Jo's DreamA bike. A tent. A year.

Von Ishpeming nach Iron River, Michigan

8. August 2024.

Es hat gestern Abend angefangen zu regnen. Und auch der heutige Morgen ist grau vergangen und nass. Ein Blick auf die Wetterkarte verrät mir, dass es heute noch nicht so schlimm sein soll wie morgen. Also packe ich alles zusammen und sause los.

Bereits nach wenigen Kilometern verlasse ich den Iron-Ore-Heritage-Trail und begebe mich auf die vorgegebene Schotterpiste.

Nach nicht allzu langer Zeit wird aus der Schotterpiste ein grasbewachsener, einspuriger, selten benutzter Weg, …

…, der am Ende im Farndickicht verschwindet.

Schließlich ist kein Weg mehr zu sehen. Und ich fahre durch hüfthohes Farn. Folge wohl mehr des Spur des Wildes als der menschengemachten Spur durch den Wald. Die Satelliten Navigation versagt unter dem Blätterwald. Und wegen der Anstrengung versagen langsam meine Kräfte.

Ich lege eine Pause ein und hole den guten, alten Kompass aus der Lenkertasche, um mich zu orientieren. Wenigstens der funktioniert. Irgendwo westlich von mir verläuft eine Straße in nordsüdlicher Richtung. Auf die will ich stoßen. Also runter vom Rad und schieben. Die grobe Richtung habe ich und kann sie auch halten.

Ein kleiner Bach zwingt mich zu einem kurzen Stopp. Erneut überprüfe ich die Richtung. GOS funktioniert noch immer nicht. Der Kompass gibt weiter die Richtung vor. Ich durchquere den Bach, was ein klein wenig Mühe bereitet, da sein Grund steinig und glitschig ist. Die nassen Füssen in meinen Schuhen ignoriere ich.

Und irgendwie verläuft vom anderen Ufer weg ein Pfad. Wildtierspuren im morastigen Untergrund verweisen auf regen Wildwechsel an dieser Stelle. Einige hundert Meter nachdem ich diesem Pfad gefolgt bin, öffnet sich die Spur ein wenig und ein kaum mehr benutzter Trail wird sichtbar.

Dieser führt auf schmaler Spur durch Wetlands, Wälder und über kleine Lichtungen. Schließlich weitet sich das Gelände. Aus dem Pfad wird ein schmaler Weg. Dann ein Fahrweg und zuletzt eine Schotterpiste, die Floodwood Road. An einer Abzweigung weisen Schilder, die in verschiedene Richtungen zeigen auf Bewohner hin, die irgendwo in dieser Abgeschiedenheit ein Haus oder wenigstens eine bescheidene Hütte haben.

Nach zweieinhalb Stunden habe ich diesen Streckenabschnitt bewältigt und erreiche den Highway 95 wenige Kilometer nördlich des Silver Lake Ressorts. Ich schätze, dass ich in dieser Zeit maximal 12 Meilen geschafft habe. Alles zusammen brauche ich fast vier Stunden für die ersten 25 Meilen dieses Tages.

Am Silver Lake Resort lege ich eine kurze Mittagspause ein. Ich frage die Dame hinter dem Tresen nach dem weiteren Verlauf der Strecke Richtung Iron River: Schotterpiste ist nicht zu empfehlen, wenn ich Iron River noch heute erreichen will. So entscheide ich mich für den Highway 95 bis Sagola. Dort werde ich dann nach Westen auf den Highway 69 abbiegen und bis Iron River durchradeln.

Auf dem United Spanish War Veterans Memorial Highway geht es ab Sagola Richtung Westen.

Am Ortseingang von Iron River grüßt die auffällige Senventh Day Adventist Church. Die Feinheiten der verschiedensten Splittergruppen christlicher Religion werde ich wohl nie ganz begreifen. Es müssen jedenfalls ein paar Dutzend sein. Und für jede ist Platz in diesem riesigen Land.

Es sind die letzten Kilometer. Die Sonne senkt sich bereits zum Horizont herab. Die vor mir liegende Straße weist keine Kurven auf. Dafür eine beachtliche Amplitude in ihrem Höhenprofil.

Und dann stehe ich plötzlich vor dem Haus meiner heutigen Gastgeberin Margaret. Sie erwartet mich bereits. Das Fahrrad kommt gleich in die Garage. Mein Quartier liegt darüber. Margaret lebt im Haus nebenan. Alles ist vorbereitet.

Und Margaret erklärt mir die Besonderheiten dieses Quartiers. Kein fließend Wasser. Eine Trockentoilette und eine kleine Dusche im Garten. Mit fließend heißem und kaltem Wasser.

Als wir die Tür zum Hinterausgang öffnen, steht in ca 20 Metern Entfernung eine Weißwedel-Hirschkuh vor uns. Sie macht keine Anstalten, sich fortzubewegen. Erst als wir auf die Dusche zulaufen, setzt sich die Hirschkuh gemächlich in Bewegung und verschwindet im Dickicht. Margaret erläutert mir noch die Funktionsweise Dusche. Dann lässt sie mich allein. Geht hinüber zu ihrem Haus und bereitet das Abendessen …

… während ich ein erfrischendes, reinigendes Duschbad nehme. Anschließend gehe ich hinüber zu ihrem Haus. Ein paar Minuten sitze ich auf der kleinen Veranda vor ihrem Eingang. Und während ich noch sitze und erst einmal Verschnaufpause halte, tanzt ein Kolibri vor meinen Augen um einen Nektarspender, den Margaret aufgehängt hat. Ich beobachte den kleinen Kerl gut eine Minute, bevor er schließlich davonfliegt.

Mein kleiner Waschtisch im Schlafzimmer.

Trinkwasser in der Küche.

Liebevoll hat Margaret alles vorbereitet. Und während wir gemeinsam speisen, erzähle ich meine Geschichte und Margaret hört aufmerksam und interessiert zu. Das Essen ist vorzüglich. Alles stammt aus dem eigenen Garten. Und Margaret ist zu recht stolz darauf…

Und hier ein paar Zahlen:

  • 78 Tage auf meiner Reise
  • 68 Blogbeiträge geschrieben
  • über 6.000 km geradelt
  • 36 mal mein Zelt aufgeschlagen
  • 42 mal bei liebenswerten Gastgebern übernachtet in Haus, Hostel, Hütte, Veranda, Boot, Wolkenkratzer, Eisenbahnwagon, Pferdestall, Trailer …
  • X Platten
  • X mal nass geworden
  • X leckere Kaffees getrunken

Danke euch, die ihr mich begleitet, mit mir fiebert, dass ich einen Schlafplatz finde, die ihr mich mit einem Kaffee beschenkt … ihr helft mir, weiterzupetten.

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