30. September 2024
Früh werde ich wach. Der Straßenlärm lässt mich nicht schlafen. Und so packe ich noch vor Tagesanbruch meine Sachen und starte in einen neuen Tag.
Nachdem ich mich umgeschaut habe, weiß ich nun, wo ich gestern Abend gelandet bin. Es ist eine Freifläche inmitten eines Gewerbegebietes. Daher all der Lärm, der mich bis spät in die Nacht und seit 6.00 Uhr unablässig stört. Und so bin ich nun erleichtert, wieder unterwegs zu sein.
Obwohl die Landschaft eben scheint, ist sie doch von Canyons durchzogen, die immer wieder für Überraschungen sorgen. Mit 10 % Gefälle geht es bergab und bergauf.
Ich fahre am San Juan River entlang. Der grüne Uferstreifen ist in dieser staubigen Landschaft eine Wohltat für die Natur, bietet er doch ein erweitertes Zuhause für Fauna und Flora.
Nach 20 Meilen erreiche ich Bluff, an dessen Ortseingang zwei markante Felstürme grüßen. Eingebettet zwischen Sandsteinklippen und dem San Juan River am „Trail of the Ancients“, liegt der kleine Ort Bluff, Utah.
Ich unterbreche meine Fahrt und besuche ein kleines Freilichtmuseum, in dem das beschwerliche und genügsame Leben der ersten Sieder dargestellt wird. Es lohnt sich, einen Rundgang durch diese eindrucksvolle Stätte zu wagen. Dazu ist es kostenlos.
Canestoga Wagon
Nachbau eines Navaho-Hauses
Unterkunft eines Siedlers
Bei Fragen stehen Mitarbeiter zur Verfügung, die sich über mein Interesse freuen. Bereitwillig geben Sie Auskunft.
Natürlich darf auch das Tipi, die übliche Behausung der Hopi, nicht fehlen. Alle Objekte sind begehbar, war das Erleben einer vergangenen Epoche spürbar werden lässt.
Und dann radle ich weiter. Das Landschaftsbild ändert sich rapide. Die überwiegende Farbe ist ein Terrakotta-Rot. Dazwischen immer wieder gelbsandsteinfarbene Klippen. Die Vegetation verarmt immer mehr. Und eine wüstenartige Landschaft breitet sich vor mir aus.
Manches Landschaftsbild zeigt sich wie gemalt. So wunderschön, so vielfältig ich in den Farben. Und alles harmonisch zusammengefügt.
Erste Tempelberge tauchen auf. Fragmente einer ansonsten in Jahrmillionen wegerodierten Landschaft.
Steile Klippen, deren Top genauso flach ist wie der Talboden, auf dem ich dahinradle.
An manchen Stellen erinnert mich das Landschaftsbild an Painted Deserts.
Für die Straße wird dann auch schonmal ein Stück einer solchen Klippe weggesprengt.
Mächtige Felsformationen ragen steil in die Höhe. Ihr Fuß umgeben von gewaltigen Schuttkegeln aus verwittertem Gestein.
Durch dieses rote Land schlängelt sich lautlos der San Juan River. Ich würde ihn in dieser Landschft nicht finden. Aber das grüne Band beiderseits verrät seinen Verlauf durch das Tal. Es ist übrigens neben dem Colorado River der einzige wasserführende Fluss, an dem ich vorbeikommen. Alle anderen Flussbette sind trocken. Sie werden hier als Creek oder auch Wash bezeichnet.
Und dann taucht am Horizonz die Silhouette des Monument Valleys auf. Ein mich ergreifender Moment, den ich bei einem kurzen Zwischenstopp in vollen Zügen genieße. Noch bin ich einige Meilen entfernt. Aber bis zum Abend werde ich es schaffen, im Monument Valley zu sein.
Und dann tauchen plötzlich immer mehr Felsformationen in dieser „flachen“ Landschaft auf.
Stunden später erreiche ich das Monument Valley. Es ist bereits später Nachmittag und Zeit, nach einem Zeltplatz Ausschau zu halten.
Die Suche gestaltet sich schwierig. Entlang der Straße verläuft beiderseits ein Zaun. Auf dem Landstreifen zwischen der weißen Linie, die die Fahrbahn begrenzt und dem Zaun, ist es erlaubt, zu übernachten.
Am besten sind die Flächen, wo Wasser vergangener Regenfälle die Vegetationsdecke fortgespült hat. Aber auch das hat seine bekannten Tücken. Deswegen ist ein Blick in die Wetterkarte sinnvoll.
Und während ich die wunderschöne Landschaft genieße, halte ich gleichzeitig Ausschau nach einem Spot, wo ich mein Zelt aufbauen kann.
Bei genauem Hinschauen entpuppt sich dieser Streifen als Müllhalde. Übersät mit tausenden leerer, teils zerbrochener Glasflaschen und weiterem Müll. Außerdem ist man nur wenige Meter von der Fahrbahn entfernt, auf welcher der lärmemde Verkehr rollt.
Und um im Hinterland ein brauchbares Stückchen Erde zu finden, muss man lange suchen. Die Vegetation ist überwiegend stachelig und dornig, was weder den Reifen noch dem Zelt gut tut.
Und so geraten ich mit meiner Suche in den hereinbrechenden Abend. Letzte Sonnenstrahlen lassen die Felsen glutrot aufleuchten.
Und bevor ich es gecheckt habe, bricht die Dunkelheit an.
In meiner Not fahre ich einen KOA-Campground an, gleich an der Straße gelegen. Aber 64 Dollar plus Tax sind dann doch zu viel. Die Dame an der Rezeption verweist auf einen anderen Campingplatz, 2 Meilen weiter. Dort kostet es immer noch 30 Dollar, was zu viel für mich ist.
So halte ich an einem kleinen Stand an, an dem Wahlregistrierungen vorgenommen werden können und frage die Dame, die wahlinterressierten Bürgern hilft, nach einer Möglichkeit. Und tatsächlich weiß sie Rat. Eine halbe Meile, an der Zufahrtsstraße zum Monument Valley Besucherzentrum befindet sich das Navaho Welcome Center.
Ihrem Rat folgend fahre ich dort hin und schlage im Restlicht des Tages auf einer kleinen, sauberen Freifläche und vor der Silhouette der Felsformationen mein Zelt auf. Den letzten Minuten des Tages schenke ich meine Aufmerksamkeit ganz dem verglühenden Horizont mit seinen in die Nacht entschwindenden Felsentürmen. Friedlicher kann der Tag für mich nicht zuende gehen.
Ich bin schwer beeindruckt von Deinen Bildern, lieber Jo. Von der Schönheit der Farben der Natur. Von diesen mächtigen, glühenden Steinformationen. Ich möchte am liebsten daraus einen Quilt fertigen. Sie inspirieren mich.
Ich versuche mir vorzustellen, wie es sich anfühlt, da live zu stehen, wo Du stehst, das alles zu sehen und den 35 Grad heißen Wind im Gesicht zu spüren. Awsome!
Love
Biggi
Liebe Biggi,
Ich freu mich , dass dich die Bilder so begeistern. Aber um ehrlich zu sein. Kein Bild, und kein Wort kann all das Beschreiben, was ich sehe. Nur der Canyon selbst kann das. Und deshalb: Gehe hin und staune über diese Schönheit …
Dein Jo