6. August 2024.
Ich bin früh auf. Gary und Jan warten bereits. Und nach einem herzhaften Frühstück geht es endlich wieder aufs Fahrrad. Der frische Morgen tut richtig gut. Die Sonne lacht und der kühlende Morgenwind bereitet mir große Freude.
Über breite Schotterpisten und Flickenasphalt geht es nach einigen Kilometern zurück auf die gut ausgebautem 10 Curves Road, die sich entlang dem kleinen, unscheinbaren Fox-River durch den Wald windet. Auf der Old Seney Road geht es weiter durch herrlichen Wald.
Licht und Schatten spielen miteinander und irritieren das Auge.
An wenigen Stellen wird die Schotterpiste von sandigen Wegabschnitten abgelöst. Hier muss ich das Fahrrad schieben. Trotzdem komme ich gut voran und erreiche schließlich den winzigen Ort Seney. Viel gibt es hier nicht zu sehen.
Ein paar Häuser und ein kleines Eisenbahnmuseum neben der Bahnstrecke, von der ich nicht weiß, ob sie überhaupt noch betrieben wird.
Weiter geht es auf guten Wegen nach Grand Marais, wo ich um die Mittagszeit eintreffe. Der Ort liegt am Ufer des Lake Superior und ist das östliche Tor zum Pictured Rocks National Lakeshore.
Die alte Poststation ist heute ein winziges Museum, welches gegen eine freiwillige Spende besucht werden kann. Garry hatte mir die Gegend empfohlen. Insbesondere die Strecke zwischen Grand Marais und Munising. Es ist eine seiner Lieblingsstrecken. Und so folge ich gerne seinem Rat.
Nach wenigen Kilometern weist ein Schild auf die Sable Falls hin. Ich lege einen kurzen Stopp ein, schließe mein Fahrrad ab und wandere auf gutem Weg und 165 Treppenstufen hinab zu den Sable-Wasserfällen.
Die Wasserfälle stürzen an diesem verwunschenen Ort inmitten des Waldes 75 Fuß über die Sandsteinformationen. Dabei liegt der Wasserfall nur ca. 800 m vom Lake Superior entfernt versteckt im Wald. Doch an diesem schönen Tag ist auch dieser Ort überlaufen. Und so ziehe ich mich schon nach wenigen Minuten zurück zum Fahrrad.
Diese kurze Zeit meiner Abwesenheit hat irgend jemandem ausgereicht, meine Lenkertasche zu durchwühlen und meinen kleinen Kilometerzähler an der Gabel zu beschädigen. In der Tasche scheint nichts zu fehlen. Geld und Papiere hatte ich zuvor entnommen. Der Taktgeber für meinen Kilometerzähler ist nach einigen Minuten repariert. Ich bin froh, dass keine weiteren Beschädigungen vorliegen und nichts fehlt. So fahre ich weiter.
Vorbei an kleinen Bächen, die in den Lake Superior münden. Durch lichtdurchflutete, grüne Wälder.
Vorbei an stillen Seen.
An kleinen Sandstränden entlang.
Und immer wieder vorbei an blühenden Wiesen und Straßenrändern: Gefleckte Sonnenblumen, das schmalblättrige Weidenröschen, der Wasserdost, das Bischofskraut, kleine Inseln voller Blutweiderich. Und hier und da Büschel des weißggelb blühenden, großblütrigen Perlkörbchen. Und zwischen dem massenhaft auftretenden Rainfarn, der sich immer wieder mit der Goldrute abwechselt, entdecke ich sogar die Wilde Bergamotte. Es ist eine wahre Pracht, die mich den ganzen Tag begleitet. Und ich genieße es …
Am späten Nachmittag erreiche ich Munising. Es ist bereits zu spät, um noch die Pictured Rocks zu erkunden. Und so verschiebe ich diese Absichten auf morgen. Viel wichtiger ist mir, ein Quartier zu finden.
Nach einiger Zeit entdecke ich ein geeignetes Gelände. Eine große, weite Wiese. So weit, dass die ersten Sonnenstrahlen am kommenden Morgen das Zelt berühren können. So ist das Zelt in der Regel gegen 9:00 Uhr trocken und kann sorglos eingepackt werden.
Und nach telefonischer Anfrage erlaubt mir eine Dame am anderen Ende der Leitung, mein Zelt auf dem Gelände aufzuschlagen. Fernab der Straße finde ich heute mein Zuhause. Schnell ist das Zelt aufgebaut. Eben so schnell alle Sachen darin verstaut.
Es ist noch keine 9 Uhr am Abend, da fallen mir bereits die Augen zu. Irgendwann in der Nacht weckt mich das vielstimmige Geheul der Coyoten im angrenzenden Wald. Und es bleibt dabei. Die Tiere lassen mich ansonsten in Ruhe.
Leave a reply