27. Oktober 2024
Wie erwartet scheint mir am Morgen die Sonne ins Gesicht. Früh bin ich hoch, um den Tag und das Tageslicht zu nutzen. Auch die anderen Radwanderer, wir sind insgesamt 10 sind auf. Jeder ist am Packen. Eine Stunde später wird die Campsite bereits leer sein.
Es geht in alle Himmelsrichtungen. Vier wollen in den Norden. Drei in den Süden und zwei nach Osten aufbrechen. Das Ehepaar, das ich gestern traf, überlegt, ob es den Zug nimmt. Eine Option, die auch ich in Erwägung ziehe, falls der Rücken Probleme macht.
Am Strand sehe ich zwei Angler, die in der Brandung auf Fischfang sind.
Und bereits wenige Kilometer südlich Half Moon Bay liegen die Kürbisse auf dem Feld. Bereit für Halloween.
Ein Teil der Küstenstraße liegt heute morgen im vom Ozean hereinziehenden Nebel. Er ist nasskalt. Nieselregen setzt ein und beschlägt meine Brillengläser. Ich schütze mich mit meiner wattierten Patagonia Jacke gegen die nasse Kälte.
Den Nebelschleier bekomme ich nicht von den Gläsern runter. Nachdem ich die Gläser geputzt habe, dauert es nur Sekunden, bis sie wieder beschlagen sind.
Ich hoffe, dass der Nebel sich auflöst. Aber der Blick aufs Meer sagt etwas Anderes. In dieser Bucht wird sich der Nebel noch länger aufhalten.
So radle ich durch den Nebel und erfreuen mich an den Brandungswellen, die über die vorgelagerten Riffe und Felsen ans Ufer schwappen.
In den Brandungswellen kann ich in diesem Abschnitt kleine Pflanzen erkennen, die an Palmen erinnern. Es ist erstaunlich, mit welcher Kraft sie den herandonnernden Wellen Widerstand leisten, ohne zu brechen.
Auch in der nächsten Bucht sieht es nicht besser aus. Der Horizont verschwindet auch hier im Nebel.
Ein paar Buchten weiter lichtet sich dann langsam der Nebel und die ersten Sonnenstrahlen brechen durch …
… und als ich Pigeon Point Lighthouse erreiche, eine weitere halbe Stunde später, ist die Frische des Morgens verschwunden und ich kann meine wattierte Jacke ablegen.
Pigeon Point Lighthouse wird auch heute noch als Hostel betrieben. Allerdings war vom Leuchtturm nichts zu sehen. Er war eingerüstet. Und das seinerzeit 1983 noch zum Hostel gehörige größere Hauptgebäude wird heute als kleines, maritimes Museum genutzt.
Wegen der Bauarbeiten kann ich den einstigen Charme nicht erkennen. Und so entscheide ich mich, hier auf der Baustelle nicht zu übernachten sondern weiter zu fahren Richtung Santa Cruz.
Noch ein letzter Blick auf die gefährlichen Klippen unterhalb des Leuchtturms.
Dann geht es weiter. Vorbei an Pampasgrasbeständen, die die Hänge hinaufreichen und mit ihren hellen Fruchtständen einen lebhaften Kontrast zur Umgebung bilden.
Vorbei an Graswiesen, die langsam die Farben des Herbstes annehmen.
Am Strand entlang des Pazifiks.
Vorbei an Klippen und mächtigen Felsen, die im Uferbereich aus dem Meer ragen und daran erinnern, dass sie einst zum Festland gehörten.
Schließlich erreiche ich Santa Cruz mit seiner berühmten, ca 100 Jahre alten, hölzernen Achterbahn. Für mich ein erfreuliches Wiedersehen.
Äußerlich hat sich nicht viel verändert. Sicher, die Technik wurde den modernen Zeiten angepasst. Aber die Begeisterung ist genau dieselbe wie 1983, als ich Big Dipper, wie die Bahn auch genannt wird, das erste Mal sah.
Einen besonders reizvollen Blick auf den Bordwalk mit Big Dipper hat man von der 836 Meter weit ins Meer ragenden Santa Cruz Wharf. Sie ist fast bis zum Ende mit dem Auto befahrbar. Fahrräder und Fußgänger sind bis zum Ende der Wharf erlaubt.
Besonders kurz vor Sonnenuntergang leuchtet der Bordwalk vor den dunklen Bergen im Hintergrund in allen Farben. Und Big Dipper bietet dann die schönste Ansicht.
Auf der Wharf herrscht reges Treiben. Wer will, kann ein Tänzchen wagen …
… oder einfach seine Angel auswerfen und auf einen guten Fang hoffen.
Eine Attraktion sind auch die zahlreichen Seelöwen, die mit ihrem Lärm schon von weitem auf sich aufmerksam machen.
Träge liegen sie in der wärmenden Abendsonne neben der Wharf auf eisernem Gerüst …
… das sich etwa 1,20 m über der Wasseroberfläche befindet. Und nicht alle Seelöwen erreichen dieses bevorzugte Sonnendeck.
Auch wenn die Seelöwen mitunter recht putzig ausschauen, so sind es doch mächtige Raubtiere, mit denen nicht zu spaßen ist.
Und während die alten, mächtigen Bullen auf dem eisernen Gerüst ruhen, versucht der Nachwuchs eifrig, die noch leeren Plätze zu ergattern.
Es erstaunt mich, mit welchem Eifer die Tiere immer und immer wieder versuchen, aus dem Wasser auf dieses hoch aus dem Wasser ragende Gerüst zu gelangen.
Nach einem letzten Blick aufs Meer mache ich mich auf den Weg zu meinen Gastgebern, die mich bereits erwarten.
Eigentlich wollte ich um 18.00 Uhr da sein. Aber ich habe mich gründlich verkalkuliert und erreiche mein Ziel erst gut eine Stunde später. Zwar hatte ich meine Gastgeber kurz vor 18.00 Uhr noch informiert, dass ich später komme. Aber es ist mir trotzdem unangenehm.
Meine heutigen Gastgeber heißen Jeannine und Eric. Der Empfang ist herzlich und das Gästezimmer wunderschön. Auch hier verbringe ich nach einem leckeren, reichhaltigen, gemeinsamen Dinner einen reizvollen Abend mit tollen Gesprächen.
Auch heute hilft man mir bei der Planung des nächsten Tages. Auch hier finde ich einen warmen Platz zum Ausruhen. Besonders mein Rücken bedankt sich bei dem guten Bett.
Eigentlich sind all die Abende immer viel zu kurz. Habe ich doch ständig den Wunsch, mit den Menschen mehr zu kommunizieren. Trotzdem bin ich jedesmal dankbar für die großartige Gastfreundschaft und die in der kurzen Zeit geführten Gespräche.
Und jede dieser Begegnungen verwandelt sich in eine wunderschöne Perle, die in meiner Schatzkiste mit der Aufschrift: Jo’s Dream landet. Langsam füllt sich mein Traum-Kästchen. Und ich freu mich schon auf die Perlen der nächsten Tage. Gute Nacht.
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