Jo's DreamA bike. A tent. A year.

Von Layton nach Antelope Islands, Utah

12. September 2024

Es ist noch früh am Morgen, als ich Layton, UT verlasse. Im Haus ist es still. Meine Gastgeber sind vermutlich an ihren Arbeitsstätten. Lediglich die Hauskatze, ein herzallerliebstes, verschmustes Tier, leistet mir neugierig Gesellschaft.

Als ich bereits alles gepackt habe, kommt Christian heim. Das gibt mir die Möglichkeit, ihm und seiner Frau Emily zu danken. Wir wechseln noch ein paar Worte und dann bin ich auch schon wieder auf der Straße. Die Reifen haben die Luft gehalten. Und so starte ich sorglos in den heutigen Tag.

In Layton selbst drehe ich eine kleine Runde um den Mormonentempel, der hell in der Morgenssonne leuchtet. Dann verlasse ich die Stadt …

… über einen Radweg, den G&RGW Rail Trail, der offensichtlich noch ganz neu ist.

Nach Wenigen Kilometern fährt mir den Schreck in die Glieder: Links und rechts des Weges ein ganzer Wald voller Disteln. Mannshoch und am Ende des Sommers strohtrocken, stehen Tausende von Disteln am Wegesrand. Und die ersten Stängel liegen bereits auf dem Radweg …

Nach einigen Meilen will mich der Fahrradcomputer auf einen anderen Weg bringen. Dazu müsste ich mich durch den Distelwald arbeiten. Da ich vom gestrigen Tag noch genug habe, entscheide ich mich für einen Umweg.

Am Wegesrand überragen Coyotenweiden die Schottischen Zaunrosen, deren hagebuttenähnlichen Früchte massenhaft rot in der Sonne leuchten. Auf den busch- und baumfreien Flächen ragen trockene Fruchtstände der wilden Karde in den Himmel, während die Ackerwinde über den Boden kriecht und ihre weißen Blüten der Sonne entgegenreckt.

Nach 30 Meilen ändert sich das Landschaftsbild deutlich. Bäume treten in den Hintergrund und links und rechts tauchen die ersten Salzwiesen auf.

Ein Paradies für Watt- und Seevögel.

Wenige Kilometer weiter habe ich einen ungehinderten Blick auf die weite, flache Uferzone des Salzsees, die von einer weißen Salzkruste überzogen ist.

Schließlich erreiche ich Antelope Island, mit 282 Quadratkilometern die größte Insel im Salzsee in Utah. Gleichzeitig ist diese Insel ein State Park.

Die Insel liegt im südöstlichen Teil des Sees, in der Nähe von Salt Lake City.

Der nördliche, fast baumlose Teil der Insel ist geprägt von weiten Präriegrasflächen, die goldgelb in der Sonne leuchten. Diese ausgedehnten Grasflächen sind Weidegrund der Bisons, von denen es eine Herde von ca. 300 Tieren auf der Insel gibt.

Der Blick über die Weidegründe, dahinter der blau schimmernde Salzsee und am Horizont die aufsteigenden Berge hinter dem See hat etwas Traumhaftes. Er erfüllt mich mit tiefster Dankbarkeit.

Auf den ausgedehnten, flachen, bei Niedrigwasser trockenfallenden Flächen hat sich eine Salzkruste gebildet, die weiß in der Sonne leuchtet. Alles liegt ruhig und friedlich.

Die Buffalos haben auf der Insel Vorrang. Wenn sie beabsichtigten, die Straße zu queren, haben alle anderen Gäste, die ihr Habitat bevölkern, anzuhalten. Gelassen schreiten die mächtigen Tiere über die Fahrbahn und wenden sich am gegenüberliegenden Fahrbahnrand den wohlschmeckenden Dreizähnigen Wermutbüschen zu.

Dreizähniger Wermut ist ein strauchartiges Gewächs mit aromatischen, silbergrauen Blättern, das den Speiseplan der Bisons erweitert. Die Bisons wurden vor einem Jahrhundert auf der Insel angesiedelt unt halten die Vegetationsdecke im Gleichgewicht.

Einmal im Jahr im Mai werden die Tiere zusammengetrieben und auf Alter und Krankheiten untersucht. Ansonsten leben sie vollkommen frei auf dieser Insel.

Insgesamt zähle ich bis zum Horizont 25 Tiere.

Im Vordergrund Dreizähnige Wermutsträucher.

Ich habe für die kommende Nacht einen Campingplatz gebucht.

Die kleine Schotterterrasse sorgt für einen sorgenfreien Aufbau und eine komfortable Nacht. Außerdem verhindert sie, dass jeder sein Zelt an einer x-beliebigen Stelle aufbaut und damit die Grasnarbe schädigt.

Der Platz ist wunderschön gelegen mit einer großartigen Aussicht über das Land. Da es sonnig und warm ist und nur eine leichte Brise weht, befestige ich das Zelt nur an vier Punkten. Nachdem das Zelt aufgebaut und alles eingeräumt ist, mache ich mich auf einen ausgedehnten Spaziergang über die von Felsen durchsetzten Hänge hinab zum Ufersaum.

Der Louisianawürger macht lautstark auf sich aufmerksam und begleitet mich des Weges. Er zählt zu den gefährdeten Vogelarten. Und so freue ich mich über seine Gesellschaft.

Es gibt sehr viele ausgetretene Pfade, die durch die Felsen zum See hinab führen. Welcher richtig ist, ich weiß es nicht. Und so lasse ich mich einfach von der Schwerkraft leiten und wähle den komfortablen Weg des geringsten Widerstandes. Echsen huschen über die Felsen, Kaninchen scheinen keine Angst mehr vor den Menschen zu haben. Lediglich ein Hase, den ich wohl aufgescheucht habe, sucht fluchtartig das Weite.

Und zwischen all den Wermutbüschen scheint sich auch die buschige Zackenblume heimisch zu fühlen.

Unten an der Uferzone entdecke ich üppige Bestände des Quellers, der sich in dieser salzhaltigen Zone sehr wohl fühlt.

Ansonsten wirkt diese schmale Zone vegetationsleer.

Einige Strukturen fallen mir ins Auge. Aber ich kann sie nicht zuordnen. Was sich hier über den Wasserhorizont hinaus erhebt, kann ich mir nicht erklären. Und auch Dr. Google hilft nicht weiter. So wird es weiterhin Geheimnisse geben. Gut so! Das stärkt meine Neugier …

Kurz vor Sonnenuntergang füllt sich der kleine Parkplatz oberhalb des Campingplatzes. Eine kleine Menschenschar eilt die felsige Hügelkuppe hinauf dem Sonnenuntergang entgegen. Es herrscht eine wundervolle, friedliche Stimmung und großes Staunen über das Naturspektakel, das hier alltäglich erscheint.

Kaum ist die Sonne verschwunden, eilt die kleine Menschenmenge zurück zum Parkplatz und wenige Minuten später stehe ich allein vor der hereinbrechenden Nacht. Es gibt keine Elektrizität. Es gibt kein Internet. Um die Akkus zu schonen, mache ich das einzig Sinnvolle: ich geh zu Bett.

Schnell schlafe ich ein. Vielleicht eine Stunde später wache ich abrupt auf. Der Wind hat stark zugenommen und zerrt und rüttelt am Zelt. Nun bin ich ganz schnell auf den Beinen. In der Dunkelheit der Nacht greife ich nach den Zeltschnüren und Heringen und stabilisiere das Zelt in Windeseile, so dass es dem Sturm trotzen kann. Alles hat gut geklappt. Das Zelt steht jetzt viel stabiler da und gibt mir Sicherheit …

Und ihr seid wieder bei mir. Begleitet mich bei meinem Traum. Nährt mich mit euren Kaffees und nehmt teil in euren Kommentaren. Danke! Für mich und für euch teile ich meine Erlebnisse und meine Bilder.

Zufrieden lege ich mich wieder hin und schlafe bald ein …

Amerikanische Bisons (männliche Exemplare) können bis zu 4 m lang werden und über 900 Kilo wiegen. Bisons sind keine sanftmütigen, schwerfälligen Tiere. Sie können bis zu 65 km/h schnell laufen und 1,80 m hoch springen. Bisons sind neugierig, aggressiv und in den nordamerikanischen Steppen heimisch.

Übrigens kann man im Salt Lake schwimmen, ohne sich zu bewegen. Der Salzgehalt des 148 km langen und 77 km breiten Salzsees ist nach dem Totem Meer am zweithöchsten und führt dazu, dass man sich genüsslich auf die tragende Wasseroberfläche legen kann, ohne unterzugehen.

Leave a reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert