meilen vor mir, doch es wird den ganzen Tag regnen. Ich werde morgen früh zusammen mit meinen Gastgebern das Quartier verlassen, da diese wegfahren. Dann heißt es ab auf die Piste.
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